Bundesliga- und Tor-Debüt von Frans Krätzig, erster Profi-Einsatz von Taichi Fukui - in den vergangenen Tagen gab es einige sehr erfreuliche Ereignisse rund um den FC Bayern Campus. fcbayern.com hat mit Jochen Sauer, Direktor Nachwuchsentwicklung, gesprochen.
Das Interview mit Jochen Sauer
Herr Sauer, Sie als Direktor Nachwuchsentwicklung dürften mit den Ereignissen der vergangenen Tage ganz zufrieden sein?
Jochen Sauer: „Ja, durchaus. Frans' Bundesligadebüt am Samstag hat mich persönlich sehr gefreut, weil er einer der ersten Nachwuchsspieler war, der 2017 nach Eröffnung in das Internat am FC Bayern Campus eingezogen ist. Jetzt hat er auch sein erstes Pflichtspiel-Tor für unsere Profis geschossen. Er ist ein toller Junge und ich bin sehr gespannt auf seine weitere Entwicklung – genauso wie bei Taichi. Er ist erst seit Januar bei uns, aber von Anfang an sehr engagiert und lernwillig gewesen und hat sich hervorragend integriert. Sein Debüt in Münster war sicherlich auch ein Ergebnis der langen Ausfallliste in der Abwehr, aber er hat es sich auch aufgrund guter Trainingseindrücke bei den Profis und guten Leistungen bei den Amateuren verdient.“
Mit Luca Denk saß ein weiterer Spieler vom Campus auf der Bank.
„Luca hat sich in den vergangenen Wochen bei unseren Amateuren in der Innenverteidigung festgespielt und wurde von Woche zu Woche wichtiger für die Mannschaft. Auch er hat in Münster zweifelsohne von den vielen Verletzten in der Defensive profitiert, aber dafür bilden wir ja unsere Spieler am Campus auch aus. Sie sollen Alternativen sein, wenn bei den Profis Bedarf besteht. Und wenn sie dann zum Einsatz kommen, müssen sie sich beweisen. Frans, so Thomas Tuchel, ist das bisher sehr gut gelungen. “
Wenn man so will, hat bei Preußen Münster mit Jojo Schenk ein weiterer Campus-Spieler sein Profidebüt gefeiert. Er ist für ein Jahr zur Leihe in Münster. Überhaupt sind in diesem Sommer wieder viele Spieler von den Amateuren zu anderen Vereinen gegangen.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Spieler, der 30 Partien oder mehr in der Regionalliga absolviert hat, durch weitere Einsätze dort sich nicht mehr entscheidend weiterentwickelt. Deswegen suchen wir für diese Spieler Alternativen in höheren Ligen, in denen sie den nächsten Schritt machen können. Für die meisten sind das Leihstationen, andere wie Toni Tikvic oder Eyüp Aydin hatten gute Angebote für einen Vereinswechsel. Man muss dann immer auch mit abwägen, welche sportlichen Perspektiven man bei dem Einzelnen sieht und ob man ihm vielleicht irgendwann den Weg zu unseren Profis zutraut bzw. was das Beste für den Spieler ist. Denn den Schritt aus der Jugend über die Amateure zu den Profis oder direkt zu den Profis gelingt doch nur in ganz, ganz wenigen Einzelfällen. Jamal Musiala ist so einer. In der Regel müssen Spieler, die bei unseren Profis regelmäßig spielen wollen, aber auch über eine gewisse 'Match-Erfahrung' verfügen, denn sie müssen in der Lage sein, sich in einer Mannschaft zu behaupten, die jedes Jahr um drei Titel kämpft.“
Es wird in der Öffentlichkeit immer wieder die Frage aufgeworfen, wann der FC Bayern den nächsten Thomas Müller, den nächsten David Alaba hervorbringt. Was sagen sie dazu?
