Die große Überraschung ist perfekt: Die Basketballer des FC Bayern feiern am 14. EuroLeague-Spieltag ihren siebten Sieg, in einem hochklassigen Fight gegen den mit Topstars beladenen Titelträger Efes Istanbul glänzten die Münchner über 40 Minuten und triumphierten 83:71 (44:38).
Die mit vier Niederlagen gestarteten Gastgeber haben somit tatsächlich ihre Bilanz ausgeglichen. Beste Werfer im zweiten Spiel ohne Topscorer Hillard (sowie Radosevic und Zipser) waren Lucic, der durch zwölf Rebounds ein Double-Double holte, Rubit und Thomas mit je 18 Punkten vor Hunter (10) sowie Jaramaz (9).
10:12 und 17:13 (6.) hieß es nach einem 10:4-Start des Heimteams, beide Mannschaften kamen flott auf Touren - 27:23 führten die Bayern nach einem hochwertigen Viertel. Efes reagierte mit intensiver Defense, doch der FCBB arbeitete dagegen und produzierte einen 44:36-Vorsprung (20.).
In der zweiten Hälfte glückte sogar der Schritt auf 49:39 (23.) - Efes agierte superphysisch und scorte viel am Brett (55:56/26.). Aber über die Distanz kontrollierte man Rebounds und das MVP-Duo Micic/Larkin. Beim 77:67 (37.) war der Coup greifbar nah - und dann real nach einem mit 17:7 Punkten dominierten Schlussakt.
Für die Bayern geht es hochtourig weiter: Für Sonntag, 18 Uhr (MagentaSport) ist der BBL-Gipfel in Berlin terminiert, ehe am Dienstag Abreise ist zur Double-Week mit der ersten Station beim Tabellendritten Olympiakos (9:5).
FC Bayern Basketball - Anadolu Efes Istanbul 83:71 (44:38)
FCBB:
Augustine Rubit (18 Punkte), Vladimir Lucic (18), Deshaun Thomas (18), Othello Hunter (10), Ognjen Jaramaz (9), Corey Walden (6), Nick Weiler-Babb (4), Jason George, Andreas Obst, Zan Mark Sisko
Topscorer Efes
Shane Larkin, Rodrigue Beaubois (18 Punkten)
Schiedsrichter
Damir Javor, Joseph Bissang, Daniel Hierrezuelo
Zuschauer
0
Die Punkteverteilung nach Vierteln (aus Sicht des FCBB): 27:23, 17:15, 22:26, 17:7.
Zahlen & Fakten - Zweier-Quote: 64 % (FCBB) // 58 % (Istanbul); Dreier-Quote: 31% // 26%; Freiwurf-Quote: 87 % // 76 %; Rebounds: 34 // 28; Assists: 21 // 13; Ballverluste: 11 // 8.
Die Stimmen:
Andrea Trinchieri, Chefcoach FC Bayern Basketball: „Das ist wirklich ein großer Sieg für uns. Wir haben Efes besiegt, den europäischen Champion mit so vielen talentierten Spielern. Sogar wenn wir in der Defense gut connectet waren, haben sie harte Würfe getroffen; Beaubois war großartig. Aber wir konnten eine großartige Teamleistung produzieren und unser viertes Viertel war unglaublich. (…) Ich kenne viele Coaches mit Ideen, aber nur die Glückspilze haben Spieler, die ihnen auch zuhören. (…) Wir entschieden, im letzten Viertel ohne einen echten Point Guard zu spielen, zugunsten der Defense - und wir haben in der Offense nicht gelitten. (…) Ich bin sehr happy und möchte meinen Spielern gratulieren. Als wir 0:4 waren und ohne Spieler wegen Covid und Verletzungen, sah es nach einem wirklich sehr hohen Berg vor uns aus. Wir haben jetzt noch nichts erreicht, nur sieben Spiele gewonnen, aber das Gefühl ist, dass das Team trotz aller Rückschläge – ohne den besten Scorer, ohne andere Spieler unserer Rückgrats – eine Balance findet. (…) Jaramaz hat seine Chance genutzt, er war unglaublich im vierten Viertel in der Offense und Defense. (…) Das war ein Spiel der Aufopferung und ein Spiel, in dem uns Jaramaz von der Bank einen immensen Schub gegeben hat. (…) Ognjen brauchte ein wenig Zeit, weil er keine Fehler machen will. Wir haben ihm einige Monate Zeit gegeben. Jetzt, ohne den Hügel, den er hochkommen musste. Er spielte großartig an beiden Enden des Feldes und war ein Schlüsselspieler für uns.“
Ognjen Jaramaz: „Das ist ein großer Sieg für uns. Wir haben das Spiel, abgesehen von einer kurzen Phase in der zweiten Halbzeit, die meiste Zeit kontrolliert, speziell in der Defensive. Ich bin sehr zufrieden damit, wie wir uns heute präsentiert haben. Ich bin sehr glücklich über diesen Sieg. Auch mit meinem eigenen Spiel bin ich zufrieden, besonders in der zweiten Halbzeit. Auch in der ersten Hälfte habe ich ordentlich gespielt, aber eben nicht gescort. Aber ich denke, dass ich defensiv ganz gut dabei war. In der zweiten Halbzeit hat mir unsere Offensive Räume verschafft, wodurch ich einige wichtige Körbe erzielen konnte. In Richtung Alba-Spiel kann ich die Atmosphäre des Derbys spüren und fühle, wie wichtig dieses Spiel gegen Berlin für Bayern München ist. “
Vladimir Lucic: „Das ist ein gewaltiger Sieg. Gegen den EuroLeague-Champion zu spielen, ist immer eine großartige Herausforderung für uns. Das ist eine tolle Mannschaft, und wir versuchen Spiele wie diese zu genießen. Ich denke, dass wir richtig gut gespielt haben. Es war in dieser Saison eines unserer cleversten Spiele in der Offensive, aber auch in der Verteidigung. Wir haben genau das gemacht, was wir wollten und verdienen diesen Sieg. Ich bin glücklich, das war ein gutes Spiel.“
Ergin Ataman, Chefcoach Anadolu Efes SK: "Die großen Bayern-Spieler kamen auf 46 Punkte, allein DeShaun Thomas und Augustine Rubit haben zusammen 36 Punkte erzielt. Darauf haben wir mit unseren großen Leuten keine Antwort gefunden. Wir sind nur dank der Leistungen von Larkin und Beaubois im Spiel geblieben. Ich wollte noch einmal betonen, dass Bayern mit Hilliard ihren besten Scorer vermisst. Für Bayern ist das ein großartiger Sieg, für uns ist dieser Basketball, den wir heute gespielt haben, beschämend."
