Beim Fanclub „Red Bulls Taubenbach“ hat sich ein besonderes Zusammenspiel im Zeichen des FC Bayern etabliert: Regelmäßig unterstützen die Mitglieder die „Roten“ beim Fußball und beim Basketball. Die Mischung hat seinen Reiz – „51“ war mit den Fan-Pionieren unterwegs.
Fotos: Dominik Gigler
Die zwei FC Bayern-Fans recken oben auf der Tribüne die Köpfe – unten auf dem Spielfeld beginnt die heiße Phase der Partie: Ihr Team ist im Angriff, man liegt zurück, knapp, alles noch drin nach gut 60 Minuten. „Auf geht’s Bayern!“, ruft der eine von beiden, er trägt das dunkle Champions League-Trikot von Leroy Sané mit der Nummer zehn. Der Angriff der Münchner wird abgewehrt, schon beginnt der andere FCB-Fan, der an diesem Abend ein rot-weißes Dress von Bastian Schweinsteiger angezogen hat, im Takt zu klatschen: „Defense!“, skandiert Fred und wiederholt diese zwei Silben immerzu: „Defense!“ Eigentlich müssten sie heute, hier im Audi Dome, Basketballshirts tragen, sagt Nico, der Mann mit Sanés Nummer zehn. Aber dafür hat das Geld noch nicht gelangt, meint er witzelnd – um dann ernster hinzuzufügen, dass das im Grunde keine große Rolle spiele: „FC Bayern ist FC Bayern!“ Wo FCB draufsteht, ist auch FCB drin. Inklusive Herzblut.
Gut eineinhalb Stunden zuvor hatten die 50 Mitglieder des Fanclubs „Red Bulls Taubenbach“ nach ihrer Busfahrt erst einmal ihr Banner vor dem Audi Dome entrollt: Gruppenfoto, bevor es reingeht zum EuroLeague-Spiel der FC Bayern-Basketballer gegen den AS Monaco Basket. Präsident Rudi Grabmeier hat alles im Griff, er verteilt die Karten und kennt auch hier inzwischen alle Laufwege. Seit Anfang des Jahres organisiert der Fanclub alle vier bis sechs Wochen Fahrten zum Audi Dome. „Das hat sich bei uns etabliert“, erzählt Grabmeier. „Basketball ist ein cooler Sport, abwechslungsreich, spektakulär, spannend – und wir haben gemerkt, dass er eine super Ergänzung zum Fußball ist. Ich kann das anderen Fanclubs nur von Herzen empfehlen.“ In knapp 24 Stunden werden wieder viele Fanclub-Mitglieder in der Allianz Arena sein, ein Großteil wie immer in der Südkurve, wenn der deutsche Rekordmeister gegen Borussia Dortmund antritt. Es ist dieses Wochenende ein Doppelspieltag der ganz besonderen Art: zwei Sportarten – ein Verein. Alles unter dem Wappen des FC Bayern.
Sommerfest mit Basketball
„Basketball ist ein cooler Sport, abwechslungsreich, spektakulär, spannend – und wir haben gemerkt, dass er eine super Ergänzung zum Fußball ist. Ich kann das anderen Fanclubs nur von Herzen empfehlen.”
Rudi Grabmeier, Präsident des Fanclubs „Red Bulls Taubenbach“
Am 5. Januar sind die Taubenbacher erstmals zu einem Basketballspiel ihres Clubs angereist. Eigentlich hatten sie für diesen Tag einen Ausflug zur Vierschanzentournee nach Bischofshofen geplant (Skispringer Severin Freund ist eines der rund 2.500 Mitglieder), doch dann disponierten sie um. Die Nachfrage für einen Ausflug zum Basketball war um ein Vielfaches größer, mehr als 150 Anfragen lagen vor, am Ende machten sich 100 von ihnen auf zum Spiel gegen Athen. Seitdem waren sie noch zweimal im Audi Dome – und immer haben sie einen FCB-Sieg gefeiert. Das Zusammenspiel zwischen Fußball- und Basketballfans klappt offensichtlich: gute Glücksbringer.
