Das Präsidiumsgespräch in der Allianz Arena ist längst zur Tradition geworden – doch in Zeiten von Corona leider nicht möglich. Um den Kontakt zur Basis dennoch zu halten, beantworten Präsident Herbert Hainer, Prof. Dr. Dieter Mayer und Walter Mennekes in der aktuellen sowie der Juni-Ausgabe des Club-Magazins „51“ die wichtigsten Fragen unserer Mitglieder.
Die Fragerunde mit dem Präsidum des FC Bayern
1 – Burkhard Jurk, Spremberg (FCB-Mitglied seit 2016): Wie wird sich der FC Bayern und die Bundesliga nach Corona verändern, was wird bleiben und worauf werden wir verzichten müssen?
Herbert Hainer: „Es kann heute niemand seriös und präzise sagen, wie sich unsere Gesellschaft, die Bundesliga und letztendlich der FC Bayern durch die Corona-Pandemie verändern wird. Aber klar ist eines, es wird für einige Vereine und die Bundesliga insgesamt neben dem sportlichen Wettbewerb künftig auch um ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept und damit um die Existenz gehen. Wir wollen natürlich alle, dass so schnell wie möglich wieder der Ball rollt – am liebsten in vollen Stadien, vor begeisternden Zuschauern und Fans. Aber in erster Linie geht es jetzt um die Gesundheit der Menschen, dies muss oberste Priorität haben. Deshalb werden wir uns nach heutiger Erkenntnis zunächst und für einige Zeit mit Spielen vor leeren Rängen abfinden müssen.“
2 – Tarik Joosten, Varel (FCB-Mitglied seit 2013): Wie wird sich die Corona-Krise auf die Transferaktivitäten des FC Bayern auswirken?
Herbert Hainer: „Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir eine sehr starke Mannschaft haben, die ja noch in allen drei Wettbewerben vertreten ist. Und ich freue mich sehr, dass wir unsere Cheftrainer-Position mit Hansi Flick für die kommenden Jahre hervorragend besetzen und mit Thomas Müller bis 2023 sowie mit Alphonso Davies bis 2025 verlängern konnten. Dazu sind wir bestrebt, mit unseren weiteren Leistungsträgern Manuel Neuer, Thiago und David Alaba die bestehenden Verträge zu verlängern. Persönlich glaube ich, dass sich die Transfersummen sicherlich verändern werden, da viele der Klubs – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit – nicht mehr in der Lage sein werden, diese Gelder zu bezahlen. Und es wäre sehr gut, wenn wieder ein bisschen Vernunft einkehren würde, um die Auswüchse der vergangenen Jahre zu begradigen. Natürlich wollen wir auch nach der Krise ein wettbewerbsfähiges Team haben, das in allen nationalen und internationalen Wettbewerben um den Titel mitspielen kann. Dies muss das Ziel des FC Bayern sein. Dafür arbeiten wir hart, und das werden wir auch schaffen.“
3 – Jonathan Heistermann, Potsdam (FCB-Mitglied seit 2006): Wie sieht angesichts der Rekord-Mitgliederzahl die konkrete Strategie aus, um auch weiterhin eine aktive Vereins-Mitgestaltung der Mitglieder zu gewährleisten? Besteht künftig etwa die Möglichkeit einer digitalen Mitgliederversammlung?