Das Spiel:
Corey Walden, Nick Weiler-Babb, Vladimir Lucic, Deshaun Thomas und Augustine Rubit waren die Starter von FCBB-Coach Andrea Trinchieri. Der FCBB kam gegen den Favoriten vom Bosporus beeindruckend gut in die Partie. Die Verteidigung stand, die Würfe saßen - besonders Walden versenkte gleich zu Beginn zwei Dreier (10:4/3. Spielminute). Tibor Pleiss war auf Seiten der Türken mit sieben Punkten nicht nur körperlich herausragend und brachte die Gäste in Führung (10:12/5.). Die Münchner ließen sich nicht sonderlich beeindrucken und korrigierten das umgehend. Wenn denn Fans anwesend gewesen wären, hätten sie den feinen Alley Oop-Dunking von Lucic ordentlich bejubelt (17:13/6.). Die Bayern waren offensiv voll fokussiert und behaupteten die Führung, erzielten im ersten Viertel starke 27 Punkte, Istanbul 23.
Istanbul kam mit mehr defensivem Dampf aus der Viertelpause und rückte den Bayern auf den Pelz, Auszeit Trinchieri (29:28/13.). Hunter stoppte den 7:0-Lauf Anadolus (31:30/13.). Anführer Lucic spielte einmal mehr überragend und riss seine Mitspieler mit (37:34/16.). Die Defensive der Münchner zwang den Gegner ebenfalls zu Fehlern und machte dem genialischen Duo Larkin/Micic das Leben schwer. Von enormer, weil entlastender Bedeutung war ein Treffer von Weiler-Babb, auf Rubit war sowieso Verlass - Auszeit Anadolu (43:36/19.). Bemerkenswert war auch die Zuverlässigkeit beim Rebound, Istanbul gelang in der ersten Hälfte lediglich ein Offensivrebound. Der FCBB lag nach 20 Minuten 44:38 vorne.
Lucic bereits nach drei Vierteln mit dem Double-Double
Trinchieri forderte im Halbzeit-Interview eine noch bessere Verteidigung von seiner Mannschaft. Lucic führte sich gleich wieder gut ein: mit dem Dreier zum 47:39 (21.). Thomas erhöhte die Führung erstmals zweistellig (49:39/22.). Zum unpassenden Zeitpunkt ärgerten sich die Gäste über eine Entscheidung der Unparteiischen und münzten ihren Unmut in Leistung um - in Windeseile arbeiteten sie sich heran und mit einem 13:4-Lauf an den Münchnern vorbei in Führung (55:56/26.). Aber Bayern fightete mit aller Leidenschaft und blieb mit energischen Treffern von Hunter dran (61:61/28.). Lucic verwandelte zwei Freiwürfe zur 63:62-Führung, Jaramaz dann mit dem Knaller-Dreier zum 66:62. Nach dem dritten Viertel war der FCBB 66:64 in Front.
Ognjen Jaramaz legt los
Jaramaz kompensierte kleinere Unsicherheiten aus den Vierteln zuvor mit einem entschlossenen Dunking über Larkin hinweg (68:64/32.). Istanbul ließ defensiv die Zügel schleifen, Thomas machte sich das zunutze und haute den Dreier zum 71:66 rein (33.). München verteidigte mit Herz und Verstand, auch im Angriff wurde geduldig und schnell passend die beste Option gesucht. Die Gäste suchten nach dem Rhythmus, trafen aber nix - die Bayern angelten sich die Defensivrebounds. Istanbul blieb rund vier Minuten ohne Korberfolg, Jaramaz hatte nun Selbstvertrauen für zwei (75:66/37.). Thomas war eine Bank, wühlte sich mit dem Rücken zum Korb durch und schloss gefühlvoll mit links ab (77:67/37.). Noch drei Minuten auf der Uhr und zweistellig in Führung - das musste doch reichen. Istanbul war im Begriff, zur Aufholjagd zu blasen (77:71/noch 105 Sekunden), als Jaramaz den Turbo zündete und kunstvoll per Korbleger abschloss (79:71/noch 90 Sekunden). Das Spiel war gewonnen, die Sensation perfekt.
(C): Pahnke, Stickel, Eirich, FCBB