Auch an diesem Abend gegen Monaco geben die Fußballfans auf den Rängen alles. Immer wieder springen sie auf, mehrmals purzeln vor lauter Engagement Smartphones aus den Hosentaschen. „Jetzt gehma in Führung“, ruft Rudi Grabmeier, der aktuelle Spielstand habe ihn sowieso genervt. Es stand 60:60 – und diese Zahl kommt dem Fanclub-Vorsitzenden nicht über die Lippen. „Spielt’s schnell weiter“, fordert er und rudert mit den Armen. Unten auf dem Feld geht es hin und her, es ist ein super Spiel, urteilt Grabmeier. „Uns allen hat es hier von Anfang an gefallen. Es ist immer was geboten.“ Manche fahren wegen der Atmosphäre mit, die eine andere als beim Fußball und ebenfalls interessant ist, andere haben sich inzwischen ins Regelwerk eingelesen und reingefuchst, und in den vergangenen Wochen ist auch das Basketballteam in der Nachbarschaft dem Fanclub beigetreten. „Von denen fahren immer viele mit, und bei unserem Sommerfest werden wir künftig Basketball integrieren“, erzählt Grabmeier. Sport und die gemeinsame Leidenschaft verbinden.
Es ist generell das Miteinander, das alle Fahrten zu den Spielen so speziell macht. Der Fanclub „Red Bulls Taubenbach“ hat Mitglieder auf der ganzen Welt, und an diesem Wochenende ist Guram aus Tiflis, Georgien, mit von den Partien – beim Fußball wie beim Basketball. Er ist bereits seit acht Jahren Mitglied und versucht, so oft es geht, live vor Ort zu sein. Seine Frau Irina war auch schon ein paarmal bei Fanclub-Veranstaltungen dabei, der sechsjährige Sohn David ist das erste Mal in München, alle drei freuen sich über den außergewöhnlichen Sport-Doppelpack. Der Sprössling ist in seinem Team Torwart, und beim Besuch im Audi Dome zeigt der kleine Mann deutlich, dass er die Keeper beim FC Bayern doppelt gut findet: Er trägt den aktuellen grünen Dress von Yann Sommer – und um seinen Hals ist ein Schal von Manuel Neuer gewickelt. Für Rudi Grabmeier sind solche Fahrten ebenfalls oft auch eine familiäre Geschichte: Dieses Wochenende ist seine Frau Andrea mit seinem Sohn Johannes dabei, mit ihm fährt er kommende Woche auch nach Freiburg, und zwei Tage später geht es mit dem Flieger nach Manchester. Der Filius hat zwar Ferien, aber dennoch ein Programm, das ihn fordert. Es wird anstrengend, sagt sein Papa, „aber es ist ja für den FC Bayern“.
In der immer packender werdenden Schlussphase des Spiels trifft Isaac Bonga per Freiwurf zum 75:79 aus Münchner Sicht, und die Taubenbacher bejubeln diese Körbe besonders: „Bonga ist unser Mann!“ Der Hintergrund ist, dass ihnen der deutsche Nationalspieler zur Weihnachtsfeier eine Videobotschaft geschickt hatte, um sie auf ihre Besuche im Audi Dome einzustimmen. Das Video sei bei allen super angekommen, erzählt Grabmeier, und seitdem haben sie den 23-Jährigen ins Herz geschlossen. Es sind jetzt noch 28 Sekunden zu spielen, die Münchner liegen 81:84 zurück. 28 Sekunden mögen im Fußball ein Wimpernschlag sein, im Basketball sind sie ein Spielraum vieler Möglichkeiten, das haben die Taubenbacher inzwischen längst verinnerlicht. Beim letzten Time-out steht die Halle komplett, alle klatschen im Takt im Wikinger-Stil, dann geht die Partie in die finale Runde. Zur Schlusssirene segelt ein Dreier durch die Luft – daneben. „Aber das ist Basketball“, sagt Grabmeier, „da geht bis zur letzten Sekunde noch immer was.“ Der Ausflug, da sind sich alle einig, hat sich wieder gelohnt. Und bevor sie die Halle verlassen, winken sie auch noch Herbert Hainer heran. Der Präsident nimmt sich geduldig Zeit für Gruppen- und Einzelfotos sowie für gemeinsames Fachsimpeln. „Dieser Fanclub lebt Fußball wie Basketball“, stellt Hainer fest, „so haben wir uns das beim FC Bayern immer gewünscht: dass wir die Menschen mit unseren beiden Profimannschaften begeistern können.“
Am nächsten Tag startet das Stadionerlebnis mit einer Gulaschsuppe am Busparkplatz vor der Allianz Arena. Es ist genau die richtige Stärkung nach zwei Stunden Fahrt, vor allem für die, die am Abend zuvor schon im Audi Dome dabei gewesen sind. Weil ein Fanclub-Mitglied Geburtstag hatte, hatten sie die Heimkehr extra rausgezögert, um Mitternacht noch mitzunehmen und anstoßen zu können. Um 0:03 Uhr waren sie aus dem Bus gestiegen, und jetzt, nach ein paar Stunden Schlaf und der erneuten Tour nach München, sind schon wieder alle heiß auf das nächste Spiel. Für die Grundlage sorgt Jürgen, der als Wirt natürlich den Dreh raushat, wie man ein gescheites Gulasch kocht. Wie das Spiel gegen Dortmund ausgehen wird? Grabmeier grinst: „Ich sage 11:1.“ So hoch haben die Bayern tatsächlich mal gegen den BVB gewonnen, diesmal wird es ein 4:2. Auch das ist nach dem Geschmack der Fans. Dass Thomas Müller zwei Tore schießt, freut Grabmeier besonders; der Offensivspieler ist Ehrenmitglied des Fanclubs, und als echter Bayer einfach einer der größten Sympathieträger. Typisch Müller seien beide Treffer gewesen, lautet Grabmeiers Urteil: „So einen Spieler wie Thomas gibt’s nur einmal.“ Vermutlich würde er auch im Basketball seine Wege finden.
