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Franz Beckenbauer als junger Bub in der Berufsschule

Teil 1 der Serie zum Abschied von Franz Beckenbauer: Der junge Kaiser

Der FC Bayern trauert um Franz Beckenbauer: Wirklichalleskönner, Vereinsikone - der Kaiser. Spielgestalter über das Spiel hinaus. Weitgereist und doch verwurzelt. Zum Abschied beleuchten wir seinen Lebensweg. Der FC Bayern wird auf ewig ein Kaiserreich sein – denn ohne Beckenbauer wäre in diesem Club heute alles anders. Teil 1 unserer Serie: Der junge Kaiser

Jugend in Giesing

Zwei Zimmer, im Wohnraum ein Ofen, im Winter, wenn es kalt war, hielt sich die Familie nur in der Küche auf, und in einem Zimmer musste man aufpassen, wenn man zur Tür reinkam: Im Boden klaffte ein Loch, das Holz war damals in vielen Wohnungen marode, und der dicke Teppich war kein allzu verlässlicher Schutz vor einem Unfall: Wenn jemand mit Gewicht draufgestiegen wäre, wäre er im dritten Stock gelandet. Das war in dieser Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg so. Hier beginnt die Geschichte von Franz Beckenbauer, hier wuchs ein junger Mann auf, der die Welt begeistern sollte.

Illustration des Münchner Stadtteils Giesing, in dem Franz Beckenbauer aufwuchs.

Giesing: Hier wuchs Franz Beckenbauer auf und reifte zu einem von Deutschlands besten Fußballern aller Zeiten. (Illustration: Jan Steins)

Sahen die Kinder damals einen der Wohlhabenderen aus einem Haus gehen mit einem Apfel, durfte der, der als Erstes „Butz“ rief, neben der Person hergehen und warten, bis ihm die Reste überlassen wurden – auch als Erwachsener aß der „Kaiser“ jeden Apfel komplett. Ein ähnliches Spiel gab es, hatte jemand ein Butterbrot dabei. Dann rief man „Schugg“ und sicherte sich so das Anrecht, etwas abzubekommen. Über Franz Beckenbauer sagten die Leute stets, er sei seit jeher ein Kind des Glücks gewesen. Doch die Wahrheit ist, dass er schon früh gelernt hat: Von nix kommt nix. Zeit seines Lebens hat er immer alles getan, um sein Ziel zu erreichen, angetrieben von großem Ehrgeiz und dem Hang zur Perfektion. Trotz seiner weiten Reise durch die (Fußball-)Welt, psychisch wie physisch, auf der er zum „Kaiser“ reifte, blieb sein ganzes Wesen immer von den Zeiten in München-Giesing geprägt.

Leichtfüßig von Kindesbeinen an

Und: wer weiß? Vielleicht lag es ja unter anderem sogar am Loch im Boden der Wohnung, dass Beckenbauer auf dem Fußballplatz wie generell im Leben stets so beneidenswert leichtfüßig unterwegs gewesen ist – ab und an ist es angebracht, die Dinge auch mal ein wenig zu verklären. Zumal es noch mehr Mythen gibt aus dieser Zeit, die einen Hauch von Erklärungen einflüstern, wie Franz Beckenbauer zu einem der berühmtesten Fußballer der Geschichte werden konnte. Es war ein altes Haus damals, vom Krieg zwar nicht betroffen, aber unheimlich und dunkel. Stets stand es offen, im Gang schliefen immer mal Fremde. Wurde Franz für Heizmaterial in den Keller geschickt, war ihm das ein Gräuel. Daher lief es so ab: hakenschlagend runter, durch die düsteren Gewölbe und husch wieder rauf in den vierten Stock: So wurde Franz früh flink – und so fantasie- wie variantenreich.

Familie Beckenbauer im Wohnzimmer, Franz senkt zwischen Mutter und Oma schüchtern den Kopf, Walter steht rechts dahinter.

Seltenes Familienfoto: Familie Beckenbauer im Wohnzimmer, Franz senkt zwischen Mutter und Oma schüchtern den Kopf, Walter steht rechts dahinter.

Das größte Glück: der Fußballplatz direkt gegenüber. Um sich einen echten Ball leisten zu können, stellten die Buben aus der Nachbarschaft Kegel im Wirtshaus am Eck auf – dort, wo sie sonst immer Papas Bierkrug holten, auf dem Weg selbst ein paar Schlücke probierten und mit Wasser auffüllten. Zudem verkauften sie so lange Altpapier und Alteisen, bis sie endlich nicht mehr mit einem selbstgeformten Ei aus Lumpen spielen mussten. Jeden Abend durfte ein anderer den Ball mit nach Hause nehmen – Franz schlief dann stets mit dem guten Stück im Arm ein. Tag für Tag lockerten die Buben immer wieder ein paar Holzlatten im Zaun rund um den Platz, um von früh bis spät zu kicken. Anfangs musste der kleine Franz, den sie alle liebevoll „Stumpen“ riefen, zuschauen - er war noch zu jung. Aber als die anderen plötzlich sahen, was für einen talentierten Ballholer sie da am Seitenrand hatten, durfte er bald mitmischen – und bis er entdeckt wurde, dauerte es nicht lang: Über den SC 1906 kam er als Elfjähriger zum FC Bayern. Eigentlich hätte er ein 60er werden sollen, aber eine historische Watsch’n in einem Schülerspiel änderte seine farbliche Weltanschauung…

Morgen folgt Teil 2 unserer Serie: Rot statt Blau – auf einen Schlag.

Der FC Bayern trauert um Franz Beckenbauer:

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