Franck Ribéry musste sich mit den Händen auf den Knien abstützen, als er um kurz vor 18 Uhr am Samstagabend vor der Südkurve stand. Eigentlich wollte der Franzose ein paar Worte an seine Fans richten, doch er brachte nichts heraus. Übermannt von seinen Gefühlen rannten die Tränen über seine Wangen, als dem 36-Jährige doch noch ein zittriges „Dankeschön“ über die Lippen glitt. Es war der Höhepunkt eines atemberaubenden Tages, an dem der FC Bayern drei große Spieler der Vereinsgeschichte verabschiedete und sich mit einem 5:1-Sieg über Eintracht Frankfurt zum 29. Mal zum Meister krönte.
„Da kann man nicht besser Regie führen“, fasste Uli Hoeneß den 34. Spieltag der Saison 2018/19 zusammen, an dem schon das Wetter mit strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen die perfekten Rahmenbedingungen schaffte. Den ersten emotionalen Moment gab es bereits vor dem Anpfiff, als Arjen Robben, Rafinha und Ribéry für ihre großartigen Leistungen im Bayern-Trikot geehrt und verabschiedet wurden. „Viele Emotionen gehen da durch den ganzen Körper. Das kann man mit Worten nicht beschreiben“, meinte Robben, der ebenfalls Tränen in den Augen hatte, als Bilder seiner Karriere gezeigt wurden.
Volle Power für den Titel
Als wenig später dann der Ball rollte, wurde sofort klar, dass die Münchner keinen Zweifel daran lassen wollten, wer am Ende die Schale in den Händen halten dürfe. „Das war ein Endspiel für uns. Wir wollten nicht nur gewinnen, wir wollten zeigen, wer der deutsche Meister ist“, erklärte Robert Lewandowski, der sich mit insgesamt 22 Treffern erneut die Torjägerkanone sicherte, hinterher. Die Bayern drückten sofort aufs Gas und Kingsley Coman brachte sein Team bereits nach vier Minuten in Führung.
In der Folge drängten Lewandowski & Co. auf den zweiten Treffer, doch der Ball wollte vorerst nicht mehr über die Linie. „Ich habe noch nie ein Spiel auf hohem Niveau gesehen, wo der FC Bayern so viele hundertprozentige Torchancen gehabt hat. Der Trapp hat ja gehalten wie ein Wahnsinniger“, zollte Hoeneß dem Frankfurter Keeper, der ein ums andere Mal stark parierte, seinen Respekt. Auch wegen ihm ging es nur mit einem kleinen Vorsprung in die Kabine, der kurz nach der Halbzeit durch den eingewechselten Sebastian Haller (50.) sogar egalisiert wurde.
Alabas Tor als Knotenlöser
Doch der FCB ließ sich davon nicht beirren und David Alaba (53.) schoss die Hausherren quasi im Gegenzug wieder in Front. „Das Tor von David war dann das wichtigste“, so Hoeneß, der wie Thomas Müller empfand, dass danach „der Knoten geplatzt ist“. „Nach dem 2:1 war klar, dass wir aufgrund der harten Saison der Frankfurter Räume bekommen und die haben wir sehr gut bespielt“, analysierte Niko Kovac ähnlich. Und so konnte Renato Sanches bereits in der 58. Minute das 3:0 nachlegen. Für den Portugiesen war es der erste Bundesliga-Treffer überhaupt und für die Bayern der Auftakt zu ganz speziellen Momenten.
Denn kurz darauf stand Ribéry zur Einwechslung bereit (61.) und wenig später bekam auch Robben sein Zeichen für seinen Einsatz (67.). Mit einem Vollsprint kam der Holländer zur Bank. „Es war wie ein Windhund, der beim Start raus aus dem Käfig wollte. Ich wollte schnell rein, genießen und Spaß haben“, beschrieb der 35-Jährige diesen Augenblick. So standen Robbéry zum 100. und letzten Mal gemeinsam bei einem Pflichtspiel in der Allianz Arena auf dem Platz und es dauerte nur vier Minuten, ehe der Franzose das Stadion zum überkochen brachte.
Tore und die Schale zum Abschied
Nach einem tollen Dribbling lupfte er die Kugel zum viel umjubelten 4:1 ins Netz (72.) und nicht nur beim Torschützen brachen alle Dämme. „Als er an so einem Tag so ein unglaubliches Tor geschossen hat, da hat es mich übermannt, weil ich mich für ihn gefreut habe“, berichtete Hoeneß, dass er mit feuchten Augen auf der Tribüne saß. „Franck hat ein Tor gemacht, das war Weltklasse, das war absolut top, das kann man nicht besser machen“, zeigte sich auch Karl-Heinz Rummenigge begeistert. Und es sollte noch besser kommen, denn auch Robben war ein Tor zum Abschied aus seinem Wohnzimmer vergönnt (79.). Der Flügelflitzer setzte den 5:1-Schlusspunkt und bescherte sich und den Bayern somit das „Happy End“, wie er es selbst bezeichnete.
Ein Abschied, wie man ihn sich nicht besser hätte ausdenken können, denn am Ende gab es ja auch noch die Trophäe. Zum siebten Mal in Folge geht die Schale also nach München und erstmals haben die Bayern die Entscheidung im Titelkampf in der heimischen Allianz Arena vollbracht. Einziger Wehrmutstropfen war die verletzungsbedingte frühe Auswechslung von Leon Goretzka und der damit verbundene verwehrte Einsatz für Rafinha. Alles in allem war es jedoch ein bemerkenswerter Tag, den alle Beteiligten nie vergessen werden. „Meine ganze Familie ist aus Frankreich gekommen. Das ist ein spezieller Moment. Es war auch schwer, aber was für mich zählt, ist, dass wir Meister sind“, brachte Ribéry diesen Bilderbuchtag auf den Punkt.
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