Saisonrückblick

Saisonrückblick - Ein Jahr der knappen Entscheidungen

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Mit dem großen Bundesliga-Finale in Berlin ging am 1. Mai eine aufregende Saison für die überregionalen Mannschaften des FC Bayern zu Ende. Und eine Woche später setzte die zentrale Endrunde in der Bezirksliga den Schlusspunkt unter eine nicht minder spannende Saison auf Münchener Ebene. Einen guten Monat ist das jetzt her. Was ist hängengeblieben aus der abgelaufenen Saison? Natürlich hat da jeder seine eigene Erinnerung. Für mich – und ich beschäftige mich ja irgendwie mit allen Mannschaften, die wir haben – war es das hohe Maß an Spannung, die vielen knappen Entscheidungen oft erst in der letzten Runde, die die Saison zu einem emotionalen Auf und Ab machten wie selten zuvor.

Keine Frage, dass der Abstieg der 1. Mannschaft aus der 1. Bundesliga in der Schachöffentlichkeit als das zentrale Ergebnis wahrgenommen wird. Zweifelsohne ist er das auch in bestimmtem Maße, schließlich ist jede 1. Mannschaft immer auch ein Aushängeschild ihres Vereins. Jeder, der in Berlin dabei war, weiß, wie knapp es war. Aber letztlich waren es eine Reihe vergebener Chancen, nicht zuletzt im „Lokalderby“ gegen Zugzwang, die die durchaus noch vorhandenen Chancen auf den Klassenerhalt zunichte machten. Das ist schade, zu dramatisieren gibt es indes nichts. Trotz des erklärten Ziels, den Klassenerhalt diesmal sogar aus eigener Kraft zu schaffen, ist letztlich etwas passiert, mit dem man auch in dieser Saison wieder hat rechnen müssen. Vielleicht ist der Abstieg in die 2. Liga auch eine gute Gelegenheit, einen neuen Anlauf zu nehmen. Die Mannschaft hat sich in den letzten Jahren durchaus „entwickelt“, und diesen Weg weiter zu gehen ist das klare Ziel. Und warum soll es dann nicht auch wieder mit dem Aufstieg klappen?

Zum Beispiel so, wie das die 1. Frauen-Mannschaft gerade vorgemacht hat. Insgesamt sehr souverän, muss man sagen. Selbst wenn natürlich auch in der 2. Frauen-Bundesliga die Entscheidung erst am abschließenden Heimwochenende fiel. Der Wiederaufstieg ist ein tolles Highlight und sorgt dafür, dass es auch in der kommenden Saison Bundesliga-Schach beim FC Bayern geben wird. Überhaupt machten die Frauen wieder einmal deutlich, dass sie sich in punkto Motivation und Begeisterung für das Schachspiel im Allgemeinen und die Mannschaften im Speziellen nichts vormachen lassen müssen. Das zeigten auch die 2. und 3. Frauen-Mannschaft in der Frauen-Regionalliga. Zu keiner Zeit hatte man da den Eindruck, dass da ein „müder Haufen“ am Werke ist. Im Gegenteil: Die Frauen-Mannschaften präsentieren sich als über die Jahre zusammengewachsene Einheit, schrittweise aufgebaut und ausgebaut auf allen Ebenen. Nicht zuletzt auch ein Verdienst des Führungsduos Carolin Dirmeier und Holger Werner, die das Organisatorische managen. Ein Job, der in den letzten Jahren immer umfangreicher geworden ist.

Eine bedauerliche Folge des Abstiegs der 1. Mannschaft war leider, dass die 2. Mannschaft ihr Aufstiegsrecht in die 2. Bundesliga nicht wahrnehmen kann. Diese Situation gab es vor einigen Jahren schon einmal (damals war es sogar ein Zwangsabstieg aus der 2. Liga), und sie tut der hervorragenden Leistung der 2. Mannschaft keinen Abbruch. In einem Dreikampf an der Spitze sicherte sie sich am vorletzten Spieltag das Aufstiegsrecht und verpasste mit einem Unentschieden in der letzten Runde nur ganz knapp den Titel in der Oberliga. Das Saisonziel Aufstiegsplatz wurde aber erreicht und das muss sicher auch im kommenden Jahr wieder das Ziel sein. Ob es dann auch tatsächlich zum Aufstieg reicht, hängt wie immer nicht nur von der 2. Mannschaft selbst ab.

