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Neun Jahre mit Javi Martinez: In Bayern verwurzelt

Fotos: © Amelie Niederbuchner

Javi Martínez ist beim FC Bayern schnell heimisch geworden. In einer Zeit, in der sich im Fußball die Frage nach der Identität immer öfter stellt, blieb er sich und seinem Verein neun Jahre treu. Ein tolles Vorbild. Zum Abschied sagen wir: Gracias, Javi!

Plötzlich, mitten während des Spaziergangs, mitten im Plaudern, mitten im Satz, bleibt Javi Martínez abrupt stehen, um sich zu bücken. Er hebt ein zerknittertes, dreckiges Blatt Papier auf – Müll, hier auf dem Waldboden am Isarufer, das kann nicht liegen bleiben, sagt er, knüllt den Fetzen zusammen und behält ihn bis zum nächsten Abfalleimer in seiner Faust. Eine kleine Geste, sie sollte für alle normal sein, aber die vielen Hinweisschilder an der Isar mahnen die Leute nicht umsonst, auf die Umwelt zu achten. Längst nicht alle schützen die Natur so wie Javi Martínez. „Ich liebe die Isar, ich liebe die ganze Stadt München“, sagt er. Die kleine Geste ist auch ein großes Stück Heimatpflege.

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Javi Martínez fühlte sich in München pudelwohl und fand hier eine zweite Heimat.

Als Javi Martínez im Sommer 2012 mit seinen 23 Jahren aus Bilbao nach Bayern kam, dachte er selbst nicht, dass er hier den Großteil seiner Karriere und seine besten Jahre als Fußballer verbringen würde. Er schlug schnell Wurzeln, es entstand eine tiefe Bindung, für ihn und seine Familie mit den beiden Kindern. „München ist unser Zuhause geworden“, sagt er, „wenn ich im Urlaub eine Woche mit meiner Familie daheim in Ayegui bin, vermisse ich München schon.“ Er stammt aus den Bergen Spaniens, auch dort sei die Natur schön – „und jetzt schau dich hier um“, sagt er, „du kannst zu Fuß oder mit dem Rad durch den Wald, du kannst im klaren Flusswasser baden: Welche Stadt auf der Welt kann dir das bieten?“

Gegen den Strom schwimmen

Schon an seinen ersten Tagen beim FC Bayern hatte Martínez das Gefühl, dass er „am liebsten für immer bleiben“ wollte. „Mir ging es auch immer darum, die Menschen zu verstehen, die Region, die Kultur, die Sprache – das schafft Identität, und Identität ist mir wichtig.“ Ist ihm bewusst, dass er ziemlich gegen den Strom schwimmt in einer Zeit, in der sich viele immer wieder neu orientieren mit der Aussicht auf mehr, mehr von irgendwas, meistens mehr Geld? Auch Javi Martínez kam einst für die damalige Rekordablöse von 40 Millionen Euro, aber er wurde nie zum sündhaft teuren Söldner, sondern entpuppte sich als eine Investition, die jeden Cent wert war und die über Jahre verlässlich zurückzahlte. Er ging immer mit offenen Augen durch die Welt. Unvergessen ist, wie er zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 am Münchner Hauptbahnhof Kleidung und Spielsachen verteilte. Auch im letzten Jahr engagierte er sich, um Menschen zu helfen, die wegen Corona in Not geraten waren.

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Auf dem Weg zum Triple 2013 war Javi Martínez einer der entscheidenden Spieler.

Der 32-Jährige erinnert sich noch heute genau an seinen Start in München. Der FC Bayern hatte ein paar Wochen zuvor das „Finale dahoam“ verloren, von dieser spektakulären Verwundung hätten sich andere nicht schnell erholt. „Sie waren so knapp dran, hätten es verdient gehabt und hatten so gelitten – die Spieler wie die Fans“, ruft Martínez die Bilder ab. „Ich habe aber danach an jedem Tag im Training in die Gesichter von Philipp Lahm, Basti Schweinsteiger, Manuel Neuer geschaut und gesehen: In diesem Verein ist etwas ganz Besonderes. Da war dieser unbedingte Wille, diesen Titel zu holen.“

Martínez holt Titel um Titel

Was in den folgenden Monaten passierte, ist (Fußball-)Geschichte. Nach seiner ersten Saison feierte der FC Bayern das erste Triple seiner Vereinsgeschichte, Javi Martínez war für viele im Finale vom Wembley der Mann, der zuvor gefehlt hatte. Insgesamt wurde er neunmal Meister, fünfmal DFB-Pokalsieger, holte zweimal die Klub-WM, ein zweites Mal die Champions League – und wurde mit zwei entscheidenden Treffern in zwei Endspielen der „Mr. Supercup“ des FCB.

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„Bei einem so großen Verein musst du jeden Tag deine Leistung bringen – und in meinen Augen ist der FC Bayern ein Verein, den man nicht verlässt, wenn man nicht wirklich gute Gründe hat. Im Fußball ist leider nichts für immer, daher ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, Servus zu sagen. Aber mein Herz wird immer diesem Verein gehören. Die Farben des FC Bayern auf dem Platz zu tragen, für diese großartigen Fans, das werde ich nie vergessen. Ich habe jeden Tag hier genossen.“

Bevor er ins Auto steigt und ein letztes Mal winkt, wirft er den Fetzen Papier in den Mülleimer am Parkplatz. Stilvoller, sauberer Abgang, bis zum Schluss ein Vorbild, über den Fußballplatz hinaus. Servus, Javi Martínez – danke für neun tolle Jahre und danke dafür, dass du hier Wurzeln geschlagen hast! 

Das ausführliche Abschieds-Porträt gibt es im FC Bayern Mitgliedermagazin „51“ .

Im Interview spricht Jérôme Boateng  über seinen Abschied vom FC Bayern und darüber, was einen modernen Verteidiger ausmacht:

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