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Lena Oberdorf, Pernille Harder, Mentale Gesundheit, FC Bayern

Oberdorf, Müller und Co. über den Stellenwert mentaler Gesundheit

Fußballstars sprechen heute viel offener über das Thema mentale Gesundheit als noch vor wenigen Jahren. Wie schafft man es, sich nach einem verschossenen Elfmeter nicht von Hassnachrichten im Netz runterziehen zu lassen? Wie schöpft man Kraft? Zum Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober teilten die FCB-Stars ihre Gedanken und Gefühle – und erklären, warum Teamgeist, Ruhe und Offenheit auch im Alltag helfen. 

In meinem Kopf

Was lief gut, was eher schlecht? Im Profisport ist die (Selbst-)Analyse ein zentraler Hebel für zukünftige Erfolge. Aber wie sieht eine gesunde Reflexion eigentlich aus?

Sarah Zadrazil: „Ich bin eigentlich sehr selten mal mit einem Spiel zufrieden.“

Kingsley Coman: „Ich bin mein größter Kritiker. Niemand ist strenger mit mir als ich selbst. Ich will immer ganz oben sein. Deswegen ist Selbstkritik für mich Standard.“

Thomas Müller: „Reflektieren ist extrem wichtig, wenn man am nächsten Tag wieder bereit sein will, Höchstleistung zu bringen. Aber man muss reflektieren, ohne das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen zu verlieren. Ich sag mir halt: Okay, ich hab jetzt ein schlechtes Spiel gemacht, aber ich bin deswegen ja kein schlechter Mensch und auch kein schlechter Fußballer, sonst wär ich ja nicht beim FC Bayern. Das heißt: Ich hab ja Fähigkeiten. Wieso hat’s nicht geklappt?


Sydney Lohmann: Mir hilft es dann total, das Spiel und besonders meine Szenen noch einmal anzuschauen, damit ich es dann auch abschließen kann. Diese Analyse, auch mit dem Team und mit dem Trainer, finde ich ganz wichtig, um sich dann auch auf das nächste Spiel konzentrieren zu können.“

Leroy Sané: „Nach Niederlagen versuche ich, meine Wut nicht nach außen zu lassen, sondern zu schauen: Was kann ich persönlich besser machen, und was können wir als Mannschaft besser machen?“

Nach Niederlagen versuche ich, meine Wut nicht nach außen zu lassen, sondern zu schauen: Was kann ich persönlich besser machen, und was können wir als Mannschaft besser machen?

Leroy Sané

Sydney Lohmann: „Einen Erfolg zu bestätigen, ist schwer. Nach einem Misserfolg fällt es mir leichter, mich zu motivieren, weil das Ziel klar ist. Du willst es besser machen!“

Thomas Müller: „Ich mache dann eine detaillierte Analyse: Woran lag es? Und: Kann ich an diesen Dingen was ändern? An der Fitness oder am Torschuss zum Beispiel. Und daran arbeite ich dann über Wochen und Monate. Gleichzeitig musst du aber ein Parallelprogramm fahren und dir jeden Tag aufs Neue sagen: Heute ist wieder eine neue Challenge. Und eine neue Chance.“

Ein Zitat von Thomas Müller

Pernille Harder: „Seit ich 18 bin, spreche ich regelmäßig mit einem Sportpsychologen. Ich denke, es ist wichtig, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Klar spreche ich auch mit meiner Familie. Aber manchmal ist es leichter, sich zu öffnen, wenn dein Ansprechpartner von außen kommt.“

Magdalena Eriksson: „Mentale Stärke ist für mich der Mut, verletzlich zu sein und darüber zu sprechen, anstatt immer stark sein zu wollen und die Schwächen zu verstecken.“

In der Kabine

Ein Fußballspiel gewinnt man nicht allein. Zusammen sind wir stark: Reden? Hilft schon. Aber wie findet eine Mannschaft die Sprache und den Mut, sich auszutauschen?

Mathys Tel: „Es war nicht immer einfach für mich, weil das ein neues Land ist und eine neue Sprache. Aber es geht schon viel besser. Ich habe Deutsch gelernt. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Außerdem ist Kingsley immer da für mich. Er kennt sich in München schon sehr gut aus und hilft mir immer, wenn ich Rat brauche.“

Pernille Harder: „Ich zähle mich zu den ‚Emotional Leadern‘ im Team, auch wenn ich selbst eher ruhig bin. Auf dem Feld will ich alle aufmuntern. Abseits davon versuche ich, mit denen ins Gespräch zu kommen, bei denen ich denke, dass irgendwas los ist.“