Stark begonnen, fast schon am Ziel und am Ende doch gescheitert. So in etwa könnte man die Saison der 3. Mannschaft zusammenfassen. Um den Aufstieg mitzuspielen, war das erklärte Ziel. Das Ziel dicht vor Augen, 10-0 Punkte, zwei Punkte Vorsprung, die ärgsten Verfolger geschlagen. Alles schien für die 3. Mannschaft zu laufen. Und dann kamen die unnötigen Punktverluste, zu Hause gegen Haar und Mering. Natürlich kann das passieren, so ist halt der Sport. Also gilt es auch hier, im kommenden Jahr einen neuen Anlauf zu nehmen. Irgendwann, da bin ich mir ganz sicher, wird die 3. Mannschaft in die Landesliga zurückkehren. Denn da war sie ja vor Jahren schon einmal.

Die Saison in der Münchener Mannschaftsmeisterschaft brachte in vielerlei Hinsicht neues. Da wären zunächst die Ligazusammensetzung und der neue Zeitplan nach der MMM-Reform. Eine neue Spielklasse, die E-Klasse. In selbiger eine neue Mannschaft des FC Bayern, die 9. Mannschaft. Neu auch, dass wir damit erstmals in jeder Spielklasse, von der Bezirksliga bis hinunter in die E-Klasse, mit einer Mannschaft vertreten waren. Und siehe da, alle Mannschaften schlugen sich beachtlich!

Zwar begann die 4. Mannschaft ganz im Stile der Vorsaison und stand nach drei Auftaktniederlagen praktisch schon wieder mit dem Rücken an der Wand, doch dann stellten sich rechtzeitig einige Erfolge ein, und so war das Abstiegsgespenst eigentlich in der entscheidenden Saisonphase bereits vertrieben. Natürlich sollte es auf Dauer nicht der Anspruch sein, nur immer soeben drinzubleiben. Aber um mal wieder oben mitzuspielen fehlen derzeit doch einige Verstärkungen im Bereich von über 2000 DWZ-Punkten. Diese fallen jedoch nicht vom Himmel, und so bleibt momentan nur neidlos anzuerkennen, dass andere, wie zum Beispiel die Garchinger, die ebenfalls mit ihrer 4. Mannschaft in der Bezirksliga spielen, in diesem Spielstärkebereich besser aufgestellt sind.

Mit dem Abstieg hatte auch die 5. Mannschaft nicht wirklich etwas zu tun. Sie hat sich, so das Fazit der Saison, mittlerweile in der A-Klasse etabliert. Unabhängig davon, dass sie auch gar nicht in die Bezirksliga hätte aufsteigen können, ging auch nach oben nicht mehr. Derartige Erwartungen wären auch einigermaßen unrealistisch gewesen. In der A-Klasse ist die Mannschaft derzeit sehr gut aufgehoben. Sie dort hingebracht zu haben, darauf kann Thomas Lentrodt, der das Amt des Mannschaftsführers zur neuen Saison abgeben wird, durchaus mit Stolz zurückblicken.

Eine ganz besondere Geschichte ist die Geschichte der 6. Mannschaft. Gerade erst in die B-Klasse aufgestiegen, konnte das Ziel nur der Klassenerhalt sein. Dafür muss man punkten, und das tat die Mannschaft dann auch. Mal ein Sieg, mal ein Unentschieden. Punkt für Punkt etablierte sich Mannschaft zunächst im Mittelfeld, dann im oberen Mittelfeld und dann geschah das Unglaubliche. Mit dem Sieg beim Tabellenführer in der 6. Runde übernahm die Mannschaft aus heiterem Himmel die Tabellenführung. Freilich mit einer ganzen Meute an Verfolgern, die sich alle noch Chancen ausrechnen konnten, nach vorne zu kommen. Aber einmal vorn, ließ sich die Mannschaft um Mannschaftsführer Hans-Peter Dolezal die Butter nicht mehr vom Brot nehmen, gewann ihre restlichen Kämpfe und vollendete den Durchmarsch in die A-Klasse. Ein seltenes Ereignis und umso bemerkenswerter, als die Mannschaft personell quasi unverändert zum Vorjahr antrat. Jetzt also noch eine Etage nach oben, und auch dort möchte sich die Mannschaft nicht „abschlachten“ lassen. Die Planungen für das Abenteuer A-Klasse haben begonnen...