Prof. Dr. Dieter Mayer: „Die Mitgliederdemokratie ist ein ganz wichtiger Punkt, der uns besonders am Herzen liegt. Nach den Vorgaben des Gesetzes fasst ein Verein grundsätzlich seine Beschlüsse in einer Mitgliederversammlung mit physisch anwesenden Mitgliedern. Am 25. März dieses Jahres hat der Gesetzgeber ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, um die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Hierzu gehören auch Erleichterungen für die Abhaltung einer Mitgliederversammlung im Vereinsrecht. Nach diesen Bestimmungen darf der Vorstand eines Vereins auch ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Vereinssatzung eine virtuelle Teilnahme der Mitglieder erlauben. Wir alle hoffen aber natürlich sehr, dass wir unsere diesjährige Jahreshauptversammlung im gewohnten und liebgewonnenen Rahmen abhalten können, denn sie lebt ja gerade auch von der Begeisterung unserer Mitglieder, dem persönlichen Austausch mit Ihnen und der besonderen Stimmung im Saal.“
„Unabhängig davon wird sich die vom Präsidium im Februar eingesetzte Satzungskommission darüber Gedanken machen, wie man insbesondere durch den Einsatz moderner Kommunikationsmedien eine aktivere Mitwirkung unserer zahlreichen Mitglieder am Vereinsleben sicherstellen kann. Die enorme Herausforderung, der wir uns stellen müssen, ist letztlich die Größe unseres Vereins. Das Vereinsrecht ist nun mal nicht für Vereine mit fast 300.000 Mitgliedern gemacht. Unser Verein hat weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen, unseren Mitgliedern eine elektronische Kommunikation zu ermöglichen, wie es die großen deutschen Aktiengesellschaften tun. Zudem geht es darum, Missbrauchsgefahren entgegenzuwirken, die sich daraus ergeben können, dass keine eindeutige Identifizierung der Teilnehmer der Mitgliederversammlung möglich ist. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es unser großes Zukunftsziel ist, die Kommunikation mit unserem Klub und die Partizipation unserer Mitglieder am Vereinsleben zu verbessern. Das beste Kommunikationsmedium für uns ist dabei unser Vereinsmagazin ,51‘. Darüber hinaus stehen wir per Mailverkehr in regem Austausch mit unseren Mitgliedern. Wir sind für jede Anregung und Idee Ihrerseits äußerst dankbar.“
4 – Holger Spille, München (FCB-Mitglied seit 1998): Warum stellt der FCB eine private Dauerkarte nicht auch als E-Ticket zur Verfügung? Technisch sollte das ja 2020 kein Problem sein.
Herbert Hainer: „Es ist bereits ein Projekt für eine ,mobile Dauerkarte‘ beim FC Bayern München aufgesetzt worden. Wir arbeiten daran, unseren Fans diesen zusätzlichen Service anbieten zu können. Ein konkreter Zeitpunkt für die Einführung steht jedoch aufgrund der Komplexität der mobilen Dauerkarte noch nicht fest.“
Neben dem Präsidiumsgespräch ist die aktuelle Ausgabe des „51“ wiede vollgepackt mit weiteren spannenden Themen rund um den FC Bayern:
5 – Felix Hartmann, Präsident des Fanclubs „Marina Schickeria“ in Dubai (FCB-Mitglied seit 2016): Welche Strategie beabsichtigt der FC Bayern bezüglich der in die Kritik geratenen Partnerschaft mit Katar in Anbetracht und Einbeziehung der internationalen Ausrichtung und Vermarktung unseres Vereins, die sich derzeit vornehmlich auf China/Asien und Nordamerika ausrichtet?
Herbert Hainer: „Der Fußball spielt heute im globalisierten Raum. Deshalb haben wir die Chance, internationale Märkte zu erschließen und damit auch neue Einnahmen, die beim FC Bayern immer in die Qualität der Mannschaft investiert werden. Man darf nicht vergessen: Der wichtigste Auftrag von uns allen, die wir hier Verantwortung tragen, ist eine Mannschaft zusammenzustellen, die erfolgreichen und attraktiven Fußball spielt. Deshalb ist die Internationalisierung für den FC Bayern wie für jeden anderen großen Verein von einer besonderen Bedeutung geworden, und neben unseren Fokusmärkten USA und China beschäftigen wir uns auch zunehmend mit anderen Ländern.“
„Konkret zu Katar: 2016 hat der Vorstand der FC Bayern München AG einer Sponsor-Partnerschaft mit der Qatar Airways Group zugestimmt. Gleichzeitig wurde entschieden, einen Dialog auch über sozial kritische Themen mit unseren Partnern in Doha zu führen, weil wir einen Beitrag leisten wollen als Brückenbauer und Wertevermittler zwischen den Kulturen. Allerdings nicht in Form von öffentlichen Pranger-Veranstaltungen, sondern in vertraulichen Gesprächen mit unseren Partnern. Vertrauen und Respekt sind die Grundlagen für Veränderung. Nur wer Vertrauen und Respekt erwirbt, kann überhaupt etwas ändern. Darin haben uns übrigens Vertreter der Bundesregierung sowie die öffentliche Gesellschaft bestärkt, auch die International Labour Organisation, die jahrelang ein großer Kritiker Katars war und nun in Doha moderne Arbeitsrechtsstrukturen aufbauen darf und soll.“
6 – Mike Brökeler, Holzminden (FCB-Mitglied seit 1975): Nach den Vorfällen in Hoffenheim kündigte Karl-Heinz Rummenigge ein drastisches Durchgreifen gegen die Verursacher an. Was ist seitdem passiert?
