Zum ersten Mal seit Mitte der 90er Jahre hat die Schachabteilung des FC Bayern München wieder ein positives Punktekonto in der Schachbundesliga aufzuweisen. Das ist das aufregende Ergebnis des ersten Heimwochenendes der laufenden Saison, an dem mit dem Sieg gegen den SC Viernheim zunächst eine dicke Überraschung gelang und dann auch gegen den Aachener SV die erhofften zwei Punkte auf dem eigenen Konto landeten.
Am Samstag stand zunächst das Match gegen die mit mehreren Topspielern jenseits der 2600 ELO-Punkte antretenden Viernheimer auf dem Programm. Es entwickelten sich extrem spannende Partien, die die zahlreich erschienenen Zuschauer außer Atem hielten. An mehreren Brettern waren die Stellungen teilweise derart unübersichtlich, dass für den Betrachter im Spielsaal fast jedes Ergebnis möglich schien.
Wem das zu komplitziert war, der konnte sich im 2. Obergeschoss des Kulturhauses Milbertshofen den Live-Kommentar von Großmeister Klaus Bischoff anhören, der wie immer bei den Heimkämpfen des FC Bayern die aktuell laufenden Partien sachkundig und für jedermann verständlich kommentierte. Allerdings musste man gerade am Samstag hier durchaus "rechtzeitig" erscheinen, um noch einen Sitzplatz zu ergattern, so groß war der Publikumsandrang.
Was es zu kommentieren bzw. im Spielsaal zu sehen gab, hätte schlicht nicht besser für die Mannschaft in den roten Trikots laufen können. Bis zu Zeitkontrolle fielen an drei Brettern die Entscheidungen für uns, wobei Zoltán Ribli sehr sicher gewann, und Noel Studer sowie insbesondere Nico Georgiadis am Ende aus komplizierten Stellungen heraus die Oberhand behielten. Mit den beiden Remisen von Miguel Santos Ruiz und Martin Lokander stand es damit 4-1. In den übrigen drei Partien bemühten sich Sebastian Bogner und Michael Fedorovsky darum, ebenfalls noch den vollen Punkt einzufahren, was aber in beiden Fällen nicht mehr gelang. Dennoch war damit beim Stande von 5-2 die Überraschung perfekt. Und so war es am Ende für die Mannschaft zu verschmerzen, dass Valentin Dragnev sein ebenfalls kompliziertes Endspiel mit Mehrfigur gegen mehrere Freibauern am Königsflügel schließlich nicht mehr halten konnte.
Damit waren die beiden Punkte, die sich die Mannschaft für das Wochenende vorgenommen hatte, plötzlich nun schon am Samstag da. Und diese beiden Punkte wollten die Gastgeber am Sonntag gegen den Aachener SV natürlich nicht gleich wieder "verspielen". Dementsprechend war hier noch einmal volle Konzentration von Nöten, zumal sich die Aachener erheblich zur Wehr setzen und bei ihrem Gastspiel in München keineswegs wir ein Tabellenletzter auftraten. Das mussten dann auch Nico Georgiadis und Zoltán Ribli akzeptieren, denen Ungenauigkeiten unterliefen, die ihren jeweiligen Gegnern entscheidenden Angriff ermöglichten. Glücklicherweise gab es aber genügend Gewinnpotenzial an anderen Brettern, wobei Martin Lokander, Noel Studer und Miguel Santos Ruiz in dieser Reihenfolge volle Punkte verbuchten und unsere Mannschaft damit nach vorne brachten. Relativ zeitig hatte Michael Fedorovsky bereits remisiert und dieses Ergebnis gab es am Ende auch in der Partie von Valentin Dragnev, wenn auch nach komplett anderem Verlauf. Wie immer spielte er durchaus angriffslustig, diesmal allerdings gegen einen Gegner, der sich ebenfalls nicht "hinten reinstellte". Entsprechend galt hier "Hopp" oder "Top" oder Dauerschach. Am Ende gab es Letzeres. Damit konnte Sebastian Bogner, der an diesem Wochenende das 1. Brett der Bayern "verwaltete" sein Endspiel mit zwei Läufern und ohne Bauern gegen Springer und Bauer des Gegners noch weit bis in den Nachmittag hinein "kneten". Und während die auch zu diesem Zeitpunkt noch anwesenden Zuschauer im Foyer des Kulturhauses immer noch rätselten, ob das Endspiel wohl zu gewinnen sei, stelle er eine entscheidende Zugzwangsituation her, die direkt zum Matt führte. Ein stilgerechtes Ende eines großartigen Wochenendes für die Mannschaft des FC Bayern, die mit den beiden gewonnenen Kämpfen zwei Riesenschritte in Richtung Klassenerhalt getan hat.
Bereits in 14 tagen steht nun das nächste Wettkampfwochenende in der Bundesliga auf dem Programm, zu dem unsere Mannschaft nach Hockenheim anreisen muss. Dort werden dann der gastgebende SV Hockenheim und die SG Speyer-Schwegenheim die Gegner sein. Zwei schwere Aufgaben, aber wer weiß, vielleicht ist ja auch dann wieder die eine oder andere Möglichkeit da, um Punkte zusammeln. (Wengler)
Titelfoto:
Im Vordergrund konzentriert sich Martin Lokander auf seine Eröffung gegen den Aachener SV. Im Hintergrund sind links Michael Fedorovsky und rechts Nico Georgiadis zu erkennen.
Mannschaftsaufstellungen und Einzelergebnisse:
Brett | Nr. | FC Bayern | 5 | 3 | SC Viernheim | Nr. |
1 | 2 | Bogner | 0,5 | 0,5 | Malakhov | 2 |
2 | 3 | Santos Ruiz | 0,5 | 0,5 | Kryvoruchko | 3 |
3 | 4 | Dragnev | 0 | 1 | Kovalenko | 7 |
4 | 5 | Georgiadis | 1 | 0 | Fedorchuk | 8 |
5 | 6 | Studer | 1 | 0 | Mazé | 9 |
6 | 9 | Fedorovsky | 0,5 | 0,5 | Libiszewski | 10 |
7 | 11 | Lokander | 0,5 | 0,5 | Meinhardt | 15 |
8 | 12 | Ribli | 1 | 0 | Mütsch | 17 |
Brett | Nr. | Aachener SV | 3 | 5 | FC Bayern | Nr. |
1 | 1 | Dr. Seel | 0 | 1 | Bogner | 2 |
2 | 2 | Koch | 0 | 1 | Santos Ruiz | 3 |
3 | 3 | Vandenbussche | 0,5 | 0,5 | Dragnev | 4 |
4 | 4 | Piceu | 1 | 0 | Georgiadis | 5 |
5 | 5 | Klein | 0 | 1 | Studer | 6 |
6 | 6 | Lemmers | 0,5 | 0,5 | Fedorovsky | 9 |
7 | 8 | Meessen | 0 | 1 | Lokander | 11 |
8 | 10 | Begnis | 1 | 0 | Ribli | 12 |