Und was schreibe ich über die 7. Mannschaft? Sie war ja in die C-Klasse nachgerückt und hat sich dort trotz eines Punktabzuges in Folge eine Aufstellungsfehlers bestens gehalten. In akuter Abstiegsgefahr war sie nicht und als es knapp zu werden drohte, machte sie die nötigen Punkte. Rein sportlich auf jeden Fall ein Kompliment wert. Aber es ist nicht das, was mir am meisten von dieser Mannschaft in Erinnerung bleibt. Für mich ist die 7. Mannschaft unter allen unseren Mannschaften diejenige, der die Mannschaftskämpfe „am sichtbarsten“ Spaß machen. Das nenne ich "Werbung" für Schach und es ist zweifelsohne auch Werbung für unseren Verein. Und das ist nicht übertrieben.

Keinen leichten Stand hatte die 8. Mannschaft in der D-Klasse. Dies nicht, weil sie sportlich nicht hätte mithalten können, schließlich spielte sie eher oben mit als unten. Aber die etwas zu dünne Personaldecke machte der Truppe doch arg zu schaffen, und so ließen sich doch einige kampflos abgegebene Punkte einfach nicht vermeiden. Auch war das Leistungsgefälle innerhalb der Mannschaft relativ groß. Alleine schon deshalb wird die Mannschaft in ihrer bisherigen Form nicht zusammen bleiben, der eine oder andere qualifiziert sich sicher für „höhere Aufgaben“. Dennoch wird auch die 8. Mannschaft eine Zukunft haben. Dafür sorgen schon allein schon die nach wie vor steigenden Mitgliederzahlen. Auch hier wird es einen „Neuanfang“ geben.

Und das in bester Gesellschaft! Denn ebenfalls in der D-Klasse wird die 9. Mannschaft antreten. Gerade erst aus der Jugendgruppe vom Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium gegründet und in der neuen E-Klasse eingestiegen, gelang sofort der Aufstieg. Eigentlich souverän unterwegs, musste nur am Ende noch ein bisschen gezittert werden, doch schließlich war der Aufstieg perfekt. Praktisch die gleiche Mannschaft trat auch als 1. Judend-Mannschaft in der untersten Jugendspielklasse an. Dort bewies sie prompt, dass sie da nicht hingehört. 100% der Brettpunkte standen am Ende auf dem Konto. Da dürfen die stärkeren Gegner gerne kommen.

Ja, und dann wären da noch unsere Senioren. „Warum haben wir keine Senioren-Mannschaft?“, fragte einst Heinz-Georg Lehnhoff. „Nimm es in die Hand, dann haben wir eine!“, war so ungefähr die Antwort. Das tat er, und zwar mit verblüffendem Erfolg. Am Ende sprang auf Anhieb der Titel des Münchner Senioren-Mannschaftsmeisters heraus. So komisch es klingt: Auch die in die Senioren-Mannschaft investierte Zeit und Mühe sind Investitionen in die Zukunft des Vereins. Alleine schon deshalb, weil die Senioren garantiert keine Nachwuchssorgen haben werden!

Was ist nun das Gesamtergebnis? „Mehr Licht als Schatten“ ist mir zu abgedroschen. Außerdem ist „Schatten“ irgendwie negativ belegt und das gefällt mir nicht. Ein schattiges Plätzchen zum Durchschnaufen habe ich noch immer zu schätzen gewusst. Und auch um die abgelaufene Mannschaftssaison mal zu reflektieren, ziehe ich das schattige Plätzchen der prallen Sonne vor. Dass ich in Wirklichkeit gerade auf dem Heimweg von einer Dienstreise bin, in einem knapp zwei Stunden verspäteten Zug sitze und es gleich Mitternacht wird, muss ich ja niemandem erzählen. (Wengler)