Herbert Hainer: „Wir haben eine Kommission zur Aufarbeitung der Vorfälle installiert, die in Kontakt mit der Sonderermittlungsgruppe der Polizei in Mannheim ist. Dort sind die Ermittlungen noch nicht vollständig abgeschlossen, natürlich auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise. Intern haben wir entsprechende Maßnahmen bereits vorbesprochen und werden diese nach Ende der Ermittlungen umsetzen und dann auch kommunizieren.“
7 – Rupert von Buddenbrock, Plön (FCB-Mitglied seit 2020): Neben Fußball und Basketball genießt auch der Handballsport großes Ansehen in Deutschland und Europa. Warum wurde bisher ein Projekt Spitzenhandball beim FC Bayern nicht verfolgt – und gibt es die Chance, dass dies angegangen wird?
Walter Mennekes: „Das Präsidium hat schon vor einigen Jahren den Grundsatzbeschluss gefasst, neben Fußball und Basketball keinen weiteren Sport beim FC Bayern zu professionalisieren. Wenn wir etwas machen, wollen wir dies richtig machen. Und man unterschätzt leicht den personellen Aufwand und die Leidenschaft, die für ein solches Projekt nötig sind – insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir immer den Anspruch haben, dass sich ein solches Projekt wirtschaftlich von selbst tragen soll. Vor genau zehn Jahren gab es nach der positiven Mitgliederbefragung die Entscheidung pro Basketball und dazu stehen wir.“
8 – Armin Kurz, Creußen (FCB-Mitglied seit 2020): Ist es möglich, bei künftigen „Geisterspielen“ Pappfiguren in der Allianz Arena aufzustellen und Fan-Gesänge über Lautsprecher zur Unterstützung unserer Mannschaft abzuspielen?
Herbert Hainer: „Das Fanprojekt von Borussia Mönchengladbach hatte die Idee mit den Pappfiguren ja bereits als Charity-Aktion umgesetzt, was ich sehr charmant fand. Wir nehmen das Thema gerne mit, allerdings gibt es zu bedenken, dass es hier große Auflagen seitens der Brandschutzbehörden geben wird. Bezüglich der Fan-Gesänge ,vom Band‘ muss ich Sie, lieber Herr Kurz, jedoch leider enttäuschen. Die Spielordnung der DFL hat genau festgelegt, wofür die Stadionbeschallung vor, während und nach einem Spiel zum Einsatz gebracht werden darf – und während des laufenden Spiels darf sie nur für wesentliche spielbezogene Informationen für die Stadionbesucher genutzt werden, also zum Beispiel bei Ein- und Auswechslungen.“
9 – Christian Raith, Wolnzach (FCB-Mitglied seit 1999): Werden unsere Amateure auch in der nächsten Saison nach dem wahrscheinlichen Aufstieg von Türkgücü München im Grünwalder Stadion spielen?
Herbert Hainer: „Wir gehen fest davon aus, dass unsere zweite Mannschaft auch in der kommenden Saison ihre Heimspiele im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße austragen wird. In sehr konstruktiven Gesprächen mit der Stadt München haben wir diese Erwartungshaltung stets hinterlegt. Wir werden notfalls mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür kämpfen, dass wir wie seit vielen Jahrzehnten auch in Zukunft im Grünwalder Stadion spielen werden.“
Die Profis des FC Bayern bereiten sich aktuell auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor:
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