Thomas Müller: „Als Führungsspieler schaut man natürlich, wie es den anderen geht, klar. Dieser Austausch ist mir persönlich sehr wichtig. Manchmal lohnt es sich, auch mal in die Komfortzone eines Mitspielers einzudringen. Zum Beispiel mit sachlichen Korrekturen, aber immer mit dem Tenor: Ja, das war vielleicht nicht so gut, aber hey, mach’s besser, die nächste Chance kommt!“

Mathys Tel: „Ich bin manchmal etwas ungeduldig und will sofort allein aufs Tor losstürmen. Darüber habe ich viel mit Thomas geredet. Ich habe so viel von ihm gelernt. Er ist wie ein großer Bruder für mich. Thomas ist ein super Mensch. Wirklich super.“

Ich bin manchmal etwas ungeduldig und will sofort allein aufs Tor losstürmen. Darüber habe ich viel mit Thomas geredet. Ich habe so viel von ihm gelernt.

Mathys Tel

Kingsley Coman: „Ich bin eher der positive Typ. Aber man braucht im Team auch die Spieler, die sagen: Da hast du Mist gebaut, das muss besser werden.“

Leroy Sané: „Gerade wenn es bei einem nicht so gut läuft, versucht man ihm natürlich unter die Arme zu greifen, ihn aufzubauen und zu motivieren. Damit er merkt, dass er nicht allein ist. Ich gebe oft Tipps an jüngere Spieler weiter, die ich früher selbst von erfahrenen Spielern bekommen habe. Es ist wichtig, dass die Jüngeren das Gefühl haben, dass da jemand ist, der schaut und hilft und unterstützt.“

Sarah Zadrazil: „Ich will immer, dass es allen gut geht im Team. Mir fällt auch auf, wenn es jemandem nicht so gut geht, und ich sehe mich in der Verantwortung, frage, ob alles okay ist, und habe ein offenes Ohr. Ich sehe mich auch als Verbindung zwischen dem Team und dem Staff.“

Zitat von Sarah Zadrazil

Sydney Lohmann: „Einige Mitspielerinnen sind auch Freundinnen, mit denen ich auch außerhalb des Platzes was mache. Die mich verstehen und ähnliche Dinge erleben. Die haben vielleicht eine andere Meinung, können sich aber gut in mich hineinversetzen.“

Magdalena Eriksson: „Am meisten hat mir immer meine Partnerin und Mitspielerin Pernille Harder geholfen: wie ich mit dem Druck umgehe und aus Tiefpunkten in der Karriere heraus weitermache. Sie war immer da für mich. Sie versteht, was ich durchmache, sie weiß so viel über mich und über den Fußball. Deshalb hat sie immer gute Ratschläge.“

Sydney Lohmann: „Man bekommt auch häufiger mit, dass jemand aus der Mannschaft eine Session beim Mental Coach hat. Es ist wichtig, dass man da offen drüber reden kann.“

Magdalena Eriksson: „Fast jedes Team hat jemanden, der mit den Spielerinnen und Spielern diesen Aspekt des Fußballs bearbeitet. Wir sprechen so viel über Taktik und Technik und den körperlichen Bereich – und zum Glück auch immer mehr über mentale Stärke.“

Wir sprechen so viel über Taktik und Technik und den körperlichen Bereich – und zum Glück auch immer mehr über mentale Stärke.

Magdalena Eriksson

Im Auge des Orkans

Rund um den FC Bayern herrscht ein Sturm aus Nachrichten, den Erwartungen der Fans und dem vollen Spielkalender. Wie schaffen es die Profis, mit dem Erfolgsdruck und den Anfeindungen aus den sozialen Medien umzugehen?

Sydney Lohmann: „Den Druck von außen, von Medien oder so, den verspüre ich gar nicht so doll. Den meisten Druck mache ich mir selbst, weil ich für den Verein performen möchte.“

Kingsley Coman: „Für mich ist der Druck gut. Du musst immer Gas geben, wenn du jede Meisterschaft und Champions League gewinnen willst. Um das auszuhalten, brauchst du viel Selbstvertrauen. Und das habe ich. Ich mag die allerwichtigsten, entscheidenden Spiele, weil das Level der Emotionen da am höchsten ist.“

Pernille Harder: „Nach meinem Wechsel von Wolfsburg zu Chelsea war ich die teuerste Spielerin der Welt und wurde zum zweiten Mal zur besten Spielerin Europas gekürt: Diese Erwartungen und diesen Druck habe ich extrem gespürt. Ich musste damals erst lernen, wie ich es schaffe, dass diese Gefühle nicht mein Spiel beeinflussen.“

Sarah Zadrazil: „Ich versuche, den Druck als Privileg zu sehen. Das haben wir uns im Frauenfußball jahrelang gewünscht. Das haben wir uns hart erarbeitet.“

Alexander Straus: „Jeder ist mal unsicher. Dieses Gefühl muss man umarmen. So geht man am besten mit Druck um.“

