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Herbert Hainer, Charlotte Knobloch, Marcel Reif
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Herbert Hainer: „Jede Generation hat ein Erbe“

Gemeinsame Schabbat-Feier, gemeinsamer Stadionbesuch, gemeinsame Eröffnung der neu gestalteten Wanderausstellung des FC Bayern „verehrt – verfolgt – vergessen“: Anlässlich des Erinnerungstags in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am Freitag haben der FC Bayern und seine Mitglieder zusammen mit der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) ein Wochenende im Zeichen der Erinnerungskultur abgehalten. „Unser Grundgedanke lautet ,Gemeinsam erinnern – gemeinsam die Zukunft gestalten‘“, erläuterte Präsident Herbert Hainer im Rahmen einer Gesprächsrunde mit Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, und dem langjährigen Sportjournalisten Marcel Reif vor 180 geladenen Gästen im Hubert-Burda-Saal in den Räumlichkeiten der IKG am St.-Jakobs-Platz: „Denn Erinnern allein reicht nicht.“

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Präsident Herbert Hainer gedachte im Rahmen einer Gesprächsrunde mit Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch und dem Sportjournalisten Marcel Reif den Opfern des Nationalsozialismus.

Hainer dankte zunächst den Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde und insbesondere der Präsidentin, die gemeinsam mit ihm die Schirmherrschaft übernommen hatte, im Namen des Clubs für die Einladung. Am Freitag hatten 50 Mitglieder des FC Bayern hier den Schabbat mitfeiern dürfen, erzählte er, und der Name Ohel-Jakob-Synagoge passe bestens: „Übersetzt heißt Ohel Jakob das ,Zelt Jakobs‘ - es ein schönes Bild, dass wir alle hier gemeinsam versammelt sind: Unter einem Zelt - unter einem Dach. Es ist uns als FC Bayern eine sehr große Ehre.“

Charlotte Knobloch sagte in ihrer Begrüßungsrede, sie habe Kurt Landauer noch persönlich kennenlernen dürfen: „Er stand für Austausch: Also lassen Sie uns miteinander reden!“ Die Gastgeberin dankte den Anwesenden, die mit ihrem Besuch „ein starkes Zeichen gegen das Vergessen setzen“ würden: Unter anderem saßen Dr. Edmund Stoiber, der designierte stellvertretende FCB-Vorstandsvorsitzende Michael Diederich, Vizepräsident Walter Mennekes, Verwaltungsbeirätin Professor Dr. Marion Kiechle sowie Dr. Ludwig Spaenle (Antisemitismus-Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung) im Auditorium, zudem Vertreterinnen und Vertreter des Arbeitskreis Fandialog. Auch heute stünden jüdische Menschen im Fadenkreuz von Hass, mahnte Knobloch, „aber das Fundament, auf dem nach 1945 alles aufgebaut wurde, lautet: Nie wieder! Es steht für eine Gesellschaft alles auf dem Spiel, wenn die Vergangenheit wieder zur Gegenwart wird. Darum Danke an den FC Bayern für sein Engagement. Kurt Landauer wäre sehr stolz auf seinen Verein.“   

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Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch erinnerte in ihrer Begrüßungsrede mitunter an die Verdienste Kurt Landauers.

Hainer verwies in seiner Rede auf den Soziologen Natan Sznaider, Professor an der Akademischen Hochschule in Tel Aviv, der vor ein paar Tagen in einem Interview gesagt hatte, er persönlich glaube nicht, dass die Welt besser wird, wenn man nur fleißig aus der Vergangenheit lernt. „Genau hier möchten wir auch mit dieser Veranstaltung ansetzen“, so der FCB-Präsident: „Die nationalsozialistischen Verbrechen waren auch möglich, weil zu viele Menschen weggeschaut haben. Daher ist es heute von entscheidender Bedeutung, aktiv zu sein, sich einzusetzen und bei radikalen Auffassungen zu widersprechen, um hier keinen Spielraum zu lassen.“ Erinnerungsarbeit müsse „zu einem gesellschaftlichen Motor werden: Wir wollen für die Fehler von gestern sensibilisieren - und die Erinnerungsarbeit mit Leben füllen, um zur Entwicklung von morgen beizutragen.“

Auf diesem Weg sei „auch Selbstkritik wichtig – und dass man sich immer wieder hinterfragt“, führte Hainer aus und verwies auf die neue Ausstellung zur Vereinsgeschichte in der NS-Zeit. Die Mitarbeitenden des FC Bayern Museums haben die Erkenntnisse der unabhängigen Studie eingearbeitet, die der Club beim Institut für Zeitgeschichte in Auftrag gegeben hatte. Die Studie zeigt, dass es zwischen 1933 und 1945 auch beim FC Bayern Täter gegeben hat. „Mit diesem Resultat wollen wir transparent umgehen, denn es ist ein zentraler Bestandteil der Erinnerungskultur, alle Facetten der Vergangenheit authentisch abzubilden“, erklärte Hainer, „Nur so lassen sich die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen. Denn es geht darum, die Vergangenheit aufzuarbeiten – nicht, sie zu bewältigen.“

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Rund 180 Personen waren im Hubert-Burda-Saal anlässlich der Erinnerungsveranstaltung zu Gast.

Neue Generationen haben neue Fragen, meinte Hainer: „Es ist legitim, dass sich das Wissen über historische Vorgänge im Lauf der Zeit verändert. Das bedeutet aber keineswegs, dass deren Bedeutung abnimmt – oder die Verantwortung, es besser zu machen. Jede Generation hat ein Erbe - und entscheidend ist, wie sie damit umgeht.“ Die neu gestaltete Ausstellung thematisiere daher auch, wie der Verein die Zukunft gestalten möchte: „Wir engagieren uns unter anderem mit unserer clubübergreifenden Initiative ,Rot gegen Rassismus‘ gegen Diskriminierung in jeder Form und setzen regelmäßig gesellschaftspolitische Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit. Ohne die Verinnerlichung von gesellschaftlichen Grundwerten besteht immer eine Wiederholungsgefahr.“

In der anschließenden von IKG-Vorstandsmitglied Guy Fränkel moderierten Gesprächsrunde lobte Hainer das Engagement der FCB-Fans, die sich um das Erbe Kurt Landauers verdient machen und auch beim 1:1 gegen Eintracht Frankfurt mit einem Banner in Gedenken an Walther Bensemann wieder ein Zeichen der Erinnerungskultur gesetzt hatten. „Lassen Sie uns gemeinsame Doppelpässe fortsetzen – unter Ihrem Zeltdach und darüber hinaus“, meinte er zu den Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde, „wir freuen uns auf ein weiteres Zusammenspiel. Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten!“

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Das Schlusswort des Podiums, ehe Charlotte Knobloch zusammen mit Herbert Hainer die Synagoge besichtigte und FCB-Spielerin Jovana Damnjanovic mit Kindern und Jugendlichen vom TSV Maccabi München ein Sportprogramm durchführte, gehörte der IKG-Präsidentin: „Ich bin nicht nur zufrieden mit dieser Veranstaltung – ich bin vor allem sehr glücklich, dass sie stattgefunden hat.“

Vor der Partie am Dienstag gedachten der FC Bayern und der 1. FC Köln den Opfern des Holocausts:

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