„Den nächsten David Alaba haben wir doch schon mit Jamal. Er ist genau wie David mit 16 Jahren zum FC Bayern gekommen und ist jetzt fester Bestandteil und Leistungsträger bei unseren Profis. Thomas ist von seiner ganzen Art eine Ausnahme-Persönlichkeit und ein Ausnahmespieler zugleich, wie sie der FC Bayern nicht so oft in seiner Geschichte hervorgebracht hat. Er hat damals davon profitiert, dass er mit Louis van Gaal einen Trainer hatte, der ihn bedingungslos gefördert hat. Philipp Lahm, Toni Kroos und auch David haben sich am Ende aber erst beim FC Bayern durchgesetzt, nachdem sie auf ihren Leihstationen wichtige Entwicklungsschritte absolviert haben. Deswegen arbeiten wir mit Hochdruck daran, ein Netzwerk an unterschiedlichen Partner-Clubs aufzustellen, bei denen unsere Talente – je nach Leistungslevel – auf dem Weg zum Profi den nächsten oder den entscheidenden Schritt machen können.“
Ein weiterer Kritikpunkt zuletzt war, dass in diesem Sommer zu viele Spieler die Amateure verlassen haben. Tatsächlich waren es um die 20 Abgänge. Wie wichtig ist diese Mannschaft für die Entwicklung der Talente?
„Unsere Amateure sind für unseren Nachwuchs in der Regel die erste Station im Männerfußball. Hier lernen sie die Unterschiede in Sachen Körperlichkeit und Zweikampfhärte im Vergleich zur Junioren-Bundesliga. Von daher wird diese Mannschaft immer eine sehr große Bedeutung haben im sportlichen und persönlichen Entwicklungsprozess – aber im Normalfall für jeden nicht länger als ein oder maximal zwei Spielzeiten.“
Wäre die 3. Liga dafür nicht noch besser geeignet als die Regionalliga?
„Ja, weil die Herausforderungen für jeden einzelnen nochmal höher sind. Die Gegner sind stärker, es gibt mehr Widerstände zu überwinden und der mentale Druck von außen in teils vollen Stadien nimmt nochmals zu. Es gilt aber auch zu bedenken, dass wir in der 3. Liga auch wieder mehr auf Erfahrung setzen müssten, um die Liga auch langfristig zu halten. Wir müssten uns also wieder älter aufstellen und nehmen damit den jungen Talenten Einsatzminuten weg. Wir wollen aber ganz bewusst mit vielen jungen Spielern bei unseren Amateuren auflaufen, genau wie wir uns ganz bewusst dafür entschieden haben, unsere U19 mehr oder weniger als U18 spielen zu lassen – so wie es in vielen europäischen Ländern ohnehin gemacht wird. Das geht dann vielleicht auch mal auf Kosten eines einzelnen Ergebnisses, schließt aber sportlichen Erfolg auch nicht aus. Am Ende wollen und müssen wir uns daran messen lassen, wie viele Spieler wir im Profifußball und am besten bei unserer eigenen Mannschaft unterbringen. Und da sind wir insgesamt auf einem guten Weg.“
Kann man das statistisch belegen?
„Dafür würde ich gerne exemplarisch den 2003er-Jahrgang nennen. Es war quasi der erste U15-Jahrgang, den wir 2017 mit der Eröffnung des Campus mit Internatsspielern ganz gezielt verstärken konnten. Frans, Luca und Jojo gehörten zum Beispiel damals dazu. Gabi Vidović hat aktuell bei seinem Leihverein Dinamo Zagreb in drei Spielen bereits zwei Tore und zwei Vorlagen beigesteuert. Angelo Brückner ist ausgeliehen zum österreichischen Erstligisten Hartberg, Torben Rhein zu Austria Lustenau. Liam Morrison überzeugt auf ganzer Linie auf seiner Leihstation Wigan Athletic. David Herold sammelt Minuten als Leihspieler beim Karlsruher SC. Younes Aitamer ist Leistungsträger bei unseren Amateuren. Auch Grant-Leon Ranos möchte ich nennen. Er hat bei Borussia Mönchengladbach sein Bundesligadebüt gefeiert. Bright Arrey-Mbi ist bei Hannover 96 Stammspieler. Und alle sind jetzt gerade mal höchstens 20 Jahre alt, das heißt, ihre Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.“
Die Amateure des FC Bayern absolvierten zuletzt eine besondere Trainingseinheit:
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