
Acht Jahre FC Bayern. Und heute? Auftritte von Daniel van Buyten in der Öffentlichkeit sind selten geworden. Mit fcbayern.com spricht der Belgier vor dem Champions League-Duell der Münchner gegen Club Brügge über sein neues Leben, Vincent Kompany, den belgischen Fußball und seine Bayern-Zeit.
Schon wieder das Handy. Es vibriert eigentlich zu oft. So oft, dass sich zuhause auch mal die Familie beschwert. Es beschäftigt ihn, doch er kann nicht anders. Natürlich nimmt er es wieder in die Hand, denn hinter jeder Mitteilung könnte sich eine neue Herausforderung verbergen. „Das Leben nach der aktiven Karriere ist ein komplett anderes“, weiß Daniel van Buyten und erklärt später: „Ich war und bin ein Typ, der immer 100 Prozent gibt.“
Das Gespräch mit fcbayern.com vor dem Spiel des FC Bayern in der Champions League gegen Club Brügge (Mittwoch, 21:00 Uhr) führt der 47-Jährige am Rande eines Reitplatzes bei Charleroi in Belgien. Van Buyten beobachtet dort aufmerksam seine 15-jährige Tochter Lou-Ann beim Dressur-Training. „Ich habe nicht nur viel Respekt vor ihrer Leistung, sondern auch vor diesen riesigen Pferden“, gibt Daniel van Buyten zu.
Ein Karriereende ist kein Stillstand
Zu seiner Zeit als Profi lehrte der 1,96 große Abwehr-Hüne noch gegnerischen Stürmern das Fürchten. Er wurde unter anderem viermal Deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger und gewann 2013 die Champions League. Im Juni 2014 war seine Zeit im Trikot unseres Vereins nach acht erfolgreichen Jahren beendet, für die FC Bayern Legends zieht er es beizeiten aber wieder an. Und drin steckt nach wie vor viel vom alten van Buyten: Disziplin, Ehrgeiz, Zielstrebigkeit.

Es hat etwas gedauert, bis er seinen Platz im Leben nach dem Fußball gefunden hat. Nach dem Profifußball hat van Buyten nicht aufgehört, sondern neu angefangen. Er gründete eine Immobilienagentur, setzte viele Bauprojekte um und investiert derzeit in ein großes Sportzentrum mit Padel, Golf und Tennis. Auch sein Geschäft als Spielerberater lebt in Transferzeiten auf. Was ihn antreibt, fasst er in einem Satz zusammen: „Ich bin ein Gewinner. Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig, dann will ich es schaffen.“
Wenn um 5 Uhr morgens noch Ruhe im fünfköpfigen Haushalt ist, setzt er sich bereits ins Büro, dann ordnen sich die Gedanken und er beginnt seinen Arbeitstag. Am Abend kehrt Routine ein: „Jeden Abend kommt die Familie zusammen, wir essen zusammen und sprechen miteinander. Das ist mir wichtig.“
Der Blick auf den FC Bayern von heute
Van Buyten ist immer noch sportlich, spielt Padel, läuft, bereitet sich auf Spiele mit der Legendenelf vor. Auch die Spiele seines ehemaligen Vereins verfolgt er. Die aktuelle Mannschaft beschreibt er als „unglaublich stark“ und fügt an: „Dieser Bayern-Kader gehört zu den Top-Drei der Welt.“
Gleichzeitig wünscht er sich aber etwas mehr Spannung in der Bundesliga, so wie es momentan in Belgien zugeht. „Damals hatten wir unter anderem mit dem BVB einen Gegner auf Augenhöhe. Nun habe ich das Gefühl, Bayern ist der nächste Meistertitel schon jetzt nicht mehr zu nehmen.“ Konkurrenzkampf, Reibung – das hat van Buyten seit jeher motiviert.
„Die Struktur ist über Jahre gewachsen, der Kader hat sich unter einer soliden Vereinsführung entwickelt, das merkst du auf dem Platz. Brügge arbeitet sehr gut gegen den Ball, spielt schnell nach vorne.”
Daniel van Buyten über den kommenden Gegner
Van Buyten beobachtet auch den Fußball in seiner Heimat genau. „Der belgische Fußball hat sich in den vergangenen Jahren eklatant verbessert. Die Vereine haben verstanden, mit wenig Budget das Beste aus den Möglichkeiten zu machen.“ Generell gilt Belgien mittlerweile als sehr gute Adresse für hungrige Spieler.
