Am 25. September wird Karl-Heinz Rummenigge 65 – das größte Geschenk war jetzt schon das Triple. Hier spricht der Vorstandsvorsitzende über die Bewunderung aus ganz Europa, den Baumeister Hansi Flick und seinen einzigen Wunsch zum Geburtstag. Das ausführliche Interview lesen Sie im aktuellen FC Bayern-Mitgliedermagazin „51“.
Das Interview mit Karl-Heinz Rummenigge
Herr Rummenigge – der FC Bayern als Europameister: Wie hört sich das an?
„Wir haben eine Saison gespielt, da wäre der Song „Feels like Heaven“ angebracht. Im November waren wir mal Siebter in der Bundesliga, doch seit Hansi Flick übernommen hat, ist es eine einzige Erfolgsgeschichte. Ich werde jetzt nicht den Fehler machen und sagen: Wir müssen dieses Triple sofort wiederholen! Bisher ist es nur Real Madrid gelungen, die Champions League zu verteidigen – man sieht, wie schwer das ist. Eines können wir dennoch klar festhalten: Wir haben eine tolle Mannschaft mit einem tollen Trainerteam um Hansi Flick und sind für die Zukunft top aufgestellt. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Mannschaft weiter Erfolg haben werden.“
Joshua Kimmich sprach nach dem Champions League-Sieg von „einem Gefühl der Unschlagbarkeit“.
„Wenn man 30 Mal in Folge ohne Niederlage bleibt, sind so ein Satz und so ein Gefühl sicher nicht unberechtigt. Jetzt nach dem Finale in Lissabon herrschte grenzenloser Jubel, aber die Zeit bleibt ja nicht stehen. Zum Saisonstart werden alle Uhren wieder auf null gestellt sein. Wir dürfen bei aller Euphorie nicht vergessen, dass wir vor einer Saison stehen, die so viel Stress wie nie zuvor für die Spieler bedeutet. Die Pause bis zum Auftakt ist kurz, es gibt viele Englische Wochen, und zum Abschluss steht die EM an. Wir müssen in Zusammenarbeit mit den Verbänden dafür sorgen, dass die Spieler am Ende nicht auf dem Zahnfleisch daherkommen.“
Jetzt gibt es schon erste Spekulationen, Hansi Flick werde von Angeboten überhäuft und auch mancher Spieler werde massiv gelockt – sehen Sie das gelassen?
„Ja, das kostet uns ein müdes Schmunzeln. Solange der entsprechende Vertrag nicht ausläuft, liegt das Heft des Handelns bei uns. Und wer verlässt schon so einfach einen amtierenden Champions-League-Sieger? Der FC Bayern ist eine sehr gute Adresse. Das wissen die Spieler auf der ganzen Welt.“
Auf dem Weg zur Siegerehrung sind Sie direkt auf Flick zugegangen und haben ihn lange umarmt. Was haben Sie dem Trainer in diesem Moment gesagt?
„Nur ein Wort: Danke! Wir alle wissen, wer der Baumeister ist. Dieser Trainer spielt eine absolute Schlüsselrolle – dabei tritt er immer so bescheiden auf. Nach unserem Finalsieg stand er schon wieder abseits der Bühne, fast hätte ich ihn nicht gefunden. Es gibt viele, die sich in die Sonne drängeln, ohne dass sie viel dazu beitragen, dass das Wetter gut ist. Hansi lässt die Sonne scheinen und bleibt dann lieber im Schatten.“
Anlässlich der Ehrungen für Hansi Flick als Trainer des Jahres und Robert Lewandowski als Fußballer des Jahres gratulierten Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Herbert Hainer im Namen des FC Bayern:
Sie werden Ihren Posten als CEO in 15 Monaten aufgeben. Haben Sie sich in den vergangenen Tagen beim Gedanken daran erwischt, schon Ende dieses Jahres mit diesem Triumph aufzuhören?
