
Es gibt Spielerinnen, die tragen das Spiel in sich, als wäre es eine zweite Haut. Pernille Harder ist eine solche. Ihre Bewegungen wirken nicht hastig, sondern bedacht, fast tänzerisch. Sie sprintet nicht, sie gleitet. Und wenn sie den Ball trifft, dann nicht einfach mit der Wucht des Zufalls, sondern mit einer Eleganz, die an jene seltenen Künstlerinnen erinnert, die den Fußball in Poesie verwandeln.
An diesem Montagabend in Dortmund, im altehrwürdigen Stadion Rote Erde, im Zuge des ersten Aufeinandertreffens dieser beiden großen Vereine, gehörte die Bühne ihr. Zweimal nur brauchte sie, um den Unterschied zu markieren. Einmal im richtigen Moment am richtigen Ort, einmal mit all der Entschlossenheit und Erfahrung, die ihr Spiel seit Jahren prägen. Harder war es, die dieses Duell entschied. Nicht laut, sondern mit der Klarheit einer Spielerin, die weiß, wie man Spiele prägt.
Die Rote Erde als Bühne

Das altehrwürdige Stadion Rote Erde, seit jeher ein Hort westfälischer Fußballtradition, empfing an diesem Abend eine beeindruckende Kulisse. Über 15.000 Zuschauer füllten die Tribünen. Die Stimmen der Fans verschmolzen zu einem rauschenden Chor, der die Spielerinnen auf beiden Seiten trug. Schwarz-Gelb gegen Rot, Jung gegen Erfahren, Aufbruch gegen Etabliertheit. Und mittendrin eine Mannschaft aus München, die ihre Aufgabe mit kühler Präzision und leidenschaftlicher Hingabe erfüllte. „Es war etwas ganz Besonderes, von Beginn an in so einer Kulisse zu spielen“, sagte Giulia Gwinn später. „Wenn mir jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass in der ersten Pokalrunde über 15.000 Zuschauer kommen, hätte ich es nicht für möglich gehalten.“
Harder zum Ersten, Harder zum Zweiten

Das Spiel selbst begann, wie es zu erwarten war: Bayern drängte, Dortmund hielt dagegen. Klara Bühl sorgte auf der linken Seite immer wieder für Wirbel, doch lange blieb die schwarz-gelbe Abwehr standhaft, angeführt von einer glänzend aufgelegten Torhüterin van der Laan. Bis zur 27. Minute. Da war es Harder, die zur Stelle war, als van der Laan gleich zweimal parierte – erst gegen Alara, dann gegen Caruso. Doch gegen den Abstauber der Dänin hatte auch sie keine Antwort. 1:0 für Bayern.
Sechs Minuten später der zweite Streich. Giulia Gwinn leitete ein, Harder nahm Tempo auf, ließ ihre Gegenspielerin stehen und vollendete aus spitzem Winkel zum 2:0. Zwei Tore wie aus einem Guss, die das Spiel entschieden, ehe es richtig Fahrt aufgenommen hatte. „Es waren meine ersten Treffer der Saison, und es hat sich gut angefühlt“, sagte die 32-Jährige nach Abpfiff. „Die erste Halbzeit war gut, aber ich glaube, wir hätten noch mehr machen können. Respekt an Dortmund. Sie haben es uns in der zweiten Halbzeit schwer gemacht.“
Ein Abend mit zwei Gesichtern
Denn während die erste Hälfte souverän wirkte, wurde die zweite zu einem Prüfstein. Bayern wechselte durch, Dortmund wagte mehr, und plötzlich lag die Rote Erde in gespannter Erwartung. Zweimal waren die Gastgeberinnen dem Anschluss nahe, und Bayern musste kämpfen, um die weiße Weste zu behalten.

Trainer José Barcala sah das Spiel mit dem nüchternen Blick des Analytikers: „Die erste Halbzeit war ziemlich gut, aber mit der zweiten bin ich nicht zufrieden, muss ich ehrlich sagen. Wir hatten einen klaren Plan. In der zweiten Halbzeit haben wir die Positionen und Abstände verloren, da hat die Abstimmung nicht mehr gestimmt. Der Schlüssel zum Erfolg wird die Kommunikation sein. Daran müssen wir arbeiten.“
Die weiße Weste glänzt – sechster Sieg im sechsten Spiel
Dennoch: Sechs Pflichtspiele, sechs Siege, lediglich zwei Gegentore im Supercup gegen den VfL Wolfsburg. Die Bilanz liest sich fast makellos. Die Defensive, getragen von Vanessa Gilles, Ena Mahmutovic und Magdalena Eriksson war stabil. Vorne entschied Harder mit ihrer Präzision das Spiel. Bayern demonstrierte nicht nur Dominanz, sondern Eleganz, Geduld und Respekt vor dem Gegner.
„Es war ein wichtiger Sieg“, fasste Harder zusammen. „Vielleicht nicht unser bestes Spiel, aber entscheidend ist, dass wir weitergekommen sind. Dortmund ist ein großer Verein, und ich freue mich, dass sie jetzt auch eine Frauenmannschaft haben. Das ist gut für den Fußball in Deutschland.“

Als der Schlusspfiff ertönte, erhoben sich die Zuschauer in der Rote Erde und applaudierten. Nicht nur den Siegerinnen, sondern auch den eigenen Spielerinnen, die sich mit Stolz geschlagen gaben. Bayern hatte gewonnen, Dortmund hatte sich Respekt verdient Für die Münchnerinnen war es ein erster Schritt auf dem Weg zur Titelverteidigung. Für den Frauenfußball wie Borussia Dortmund war es ein Abend, der zeigte, wie groß die Begeisterung hierzulande mittlerweile ist. Und für Pernille Harder war es eine Erinnerung daran, warum sie zu den Spielerinnen gehört, die Spiele nicht nur entscheiden, sondern prägen können. So wird dieser Montag in Erinnerung bleiben. Nicht bloß als ein erster Sieg gegen den BVB, sondern als ein Abend, der einmal mehr die Bedeutung Pernille Harders für die FC Bayern Frauen offenbarte: nicht nur in diesem Moment, sondern als leuchtender Maßstab für die ganze bevorstehende Spielzeit.
Der Spielbericht zum Duell gegen den BVB:
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