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Bayern-Fan Julian Gressel spielte bei D.C. United in den USA
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Julian Gressel im Interview: „Bei Davies dachte ich nur: huch, okay!“

Julian Gressel ist gebürtiger Franke aus Neustadt an der Aisch und bekennender Bayern-Fan. Vor neun Jahren verließ er seine Heimat, um in den USA seinen Traum vom Profi-Fußball zu leben. Zuletzt war er für zweieinhalb Jahre bei D.C. United, dem Testspielgegner des FC Bayern auf der Audi Summer Tour, aktiv, ehe er vor wenigen Tagen zu den Vancouver Whitecaps getradet wurde. Im Interview spricht der 28-Jährige über die amerikanische Profiliga MLS und seine Verbindung zum deutschen Rekordmeister.

Das Interview mit Julian Gressel

Julian, durch deinen Wechsel zu den Vancouver Whitecaps vor wenigen Tagen verpasst du das Duell mit deinem Herzensverein am Mittwoch – ein bisschen schade ist das schon?
„Ich hatte mich schon riesig auf das Spiel gefreut, aber so ist das manchmal im Sport. Ich werde mir das Spiel aber auf jeden Fall anschauen.“

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Wie alte Familienfotos beweisen: Julian Gressel sympathisiert schon seit Kindesbeinen mit dem FC Bayern.

Du bist Vereinsmitglied beim FC Bayern, seit wann bist du Fan?
„Seitdem ich die Frage beantworten kann, was mein Lieblings-Fußballverein ist. Das kam damals über meinen Opa, mein Vater ist Mönchengladbach-Fan. Seitdem ich zwölf Jahre alt bin, bin ich auch Mitglied - erst vor kurzem habe ich wieder meinen neuen Mitgliedsausweis bekommen. Eine eigene Dauerkarte fürs Stadion hatte ich früher nicht, wir haben aber häufig über Bekannte Karten für Champions League-Spiele bekommen. So habe ich immer wieder den Weg in die Allianz Arena gefunden.“

Verfolgst du die Spiele auch heute noch? Der Bundesliga-Samstag ist in den USA ja eher was für Frühaufsteher.
„Der Anpfiff an der Ostküste ist um 9:30 Uhr, jetzt in Vancouver noch früher. Aber klar, ich bin wach und habe samstagmorgens nicht viel zu tun, außer mich um meine kleine Tochter zu kümmern. (lacht) Die hat auch schon das eine oder andere Spiel mitgeschaut. Sie ist zwar erst 20 Monate alt und versteht noch nicht viel von Fußball, aber sie muss sich die Bayern-Spiele mit mir antun.“

Meine Tochter ist zwar erst 20 Monate alt und versteht noch nicht viel von Fußball, aber sie muss sich die Bayern-Spiele mit mir antun

Julian Gressel

Es heißt, du hättest bei Patrik Anderssons entscheidendem Tor zur Meisterschaft in Hamburg 2001 etwas den Unmut deiner Mutter auf dich gezogen?
(Lacht) „Wir hatten ein paar Freunde eingeladen und bei uns den letzten Spieltag der Bundesliga angeschaut. Wir waren bei uns im Wohnzimmer und hatten eine Riesen-Schüssel voller Bonbons und anderer kleiner Süßigkeiten auf dem Tisch stehen. Als Andersson das Tor geschossen hat, habe ich die Schüssel dann aus Freude umgeworfen und den Inhalt im ganzen Wohnzimmer verstreut. Später, als dann meine Mutter nach Hause gekommen ist, habe ich sie ganz aufgeregt gefragt: ‚Hast du das Tor von Andersson gesehen?‘ Aber sie hat nur ins Wohnzimmer geblickt und mich erstmal zum Aufräumen geschickt. Erst danach hat sie sich mit mir gefreut.“

An dieses Spiel werden sich viele Bayern-Anhänger gerne zurückerinnern. Welche Highlights kommen dir als Fan noch in den Sinn?
„Eine Highlight-Saison war ganz klar 2012/13, als Bayern gegen Dortmund die Champions League in Wembley gewonnen hat. Das war eines der wenigen Spiele in der Saison, bei denen ich nicht im Stadion war. Ich war bei jedem Heimspiel, im Halbfinale sind wir sogar nach Barcelona geflogen, was für mich ein Riesen-Ereignis war. Ich war auch beim Finale 2010 in Madrid, das damals gegen Inter Mailand leider verloren ging. Überhaupt habe ich viele schöne Erinnerungen an Auswärtsfahrten in der Champions League. Diese Dinge stechen heraus – aber das wohl schönste und gleichzeitig schlimmste Erlebnis war das ‚Finale dahoam‘. Meine beiden Brüder und ich haben damals mit Glück Karten bekommen. Klar haben wir uns das Ergebnis am Ende anders vorgestellt. Aber es waren schöne Momente, die ich mit meinen Brüdern teile, und über die wir heute noch gerne sprechen.“

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Erfolgreich in den USA: 2018 wurde Gressel mit Atlanta United Meister der MLS, ein Jahr später gewann er den US-Pokal.

