
FC Bayern-Fans reisen von überall an, um ihre Mannschaft bei Auswärtsspielen zu unterstützen - selbst wenn es sie Hunderte Kilometer durch die Kälte und die Luft führt. Um diejenigen kennenzulernen, die keinerlei Aufwand und Kosten scheuen, um ihren FC Bayern auch außerhalb der Allianz Arena zu erleben, wollen wir sie ein wenig besser kennenlernen: unsere Auswärtsfans mit ihren besonderen Geschichten, ihrer Liebe und ihrer Leidenschaft für den FC Bayern.
Leipzig, Dortmund, Stuttgart, Mainz, Bremen, Berlin – wohin es die Mitglieder des Fanclubs Obing schon überall hin verschlagen hat, kann man auf ihrer Website finden. Immer in Rot, meist mit den eigenen Jacken des Fanclubs, haben sie sich fotografiert, mal mit Bier und Bratwurst vor dem Stadion, mal inmitten des Fanblock-Getümmels, mal vor den Sehenswürdigkeiten wie den Stadtmusikanten. „So oft es geht, wir das Glück haben, für Tickets ausgelost zu werden, so oft sind wir dabei“, sagt Christian Schnebinger. Er zählte einst zur Handvoll Gründungsmitgliedern im Jahre 1984. Mittlerweile hat der Fanclub Obing am Chiemsee fast 1000 eingetragene Anhänger. Auch Schnebinger sieht man fast immer auf den Fotos unter der Rubrik „Auswärtsfahrten“, in Rom an der Spanischen Treppe zum Beispiel im roten Bayerntrikot und in Lederhose. Nur in Frankfurt, da waren sie aus Obing in den 41 Jahren noch nie zuvor.
Von Bremen bis Rom, von München bis London
„Wir hatten im Vorfeld ein bisschen Bedenken“, gesteht der Vorsitzende, wegen der berüchtigen Frankfurter Fanszene. „Aber wir haben gesagt, jetzt probieren wir das einfach.“ Ärger haben sie aber wie jedes Mal auch diesmal nicht bekommen, „wir sind ja auch keine, die Ärger suchen“, sagt Schnebinger. Nein, die Obinger sind wegen des FC Bayern hier, des Fußballs, der Leidenschaft, ihrer Freundschaft untereinander und der Neugier: „Ich find‘ andere Stadien, andere Städte spannend. Die schauen wir uns gern an und es ist immer etwas Neues“, sagt Schnebinger. Seit 41 Jahren ist er der Vorsitzende, besitzt im Ort einen Getränkemarkt zwischen Feuerwehrhaus und Baumarkt. Von dort brechen sie auch immer auf mit dem Fanbus, jedes Heimspiel in der Allianz Arena sowieso, und wann immer es geht, geht es von Obing dann hinaus in die weite Welt.

Entstanden aus einer Laune heraus in der Wirtschaft ging es zu siebt los. „Wir haben das mittags ausgemacht, dass wir ins Olympiastadion fahren. Und abends gings dann wieder heim. Irgendwann haben wir gesagt: Jetzt machen wir da einen Fanclub draus.“ Dann ging es das erste Mal auswärts, dann zum Pokalfinale, in den Europapokal. Mit dem Fanclub wuchsen die Entfernungen. „Mittlerweile waren es mindestens 50 Auswärtsspiele“, sagt Schnebinger. „Die meisten Stadien, die habe ich jetzt schon gesehen.“ Ein bestes, ein aufregendstes Spiel, die schönste Stadt – sowas gibt’s bei den Obinger Fans eigentlich gar nicht. „Egal, wo wir hinkommen, es ist eigentlich immer spannend und schön“, sagt Werner Specht, stellvertretender Vorsitzender. „Wobei: London 2013, klar. Das Endspiel war natürlich was Besonderes. Oder Mailand 2000.“
Das erste Mal mit 16 im Olympiastadion
Es ist die Atmosphäre, die sie immer wieder anzieht: „Es begeistert mich immer wieder, wie fanatisch man im Positiven sein kann, seinen Verein einfach überall zu unterstützen, wohin er auch kommt, wo immer er auch spielt“, sagt Christian Schnebinger und seine Fanclub-Freunde nicken. „In München ist es schon immer schön – aber auswärts ist das nochmal etwas anderes, eine engere Verbundenheit irgendwie, gemeinsam für den FC Bayern.“ Und wenn es dann mit einem Sieg wieder nach Hause geht, ist es sowieso das Allergrößte.
Früher ging es da nur um Fußball: In aller Früh rein in den Bus, zu später Stunde wieder nach Hause. „Jetzt sind wir in einem gesetzteren Alter“, sagt Schnebinger, 60 Jahre ist er mittlerweile alt. „Jetzt fahren wir immer drei Tage: Einen Tag zur Anreise, zum Ankommen. Dann der Spieltag. Dann in Ruhe wieder nach Hause.“ So sieht man auch mehr von den Städten, lernt mehr Menschen kennen, die Mentalitäten, die Fußballfans. Da hilft es, dass Christian Schnebinger im Getränkemarkt sein eigener Chef ist, den Dienstplan ein bisschen nach dem Spielplan des Herzensclubs ausrichten kann. Mit 16 war er das erste Mal beim FC Bayern, war sofort infiziert. Die Liebe ist gewachsen zu seinem Club. „Wir haben sie ja noch gesehen: den Beckenbauer, den Hoeneß, den Breitner, den Müller – das war prägend“, sagt er. „Die Bilder aus der Jugend, die vergisst man nicht mehr.“

Vor allem das Mia san mia hat sie berührt, die Hilfe, die Unterstützung des Vereins für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Das haben sie in Obing übernommen: Ein Großteil der Mitgliedsbeiträge geht an soziale Projekte, „es ist eine Herzensangelegenheit“, sagt Schnebinger. Ob Spenden ans Krankenhaus, das Altersheim, das Heimatmuseum, den Musikverein, die Tafel oder das Pflegeheim – immer wieder unterstützt der Fanclub, wenn er helfen kann. Die Hilfsbereitschaft berührt und steckt an: Aus ganz Deutschland haben die Obinger mittlerweile Mitglieder, auf Fehmarn oder in Lübeck sogar. „Das ist bei uns mehr als nur Fußballschauen und die Bayern anfeuern.“ Das ist gelebtes Mia san mia. In der Woche nach dem Spiel in Frankfurt, wo sie noch nie gewesen sind, fahren sie gemeinsam nach Nördlingen. „Wir wollen die Heimat von Gerd Müller kennenlernen“, sagt Christian Schnebinger.
Hier geht‘s zur Analyse des 3:0-Erfolgs bei der Eintracht:
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