Die Statue von Kurt Landauer bekommt immer wieder Besuch, auf ihrer Bank, die einer Fankurve nachempfunden ist, als Symbol, dass hier alle Menschen Platz finden sollen. Nicht nur für die Fans des FC Bayern hat das Denkmal auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße eine besondere Bedeutung: Erst vor wenigen Wochen kam wieder einmal eine Anfrage für eine Reportage aus Israel. Medienvertreter reisten eigens aus Tel Aviv an, um den ehemaligen Präsidenten des deutschen Rekordmeisters zu thematisieren, weil seine Lebensgeschichte weit über Bayern hinausreicht. Am Sonntag, 28. Juli, ist es auf den Tag genau 140 Jahre her, dass Kurt Landauer in Planegg bei München geboren wurde.
„Seine Geschichte lebt und bewegt bis heute“, sagt FCB-Präsident Herbert Hainer über einen seiner prägendsten Vorgänger der Vereinsgeschichte. „Kurt Landauer steht mit seinem Wirken für eine Haltung und Weltanschauung, die nie aus der Zeit fallen werden. Er erlebte den Terror des Holocausts, verlor Familienmitglieder, Freunde und Weggefährten, musste aufgrund seiner jüdischen Wurzeln aus Deutschland fliehen – aber er kehrte nach dem Krieg zurück und reichte den Menschen in seiner Heimatstadt München die Hand: Ein Vorbild für Versöhnung, ein Vorbild dafür, dass man auch die tiefsten Gräben überwinden und gemeinsam etwas aufbauen kann. Dafür werden wir Kurt Landauer immer dankbar sein.“
Wegbereiter für den Aufstieg zum Weltclub
Die Fans würdigen den Ehrenpräsidenten seit Jahren in großartigen Choreographien in der Allianz Arena, und der gleichnamige Stiftung eV, der aus der Kurve heraus entstand, finanzierte und realisierte unter anderem die Skulptur am Trainingsgelände, das der FC Bayern ohne seinen ehemaligen Präsidenten nicht als Heimat bezeichnen dürfte, weil Landauer einst alles unternahm, damit der Verein dort Wurzeln fassen konnte. Mit ihm als Präsidenten feierte der FC Bayern 1932 seine erste Deutsche Meisterschaft – aber vor allem war Landauer nach dem Krieg nach seiner Rückkehr ins Amt nicht nur einer der maßgeblichen Wegbereiter für den Aufstieg zum Weltclub, sondern steht für zahlreiche Kapitel in der Vereinsgeschichte, die nicht von Kreidelinien eines Fußballfeldes begrenzt sind.
In der heutigen Zeit sei es wichtiger denn je, dass man sich in der Erinnerungskultur engagiert, sagt Hainer und fügt hinzu: „Erinnern allein reicht nicht.“ Genau hier setzt der FC Bayern nicht zuletzt mit seiner Initiative „Rot gegen Rassismus“ für Vielfalt und gegen Ausgrenzung jeder Art sowie seiner Arbeit im FC Bayern Museum an, skizziert der FCB-Präsident: „Die nationalsozialistischen Verbrechen waren auch möglich, weil zu viele Menschen weggeschaut haben. Daher ist es heute von entscheidender Bedeutung, aktiv zu sein, sich einzusetzen und bei radikalen Auffassungen zu widersprechen, um hier keinen Spielraum zu lassen.“
„Ein Vorbild für Versöhnung, ein Vorbild dafür, dass man auch die tiefsten Gräben überwinden und gemeinsam etwas aufbauen kann. Dafür werden wir Kurt Landauer immer dankbar sein.”
Herbert Hainer über Kurt Landauer
Erinnerungsarbeit müsse „zu einem gesellschaftlichen Motor werden“, hatte Hainer anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktags Anfang des Jahres in einer Rede in der Israelitischen Kultusgemeinde von München und Oberbayern (IKGM) erklärt: „Wir wollen für die Fehler von gestern sensibilisieren – und die Erinnerungsarbeit mit Leben füllen, um zur Entwicklung von morgen beizutragen.“ Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, hatte im Rahmen von gemeinsamen Schabbat-Feiern mit FCB-Mitgliedern und Vereinsvertretern wie dem Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Michael Diederich in den vergangenen Jahren gesagt: „Kurt Landauer stand für Austausch: Also lassen Sie uns miteinander reden! Es steht für eine Gesellschaft alles auf dem Spiel, wenn die Vergangenheit wieder zur Gegenwart wird.“
Knobloch: „Kurt Landauer wäre sehr stolz auf seinen Verein“
Wer die Bronzestatue des Münchner Künstlers Karel Fron am FCB-Trainingsgelände genau betrachtet, entdeckt in der Betonmauer, auf der sie sitzt, eine Schneise: ein Symbol für den Zivilisationsbruch durch den Nationalsozialismus. Mit seiner aufgestützten Hand überbrückt er diesen Spalt. Weil Kurt Landauer ein Vorbild ist, um Gräben zu überwinden. Und seine Geschichte eine ist, die die Zeiten überdauert und auch in Zukunft lebendig bleiben wird.
Die gemeinsamen Veranstaltungen mit dem deutschen Rekordmeister seien in den Augen von Charlotte Knobloch inzwischen „zu einer guten Tradition geworden“, meinte sie während des Holocaust-Gedenktags. „Gedenken hat nichts mit Schuld zu tun, sondern mit Verantwortung, die wir in einer offenen Gesellschaft alle gemeinsam tragen: manche weniger – und der FC Bayern mehr. Das haben der Club und seine Fans verstanden. Kurt Landauer wäre sehr stolz auf seinen Verein.“
Den Internationalen Holocaust-Gedenktag im Januar hatte der FC Bayern zusammen mit der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKGM) im Zeichen der Erinnerungskultur gestaltet:
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