Zitat von Alexander Straus

Thomas Müller: „Ich denke, es gibt viele Parallelen zum normalen Leben. Alle Menschen empfinden doch Ängste, Freude und Hoffnung. Klar ist es bei uns im Profisport alles bisschen extremer. Alles passiert wie unter einem Brennglas. Ganz viele Leute schauen zu und interessieren sich für deine Arbeit und bilden sich ihre Meinung. Wir werden übertrieben gefeiert, aber natürlich auch übermäßig kritisiert.“

Kingsley Coman: „Kritik von Leuten, die außen stehen, ist mir egal. Ich weiß selbst am besten, was zu tun ist.“

Magdalena Eriksson: „Ich versuche, nicht darüber nachzudenken, was um mich herum passiert. Du kannst niemals kontrollieren, was andere Leute über dich denken. Aber du kannst dein eigenes Handeln kontrollieren.“

Leroy Sané: „Mentale Stärke heißt für mich, klar im Kopf zu sein. Sich zu fokussieren und gewisse Dinge auszublenden. Ruhig bleiben, im Hier und Jetzt sein.“

Mathys Tel: „Vor dem Spiel höre ich Musik. Das hilft mir dabei, mich zu konzentrieren und den Druck rauszunehmen. Dann habe ich nur noch das Spiel im Kopf.“

Lena Oberdorf: „Fußball ist meine Leidenschaft. Ich denke dann daran, wie ich mit Fußball angefangen habe. Da hatte man auch keinen Druck. Also warum sollte man den dann jetzt haben?“

Auf dem Gipfel

Ganz nach oben kommen ist toll. Aber wie schafft man es, auch dort zu bleiben? Welche gesunden Strategien gibt es, sich immer weiter zu pushen und zu motivieren?

Kingsley Coman: „Die größte mentale Herausforderung für einen Profifußballer ist es, dieses hohe Level zu halten. Wir alle haben viele Qualitäten, aber du musst über fünf, sechs oder zehn Jahre deine Leistung abrufen – und das ist nicht einfach. Du musst diesen Hunger in dir haben. Das kann dir niemand von außen geben.“

Leroy Sané: „Um ganz oben zu bleiben, brauchst du definitiv diese mentale Stärke. Bei den ersten Spielen auf Profiniveau bist du nervös und versuchst, dich da oben festzubeißen. Du musst dann positiv und selbstbewusst sein und dir sagen: Ich pack das.“

Pernille Harder: „Meine allerwichtigste Maxime ist Beständigkeit. Du hast nur Erfolg, wenn du bei dem bleibst, was dich erfolgreich gemacht hat. Du musst dir treu bleiben. Jeden Tag.“

Zitat von Pernille Harder

Mathys Tel: „Ich hab mal ein Buch über Konzentration gelesen. Darin stand: Bleib ruhig. Wenn du immer weiter an dir arbeitest, wird dein Moment kommen. Aber vor allem: Bleib ruhig.“

Alexander Straus: „Manche Profispielerinnen gehen auch durch schwere Zeiten, zum Beispiel wenn sie am Spieltag nicht aufgestellt werden. Ich versuche immer, empathisch zu sein und mich um den Menschen zu sorgen, nicht um die Spielerin.“

Kingsley Coman: „Klar, es gibt Momente, da bist du weniger motiviert oder müde. Ich hatte eine Zeit lang Schlafprobleme, nach zwei Tagen ohne Nachtruhe ist man nicht mehr frisch für das nächste Spiel. Um abzuschalten, verbringe ich Zeit mit meiner Familie oder meinen guten Freunden.“

Zitat von Kingsley Coman

Thomas Müller: „Es gibt viele Tipps und Tricks, wie man sich selbst im positiven Sinne manipulieren kann, damit man am nächsten Tag wieder bereit ist, Höchstleistung zu bringen. Denn dann macht der Job am meisten Spaß.“

Magdalena Eriksson: „Was den erfolgreichen Profi von den vielen supertalentierten Spielern unterscheidet, die es nicht schaffen, ist am Ende die mentale Stärke. Also die Fähigkeit, verletzlich zu sein, Hilfe anzunehmen, sich anderen gegenüber zu öffnen. Die Profispieler mit der richtigen Mentalität sind oft die, die es am weitesten bringen und am meisten gewinnen.“

Pernille Harder: „Du musst wirklich an dich glauben, an das, was du tust. Wenn du den kleinsten Zweifel hast, ist es schwer, zu performen.“

Alexander Straus: „Um gut zu spielen, musst du glücklich sein. So geht das. Nicht andersherum.“

Lena Oberdorf, Pernille Harder und Co. berichten über mentale Stärke und was man dafür tun kann:

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