Du selbst hast bist zur Regionalliga in Deutschland gespielt und hast dann über College-Fußball den Sprung in die amerikanische Profiliga geschafft? Wie lief das damals ab?
„Ich habe in Bamberg Regionalliga gespielt, damals auch unter anderem gegen die Bayern-Amateure. Dann habe ich mich bei einer Agentur beworben, die Spieler in die USA vermittelt. Ich dachte mir, wenn keine Angebote kommen, ist es auch nicht so schlimm und ich bleibe hier in Deutschland. Aber es kamen dann zwei ganz gute Angebote von einem College und ich habe mich für das Providence College entschieden. Dort habe ich nebenbei studiert und mich als Fußballer gut weiterentwickelt und auf mich aufmerksam gemacht. Ich wurde von Atlanta gedraftet und habe dort meine Chance genutzt. Mit etwas Glück und vielleicht über Umwege habe ich mir doch noch meinen Traum erfüllt und bin hier jetzt seit fünf Jahren Profi.“

Kannst du dir ein Draft-Verfahren auch in Europa vorstellen?
„Ich glaube nicht, weil in Europa nicht dieses College-System existiert. Wenn man auf dem College spielt, gehört man ja zu keinem Verein. Die Spieler in Europa kommen eher aus Akademien und Nachwuchsleistungszentren. Da haben die Vereine schon vor dem ersten Profi-Vertrag sehr viel Arbeit geleistet, um die Talente zu fördern. Von daher wäre das schwer auf Europa zu übertragen.“

Julian Gressel und Bastian Schweinsteiger im Duell in der MLS
Duell mit dem Idol: Gressel spielte in der MLS auch gegen Bayern-Legende Bastian Schweinsteiger

Durch den Sprung in die Major League Soccer konntest du später auch gegen einen Spieler antreten, dessen Nummer du auch schon getragen hast. Wie lief denn die erste Begegnung mit Bastian Schweinsteiger?
„Damals war ich noch bei Atlanta United. Ich habe ihm vor dem Spiel auf Deutsch ‚viel Glück‘ gewünscht, da war er erstmal überrascht. Er wusste nicht, dass ich Deutscher bin. Nach dem Spiel haben wir uns länger unterhalten. Seitdem kannte er mich und kam dann jedes Mal, wenn wir mit Atlanta gegen Chicago gespielt haben, vor dem Spiel auf mich zu und hat seine Scherze gemacht – wie er halt so ist. Es war eine schöne Erfahrung für mich, mein Idol kennenzulernen, gegen ihn zu spielen und auch ein paar Mal zu gewinnen (lacht).“

Ich habe Bastian Schweinsteiger vor dem Spiel auf Deutsch ‚viel Glück‘ gewünscht, da war er erstmal überrascht. Er wusste nicht, dass ich Deutscher bin.

Julian Gressel

Wie wurde Schweinsteiger zu deinem Idol?
„Während der WM 2006 war er für mich derjenige, der herausgestochen ist. Seit dem Zeitpunkt ist er mein Lieblingsspieler. Schweini war jemand, der als Rechtsaußen und zentraler Mittelfeldspieler alles ein bisschen spielen konnte. So habe ich mich auch gesehen. Dazu wurde er bei Bayern, meinem Lieblingsverein, eine ganz zentrale Figur. Da war es eine einfache Wahl für mich.“

Die USA ist ein riesiges Land. Wie muss man sich den Liga-Alltag in der MLS vorstellen?
„Bei D.C. United war die kürzeste Reise zu einem Auswärtsspiel dreieinhalb Stunden mit dem Bus. Bei allen anderen Auswärtsspielen sind wir geflogen, da sammelt man schon Kilometer über das Jahr. Bei manchen Auswärtsreisen sind es fünfeinhalb Stunden Flug und drei Stunden Zeitunterschied. Da sieht man schon, wie groß das Land ist und auch wie schwer es ist, bei Auswärtsspielen immer Top-Leistungen zu zeigen und physisch voll da zu sein. Wenn man zwei Auswärtsspiele in Folge hat, kann es sein, dass man eine Woche am Stück nicht nach Hause kommt. Dazu kommen die Temperaturunterschiede: Ich habe in dieser Saison schon in Toronto gespielt, da waren es noch 0°C, zwei Wochen davor in Miami um die 30°C.“

Erst vor wenigen Tagen wechselte Gressel von Washington, D.C. nach Vancouver:

Bei deinem jetzigen Club Vancouver Whitecaps hat auch einst Alphonso Davies seine Karriere gestartet. Kannst du dich noch an das erste Duell mit ihm erinnern?
„Er war sehr jung und ist direkt herausgestochen. Er hat auch direkt gegen mich gespielt – ich war auf der rechten Seite und er vorne als Linksaußen. Als er das erste Mal an mir vorbeigelaufen ist, habe ich mir schon gedacht: ‚Huch, okay!‘ (lacht). Dass er dann so einen Durchbruch schafft bei Bayern, war vielleicht etwas überraschend. Aber daran sieht man schon, welche Qualität die Talente auch hier haben. Es gibt immer mehr Spieler, die aus den USA in die Bundesliga wechseln, der Talent-Pool ist riesengroß.“

Würdest du gerne noch einmal in Deutschland spielen, wenn sich die Möglichkeit bieten würde? „Wenn die Chance käme, würde natürlich ein Riesen-Traum in Erfüllung gehen. Ich bin als Riesen-Fan der Bayern und der Bundesliga aufgewachsen, der sich fast jedes Spiel angeschaut hat. Aber ich bin Realist genug, um zu wissen: Ich bin jetzt fast 29 Jahre alt, vielleicht ist es etwas zu spät für mich, weil eher nach jüngeren Talenten gesucht wird. Wenn jedoch ein Angebot käme, würde ich richtig ehrgeizig und motiviert an die Sache gehen.“

Wir haben den Testspielgegner des FC Bayern am Mittwoch genauer unter die Lupe genommen: