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Mitglieder des FC Bayern-Fanclubs Red Stars 78 in Heidenheim
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Heidenheim: Das Ballische Dorf

Heidenheim – ein kleiner Ort, in dem der Fußball schon lange eine große Rolle spielt: Der ansässige FCB-Fanclub Red Stars 78 ist älter als der heimische Bundesligist. Im April spielt der FC Bayern zum ersten Mal beim 1. FC Heidenheim. Das FC Bayern-Mitgliedermagazin „51“ ist auf die Alb vorausgereist und hat festgestellt, dass sich das Leben in dieser Fußballgemeinde seit dem Aufstieg verändert hat.

Prominenter Kunde kommt immer donnerstags

Jeden Donnerstag zieht sich Eberhard Bosch, sagt er, eines seiner Bayern-Trikots über. So wartet er, der vor über 40 Jahren mit ein paar Freunden den Heidenheimer Bayern Fanclub Red Stars 78 Heidenheim e. V. gegründet hat, dann in seinem kleinen Supermarkt in der kleinen schwäbischen Stadt auf seine Kundschaft. Die meisten kennen seine rot-weiße Donnerstags-Garderobe. Doch wissen alle, warum er das tut?

Heidenheim zählt rund 50.000 Einwohner – darunter 200, die Mitglieder des örtlichen FCB-Fanclubs sind.
Heidenheim zählt rund 50.000 Einwohner – darunter 200, die Mitglieder des örtlichen FCB-Fanclubs sind.

Einer von Eberhards Kunden dürfte es allmählich ahnen, er fährt mehrmals am Tag an dem Mini Markt, Giengener Straße 134, vorbei zu seinem Arbeitsplatz, einem Fußballplatz. Immer donnerstags hält er vor dem Geschäft und kauft dann das neue „kicker“-Heft. Der Name des Donnerstagskunden: Frank Schmidt, seit 2007 Trainer des 1. FC Heidenheim, der eine überraschend starke und souveräne Premierensaison in der Bundesliga spielt.

FC Bayern zu Gast im kleinsten Bundesliga-Stadion

Eberhard und Frank Schmidt kennen sich gut, über Jahre. Man witzelt, zieht sich auf, versteht und respektiert sich. Eberhard Bosch sagt: „Der Frank träumt jetzt schon Minimum von einem Punkt.“ Anfang April kommt der FC Bayern zum ersten Mal in das kleinste aller Bundesliga-Stadien, das viele noch immer Albstadion nennen, weil eigentlich jeder hier früher die Bundesjugendspiel- Prüfung abgelegt hatte.

Uns gibt es schon länger als den FCH.

Eberhard Bosch, Red Stars-Gründer

Ein Samstag im März. Die Sonne scheint. Vor dem Heidenheimer Schloss, das über der Stadt thront, treffen sich ein knappes Dutzend Mitglieder der Red Stars 78 im Vorfeld der 15:30-Uhr-Partien für einen kleinen Heidenheim- Rundgang mit der „51“-Redaktion. Sie wollen uns die Stadt zeigen und erzählen, wie sich ihr Leben als FCB-Fans seit Beginn des Heidenheim-Booms verändert hat.

Fanclub ist älter als der 1. FC Heidenheim

Noch auf dem Parkplatz des Schlosses werden die Bayern-Fans von Passanten angesprochen. „Gegen wen spielen wir heute?“, fragen sie. Oder: „Viel Glück gegen Augsburg.“ Dann müssen die Fanclub-Mitglieder Aufklärungsarbeit leisten: Ja, sie tragen zwar auch rote Trikots, aber Heidenheim- Fans, nein, das seien sie nicht – und sie fahren auch nicht nach Augsburg, wo die Heidenheimer an diesem Samstag spielen.

„Was macht ihr dann hier?“, werden sie weiter gefragt. „Wir sind Heidenheimer“, antworten sie dann stolz. Und Eberhard sagt: „Uns gibt es hier schon viel länger als den FCH.“ Denn der 1. FC Heidenheim, das wissen nur die wenigsten, trägt ja erst seit 2007 unter diesem Namen seine Spiele aus.

Heidenheim-Rundgang mit den Red Stars

Weit oben: Die Red Stars 78 vor dem Heidenheimer Schloss, mit Blick auf die Stadt.
Weit oben: Die Red Stars 78 vor dem Heidenheimer Schloss, mit Blick auf die Stadt.

Während die Red Stars vom Wahrzeichen der Stadt, dem Schloss, auf die Heidenheimer Altstadt blicken, findet dort der beschauliche Wochenmarkt statt. Die Region ist gleichermaßen geprägt von Bayern wie Baden-Württemberg. Hier entdecken die Kinder und Jugendlichen frühzeitig den VfB Stuttgart oder den FC Bayern. Hier sind die Witze oft genauso deftig wie das Essen, Linsen mit Spätzle, Zwiebelrostbraten. Hier kennt jeder jeden, vor allem in der kleinen Community der Fußballverrückten.

Im Café Melange, der Fankneipe des Ortes, laufen Heidenheimer Spieler ein und aus, eine meterhohe rot-blaue FCH-Fahne hängt an der Fassade. Der Wirt ist aber auch befreundet mit den Red Stars und hat eine FCB-Dauerkarte. Im Zweifel hält er dem 1. FC Heidenheim die Daumen, sagt er. Vor zehn Jahren sei das noch anders gewesen, sagen die Red Stars. Sie kennen solche Biografien.

Paar lernte sich in der Südkurve kennen

In den 1970er Jahren hieß der 1. FC Heidenheim noch HSB. Eberhard, der Red Stars-Gründer, erzählt, wie er damals mit seinen Freunden zum Stadion fuhr, um Verbands- oder Oberliga-Partien zu schauen. Irgendwann war ihnen das zu wenig, und das Olympia- Stadion in München, Männer wie Hoeneß, Rummenigge, Beckenbauer, Müller lockten. 1978, im Dezember, gründeten acht Heidenheimer Freunde die Red Stars, um Gleichgesinnte zu treffen.

Kurz vor Anpfiff: Klaus, Flo, Jürgen und Blacky (v. l.).
Kurz vor Anpfiff: Klaus, Flo, Jürgen und Blacky (v. l.).

Rund zehn Jahre später traf Eberhard dann in der Südkurve – wo sonst? – seine spätere Frau, Brigitte. 1988 zog die Milbertshoferin nach Heidenheim. In den 90er Jahren bekamen Brigitte und Eberhard eine Tochter, Daniela, die natürlich auch Bayern-Fan wurde und 2018 die Vorstandschaft des Vereins von ihrem Vater übernommen hat. Kassiererin des Vereins blieb wie eh und je ihre Mutter Brigitte.

Red Stars 78: Der Fanclub als Familien-Business

Die Red Stars sind also wie viele andere FCB-Fanclubs ein Familien- Business – und dann auch wieder nicht: Rund 200 Mitglieder haben sie mittlerweile. Brigitte sagt: „Wir nehmen nicht jeden.“ Und dass die Red Stars Anfang der 2000er Jahre, nachdem das DSF über einen Fanclub-Besuch von Alexander Zickler berichtete, sogar einen Aufnahmestopp einlegen mussten. Die Red Stars suchten Men-schen, die auch mal eine Idee für eine gemeinsame Unternehmung haben, mit anpacken würden und nicht nur Konsumenten seien.

Neben der Familie Bosch sind bei dem Stadtrundgang auch Flo, Maddin, Caro, Blacky, Jürgen, Klaus und der zweite Vorstand, Dennis, dabei. Immer wenn der FC Bayern in der Allianz Arena spielt, treffen sich die Red Stars vor dem Heidenheimer Stadion, dem Treffpunkt vor der Busreise über die A7 nach München. An diesem Spieltag gegen Mainz aber haben sie ihre Tickets den Freundinnen und Freunden vom Fanclub Red Froggers in Eppisburg zur Verfügung gestellt – und schauen Fußball in ihrem Vereinsheim.

Das Red Stars-Vereinsheim heißt Bunker. Hier feiern sie eines der vielen Tore beim 8:1 gegen Mainz.
Das Red Stars-Vereinsheim heißt „Bunker“. Hier feiern sie eines der vielen Tore beim 8:1 gegen Mainz.

Auf der Fahrt dorthin erzählen Jürgen und Caro, dass es nach dem Aufstieg der Heidenheimer bei den Red Stars Diskussionen gab, ob man auch Spiele des FCH zeigen sollte. Sie persönlich mögen die Rot-Blauen nicht mehr, seit sich ihr Sohn aus einer Jugendmannschaft verabschieden musste. „Da gab es durchaus zwei Lager.“ Aber man sei ja schließlich ein FCB-Fanclub, daher läuft natürlich: nur der FCB.

15:30 Uhr: Anpfiff, rund 30 Leute haben sich im „Bunker“ in der Ziegelstraße 13 versammelt, der tief unten liegt und wo früher Eis zur Bierkühlung im Sommer gebunkert wurde, daher der Name. Die Bayern liefern gegen Mainz einen perfekten Nachmittag ab, die Red Stars kommen aus dem Jubeln nicht mehr heraus, der Bunker wird zum Partykeller. „Harry Kane, Harry Kane, Harry Kane …“, singen sie immer wieder.

Der FCB ist ihre Leidenschaft

Darunter etwa Martin, 35, der sich vor fünf Jahren mit den Worten „moin, ich bin der Maddin“ plötzlich hier im Bunker vorstellte, weil er nach dem Ende einer langjährigen Liebesbeziehung aus Lübeck, dem hohen Norden, fliehen musste. „Das ist das Beste, was mir je passiert ist, denn dadurch hab ich hier Freunde gefunden“, sagt er.

Oder Blacky, 38, der am Tresen voller Überzeugung sagt: „Der FCB und die Red Stars sind keine Leidenschaft, sondern mein Leben.“ Seine Freude bei Harry Kanes 7:1 und Leon Goretzkas Treffer zum 8:1-Endstand beweisen, dass er es ernst meint.

Rote Familie: Daniela Bosch (l.) hat die Leitung des Fanclubs von Papa Eberhard und Mama Brigitte übernommen.
Rote Familie: Daniela Bosch (l.) hat die Leitung des Fanclubs von Papa Eberhard und Mama Brigitte übernommen.

Fußball verbindet. Über die Grenzen der Stadt hinaus, aber natürlich auch in Heidenheim selbst – über das fast alle Red Stars sagen, es sei ein Dorf. Man trifft sich hier: in der Fußgängerzone, der Altstadt, beim Public Viewing im Café Melange. Deshalb sind sich der kleine, junge FCH und der große, altehrwürdige FCB auch näher, als es zunächst den Anschein hat.

Heidenheimer Trainer gratulierte nach FCB-Sieg

Der FCH-Vorstandsvorsitzende Holger Sanwald ist auch Mitglied des FC Bayern. Nach allem, was man sich so in Heidenheim erzählt, soll Trainer Frank Schmidt seit seiner Jugend auch dem FC Bayern nahestehen, genauso wie weitere Mitglieder des Trainerstabs und der eine oder andere Spieler des aktuellen Heidenheimer Kaders. Bei Marc Schnatterer, dem langjährigen FCH-Kapitän und mittlerweile Trainer und Botschafter des Vereins, gilt das sogar als verbrieft. Und das ist kein Wunder: Heidenheim liegt eben im unmittelbaren Einzugsgebiet des FC Bayern – und ist gerade dabei, im deutschen Fußball seine eigene Geschichte zu schreiben. Das verdient großen Respekt.

Auf dem Weg in Richtung Erstklassigkeit traf Heidenheim schon einmal auf den FC Bayern. Erst ein Lewandowski-Elfmeter zum 5:4 für den FCB kurz vor Schluss besiegelte im 2019er-DFB-Pokal-Viertelfinale das Aus der Heidenheimer in der Allianz Arena. Natürlich waren auch die Red Stars mit zwei Bussen vor Ort, feierten den späten FCB-Sieg. Nachdem sie nachts aus München zurückkehrten und vor Eberhard Boschs Supermarkt die leeren Getränkekisten von der Fahrt verstauten, hielt plötzlich das Auto eines prominenten Allianz Arena-Besuchers an: Frank Schmidt. Umgedreht sei er sogar, sagt Eberhard Bosch, um ihm und seinen Red Stars zum Sieg zu gratulieren. Solche Geschichten gibt es nur in einem Dorf.

© Bilder: Sebastian Lock

Hier gibt es die weiteren Highlights der aktuellen 51-Ausgabe:

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