„Nein. Ich habe einen Vertrag bis zum 31. Dezember 2021 – und bei aller Triple-Euphorie muss ich leider klarstellen, dass auch wir vor einer wirtschaftlich sehr herausfordernden Saison stehen. Der ganze Fußball wird finanzielle Schmerzen erleiden. Da möchte ich mich verantwortungsvoll einbringen und unseren neuen Köpfen Oliver Kahn, Hasan Salihamidžićund Herbert Hainer mit meiner Erfahrung helfen, durch diese stürmischen Gewässer zu steuern.“
Allerdings hat man gerade den Eindruck, der Respekt vor der Leistung des FC Bayern ist in Europa so groß wie nie zuvor.
„Ehrlicherweise müssen wir sagen, dass wir früher hin und wieder bewundernd vor allem nach Spanien geschaut haben, als Real Madrid und der FC Barcelona weltweit Maßstäbe gesetzt haben. Dann hat sich alles schrittweise entwickelt. Binnen zehn Jahren waren wir viermal im Champions-League-Finale – und dieses Mal muss man sagen, dass so ziemlich alle in der Fußballwelt dem FC Bayern den Sieg gegönnt haben. Weil wir in dieser Saison die beste Mannschaft gewesen sind. Die Fußballwelt hat uns immer respektiert, für unsere Physis, für unsere Mentalität – aber jetzt ist es anders. Weil diese Mannschaft Fußball mit Liebe spielt. Sie zelebriert Fußball mit Hingabe. Das ist ihre DNA, das steckt in diesem Team drin – und das kommt bei den Menschen positiv an.“
Sie sagten, Lissabon war das „größte Spektakel“, das Sie je erleben durften. Sie plädieren dafür, die Champions League entsprechend zu reformieren. Wie könnte das aussehen?
„Ich war schon immer ein Freund der Qualität und nicht der Quantität. Mein Ansatz war immer: Das Produkt muss gut sein. Wenn es gut ist, wird es angenommen. Ab 2024 sind Reformen möglich, weil dann neue Rechte verhandelt werden. Der UEFA und uns allen hat dieses Turnierformat ausgesprochen gut gefallen; dieser Thrill war elektrisierend. Ich glaube, bei der UEFA hat es „klick“ gemacht. Bisher war da oft der Tenor: Mehr Spiele bringen mehr Geld. Jetzt wurde registriert: Wenn das Produkt top ist, kommt das Geld automatisch. Dieses Turnier war der Beweis – und da die TV-Quoten auch ausgezeichnet waren, haben wir zudem den Beleg, dass der Fußball in diesen schweren Zeiten entgegen mancher Unkenrufe weiterhin sehr lebendig ist.“
Was bedeutet Ihnen anlässlich Ihres anstehenden Geburtstags die Zahl 65?
„Als ich in die Schule gegangen bin, ging man mit 65 in Rente. Jetzt habe ich das große Glück, dass mir der FC Bayern noch ein Jahr im Amt ermöglicht – und als genau das empfinde ich es: als großes Glück. Ich fahre jeden Tag gerne an die Säbener Straße. Und wenn man solche Tage wie jetzt in Lissabon erlebt, was gibt es Schöneres? Da hat man 24 Stunden lang nur in strahlende Gesichter geschaut. Ich bin insgesamt einfach sehr, sehr glücklich. Wenn ich jetzt einen Wunsch zum Geburtstag frei hätte, würde ich mir wünschen, dass wir bald wieder im Stadion vor Zuschauern spielen dürfen. Es gibt Menschen, die sagen, das sei nötig, damit die Finanzen passen. Meine Sicht ist eine andere: Wir brauchen Emotionen und Atmosphäre. Darum geht es im Fußball, das ist Fußballkultur. Wir müssen jetzt den Be- und den Nachweis liefern, dass das möglich ist.“
Fotocredit Titelbild: Dirk Bruniecki.
Die ungekürzte Fassung könnt ihr im aktuellen 51 lesen. Hier findet ihr außerdem unter anderem Interviews mit Neuzugang Leroy Sané und Franz Beckenbauer, der am kommenden Freitag seinen 75. Geburtstag feiert:
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