Eine Generation wächst mit
Am Montag nach dem roten „Hoch die Hände“-Wochenende ist die Stimme von Rudi Grabmeier am Telefon hörbar mitgenommen. Wo er sich mehr verausgabt hat, beim Basketball oder beim Fußball, vermag er nicht mehr ganz genau zu verifizieren, sagt er lachend, allerdings hat auch die Heimfahrt nach dem Sieg über Dortmund allen noch mal alles abverlangt. Mit an Bord war wieder einmal Heli, der mit der fanclubeigenen Gitarre für Laune sorgte. Bei den meisten Busfahrten gibt es Livemusik, meistens Gitarre, aber oft auch zusätzlich Akkordeon, und hin und wieder spielt der Präsidenten-Sohn Johannes auf der Trompete. „Es war ein intensives und gelungenes Wochenende“, so das Fazit des Fanclubvorsitzenden, und obwohl sie am Freitag im Basketball erstmals eine Niederlage miterlebt haben, haben sich schon wieder viele, die nicht dabei waren, erkundigt, wie es war – und angekündigt, das nächste Mal mitzufahren.
Grabmeier erinnert sich noch genau, wie er vor 30 Jahren im Münchner Olympiastadion in der Südkurve gestanden hat – teilweise auch mal bei einer Kulisse von wenigen Tausend Zuschauern. Viele haben das vergessen oder sind zu jung, sagt er, aber auch im Fußball hat sich der FC Bayern über Jahre zu dem entwickelt, was er heute ist. „Meine Fan-Generation ist da mitgewachsen, und etwas Ähnliches erleben wir doch irgendwie jetzt auch beim Basketball“, sagt er. „Man muss beim Basketball nur mal hingehen, dann packt es einen – und wenn dann auch mal der SAP Garden steht, wird noch einmal eine neue Stufe gezündet. Es ist schön, live dabei zu sein, wenn etwas Neues entsteht.“ Sein Fanclub hat dabei eine zweite Leidenschaft aufgebaut, die den Fußball wunderbar ergänzt. „Wir sind hier eine Art Pioniere, weil wir als Fanclub beide Sportarten feiern“, sagt er. „Ich hoffe und glaube, dass auch andere Fanclubs herausfinden, wie schön das ist.“ Basketball sei etwas anderes als Fußball – aber das mache ja auch genau den Reiz aus.
„Man muss beim Basketball nur mal hingehen, dann packt es einen – und wenn dann auch mal der SAP Garden steht, wird noch einmal eine neue Stufe gezündet. Es ist schön, live dabei zu sein, wenn etwas Neues entsteht”
Rudi Grabmeier, Präsident des Fanclubs „Red Bulls Taubenbach“
Die Fans und Mitglieder von „Red Bulls Taubenbach“ werden jedenfalls bald wieder zu einem Spiel in den Audi Dome kommen. Vielleicht haben dann schon ein paar Basketballshirts an, aber viele werden weiterhin auch in Fußballtrikots mitfahren. Weil die Kleiderordnung keine Rolle spielt. Sondern die Farbe vereint. „Es ist doch so“, sagt Grabmeier, „der FC Bayern bietet zwei super Profimannschaften – und mit beiden will er an der Spitze sein. Da wollen, dürfen und sollten wir als Fans nicht fehlen.“
Am Dienstag, 16. Mai, starten die FC Bayern Basketballer gegen Göttingen in die Playoffs. HIER geht es zu den Tickets.
Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des FC Bayern Mitgliedermagazins „51“ erschienen:
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