Glódís Perla Viggósdóttir (27) hält die Abwehr der FC Bayern Frauen zusammen. In „Säbener 51“ erzählt Islands Fußballerin des Jahres, wie entspannt es in ihrer Heimat zugeht – und wie man in hitzigen Momenten auf dem Rasen cool bleibt.
Das Interview mit Glódís Perla Viggósdóttir
Glódís, in Island leben nur rund 370.000 Menschen. Trotzdem hat das Land starke Fußball- und Handball-Teams. Wie macht ihr das?
„Ich denke, das hängt damit zusammen, dass wir Isländer eine besondere Mentalität haben. Wir fühlen uns nicht als kleines Land, sondern glauben, dass es für uns kein Limit gibt. Warum sollten wir im Fußball nicht Länder wie Deutschland oder Frankreich schlagen? Dazu kommt, dass wir in Island sehr gute Sportstätten und sehr gute Trainer haben.“
Isländer gelten als sehr relaxt. Wie passt das zur Mentalität eines Leistungssportlers?
„In Island machen wir uns nicht so viel Stress wegen jeder Kleinigkeit. Bei uns sagt man: ‚Þetta reddast.‘ Das bedeutet: Es wird schon irgendwie gut gehen. Vielleicht liegt das auch am Wetter, das in Island verrückt ist. Regen, Schnee, Sturm, ein Vulkanausbruch … Wir wissen, dass sich ständig alles ändern kann, damit können wir umgehen. Auch im Sport denken wir uns: Was soll groß passieren? Und wenn uns mal ein Fehler unterläuft, sagen wir: Passiert, weiter geht’s!“
Hast du dir das auch gedacht, als du 2021 zum FC Bayern gekommen bist: Wird schon irgendwie klappen?
„Ich bin hierhergekommen, weil ich Titel gewinnen will und weil ich das Gefühl hatte, mich hier als Spielerin weiterentwickeln zu können. Bayern war der nächste Schritt für mich. Aber natürlich kann man auch sagen: Was kann mir schon passieren? Im schlimmsten Fall werde ich wenigstens viele neue Dinge kennenlernen.“
Du hast in Island und Schweden schon Meisterschaften gewonnen. Denkst du in München einen Schritt weiter, also an die Champions League?
„Die Champions League zu gewinnen, ist einer meiner größten Träume. Ich denke, das ist für jede von uns hier das ultimative Ziel. Und wir sind bei einem Club, der ebenfalls danach strebt. Erst zwei Isländer – Sara Björk Gunnarsdóttir bei den Frauen und Eidur Gudjohnsen bei den Männern – haben das bisher geschafft.“
Du bist eine von aktuell drei Isländerinnen beim FC Bayern. Ist Isländisch jetzt zweite Amtssprache in der Kabine?
„Ich genieße es, endlich wieder Isländisch sprechen zu können. Zuletzt war ich sechs Jahre in Schweden und hatte nie jemanden aus Island in meiner Mannschaft. Mein Isländisch hat sich in der Zeit verschlechtert, ich habe nur Schwedisch gesprochen. Immer wenn ich zu Hause war, haben mich meine Großeltern korrigiert, weil ich einen schrägen Ausdruck benutzt habe oder meine Grammatik falsch war. Ich habe sogar Wörter benutzt, die es gar nicht gibt. Gut, dass ich jetzt wieder jeden Tag Isländisch spreche.“
Weißt du, welcher Fußballer aus Island in den letzten Jahren die meisten Schlagzeilen in Deutschland hatte?
„Rúrik!“
Genau. Rúrik Gíslason. Er gewann 2021 die TV-Show „Let’s dance“.
„Willst du etwas Lustiges hören? Seine Mutter war meine Lehrerin in der Schule (lacht).“
Nicht wahr! Dann stimmt es also, dass in Island jeder irgendwie jeden kennt?
„Ja, besonders im Fußball ist die Welt in Island klein. Rúrik hat im gleichen Club gespielt wie ich. Ich habe ihn immer wieder mal gesehen, aber wir haben nie miteinander gesprochen.“
Hattest du als Kind ein Vorbild?
„Ja, Katrín Jónsdóttir. Sie war Kapitänin der isländischen Nationalmannschaft und kam manchmal zu unseren Spielen. Ich wollte immer sein wie sie. Ich kannte auch gar keine anderen Fußballerinnen oder Fußballer, weil zu Hause kein Fußball im Fernsehen lief. Als ich später Nationalspielerin wurde, war Katrín Jónsdóttir auch noch dabei und ich stand mit ihr auf dem Platz. Das war ein großer Moment für mich.“
Inzwischen hast du mehr als 100 Länderspiele bestritten und bist selbst zum Vorbild für junge Spielerinnen geworden. Gibt es etwas, was du ihnen mitgeben möchtest?
„Mir ist es wichtig, den Mädchen zu vermitteln, dass sie alles machen können, was sie möchten. Fußballerin, Ärztin, Astronautin – alles ist möglich. Sie sollen große Träume haben und selbst ihren Weg bestimmen. Die Welt steht ihnen heute offen.“
Das ausführliche Interview gibt es in der aktuellen Ausgabe des FC Bayern Mitgliedermagazins „51“.
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