Belgien als Talentschmiede
Brügge gab im Sommer mit Maxim De Cuyper (24/Brighton) und Chemsdine Talbi (20/Sunderland) zwei Akteure für jeweils rund 20 Millionen Euro nach England ab. Warum Belgien so viele Talente hervorbringt, erklärt van Buyten so: „Alle Einflüsse wurden aufgesogen. Ernährung, Athletik, die Eltern sind von Beginn an mit im Boot und unterstützen auch. Das Bewusstsein ist sehr scharf geworden. Jetzt werden die Früchte geerntet.“
Der kommende Bayern-Gegner ist so oder so angesagt. „Die Struktur ist über Jahre gewachsen, der Kader hat sich unter einer soliden Vereinsführung entwickelt, das merkst du auf dem Platz. Brügge arbeitet sehr gut gegen den Ball, spielt schnell nach vorne“, berichtet van Buyten.
Brügge hat in der Königsklasse drei Punkte nach zwei Spielen auf dem Konto, gegen Atalanta Bergamo gab es ein 1:2, doch ein beeindruckendes 4:1 gegen die AS Monaco sorgte zum Start für Aufsehen.

Doch van Buyten bleibt Realist: „Brügge kann gegen Bayern den Widerstand 30 Minuten, vielleicht sogar eine Halbzeit lang halten. Doch dann sehe ich wenig Chancen auf Erfolg. Das Top-Niveau der Champions League ist nicht die Messlatte für Brügge.“
Vertrauen in Kompany – den alten Kollegen
Van Buyten verfolgt die Entwicklung des belgischen Fußballs mit Stolz – und blickt besonders interessiert auf seinen Landsmann, der beim FC Bayern heute an der Seitenlinie steht. Mit Vincent Kompany hat van Buyten in der belgischen Nationalmannschaft lange die Innenverteidigung gebildet. Er sieht in seinem früheren Nebenmann einen echten Leader: „Er bringt sehr viel Qualität mit, hat einen starken Charakter und macht sehr gute Arbeit. Bei Bayern hat Vincent die besten Bedingungen. Ich bin mir sicher, dass es erfolgreich weitergeht.“
Seine Worte über Kompany klingen wie ein Spiegel seiner eigenen Zeit in München. Er war Integrationsfigur, Brückenbauer, loyaler Teamspieler. Mit Franck Ribéry verstand er sich exzellent, er bleibt für immer sein „Bruder“. Er half nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben. Für ihn war das selbstverständlich.
Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, damals Präsident und Vorstandsvorsitzender, erkannten das früh: „Sie sagten mir: ‚Wir sehen das und wir möchten, dass du weißt, dass der Verein dir das nicht vergisst.‘ Da wusste ich: Der FC Bayern ist mehr als nur ein Verein.“
Die Münchner gehen mit viel Rückenwind in das bevorstehende Champions League-Spiel:
Sein eigener Anspruch blieb über Jahre gleich: „In acht Jahren bin ich vielleicht zwei Mal zu spät zum Training gekommen. Ich habe wie verrückt Gas gegeben, auch wenn ich mal nicht in der Startelf war. Die Leute vor mir konnten sich nie ausruhen.“
Vom Verteidiger zum Unternehmer
Daniel van Buyten war bei Bayern ein Fels – und ist es im Leben geblieben. Heute baut er, verhandelt, fördert. Der gleiche Ehrgeiz, der einst Angreifer in Angst versetzte, treibt ihn nun in seinen Projekten an. „Wenn du ein Gewinner bist, ist es schwierig, nein zu sagen.“
Der Verteidiger ist Unternehmer geworden, der Teamspieler Familienmensch geblieben. Und wenn van Buyten über das Duell seines alten Klubs mit dem belgischen Topteam spricht, tut er das mit Respekt, Realismus - und dem klaren Blick eines Mannes, der Erfolg nie dem Zufall überlässt.
Und so steht Daniel van Buyten auch heute noch für das, was den FC Bayern immer ausgemacht hat: Leistung, Loyalität - und Leidenschaft, die nie aufhört zu vibrieren.
Übertragung, Ticker, Webradio & mehr – alle Infos zum Duell mit Brügge:
Themen dieses Artikels