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Klara Bühl und Stine Ballisager bejubeln einen Treffer.
© Imago
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Stine Ballisager & die beinah vergessene Rekordmarke

Stine Ballisager lächelt, als die Rede auf ihre Anzahl an Spielen bei Vålerenga Oslo kommt. „Das wusste ich eigentlich nicht“, gesteht sie, und in ihrer Stimme liegt jene Mischung aus Verwunderung und Bescheidenheit, die ihren Charakter ausmacht. Knapp 140 Partien absolvierte sie für den Verein aus der norwegischen Hauptstadt, war damit sogar lange Rekordspielerin des Vereins. Statistiken und Rekorde sind für die Dänin aber nicht mehr als Randnotizen. Vielmehr ist diese Marke Zeuge einer Laufbahn, die sich nicht an Ruhm und Glanz misst, sondern an Verantwortung, Beständigkeit und dem nimmermüden Streben, stetig das Beste für das Team zu geben.

Es ist diese Haltung, die die 31-jährige Innenverteidigerin seit jeher auszeichnet. Sie bleibt bei sich, konzentriert sich auf das Wesentliche, auf das Miteinander, auf die oft unsichtbaren Dinge, die eine Mannschaft stark machen. Ruhig, verlässlich, und gerade deshalb so wertvoll. fcbayern.com rückt die Dänin vor dem Champions League-Duell gegen ihren ehemaligen Verein (Mittwoch, ab 21 Uhr im kostenfreien Webradio) etwas mehr ins Scheinwerferlicht. 

Aus Vellev in die Fußballwelt

Stine Ballisager während des Heimspiels der FC Bayern Frauen gegen den Hamburger SV.
Seit diesem Sommer in der Hintermannschaft der FC Bayern Frauen zuhause: Die Dänin Stine Ballisager. | © FC Bayern / Eva Dippold

Geboren am 3. Januar 1994 in Vellev, einem winzigen Flecken Erde in Dänemark, wo kaum mehr als 200 Seelen heimisch sind und die Welt noch überschaubar scheint. „Es ist sehr sicher und schön, dort aufzuwachsen. Ich hätte mir keine bessere Kindheit vorstellen können“, erinnert sich Stine. Alles lag nah beieinander: der Kindergarten, die Schule, der Fußballplatz. Und die wenigen hundert Menschen der Gemeinde bildeten eine vertraute Kulisse.

Ihre ersten Begegnungen mit dem runden Leder datieren auf das zarte Alter von sechs Jahren, inspiriert von ihren älteren Geschwistern. Sie begann beim Vellev IF, dem bescheidenen Club ihrer Heimat, und blieb diesem treu, selbst als sie erstmals das Trikot der dänischen Nachwuchsnationalmannschaft überstreifen durfte. Vellev war über viele Jahre ihr Anker. Später führte ihr Weg nach Viborg, zu Skovbakken und schließlich zu VSK Aarhus. 

Ballisagers Reifejahre in Oslo

Stine Ballisager bejubelt einen Titelgewinn mit Vålerenga Oslo.
Erfolgreiche Zeit: In Oslo gewann Ballisager eine Meisterschaft in der Toppserie (2020) sowie zwei Mal den norwegischen Pokal (2020, 2021). | © Imago

Es war vielleicht nicht der Glanz großer Namen, der Ballisager 2018 nach Norwegen zog, sondern vielmehr die Verheißung eines Ortes, an dem Menschlichkeit und Hingabe den Alltag prägen. Vålerenga Oslo, ein Verein fernab der schillernden Fußballmetropolen, wurde für sie rasch zu mehr als einer bloßen Station in ihrer Laufbahn. „Der Club ist natürlich bei weitem nicht so groß wie Bayern München“, bemerkt sie lächelnd, „aber man bekommt dort so viel von den Menschen. Die Trainer, die Mitarbeiter, die Spielerinnen, die Fans, alle sind unheimlich herzlich und geben das Bestmögliche für den Verein.“

Inmitten der norwegischen Hauptstadt machte Ballisager nicht nur die nächsten Entwicklungsschritte, sondern lernte auch, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Behutsam wuchs sie in die Rolle der Kapitänin der De kongeblå (Anm. d. Red: Die Königsblauen) hinein. Mit Vålerenga feierte sie die nationale Meisterschaft 2020 und zwei Pokalsiege in den Jahren 2020 und 2021. Doch die Trophäen sind für sie bis heute nur ein Teil des Gesamtbilds. Entscheidend war auch die menschliche und sportliche Reife, die sie in Oslo erlangte. „Es war mit Sicherheit einer der wichtigsten Schritte meiner bisherigen Laufbahn“, so Ballisager. „Ich habe unheimlich viel als Person und Führungspersönlichkeit gelernt.“ Vålerenga wurde für die Dänin zu einem Ort des Wachsens und Reifens. Ein Ort, der entscheidend für ihre weiteren Schritte sein sollte. 

Von Kansas bis Florenz: Ballisagers Welt zwischen Kontinenten und Kulturen

Stine Ballisager im Einsatz für die AC Florenz.
Technisch und taktisch versiert: Bei der AC Florenz lernte Ballisager mitunter die Grundtugenden des italienischen Fußballs kennen. | © Imago

Die fünfeinhalb Jahre in Norwegen waren erfolgreich. Jene Zeit öffnete ihr den Blick für die Vielfalt des Fußballs und des Lebens, bereiteten sie auf neue Abenteuer vor. Als sie 2023 schließlich den Sprung über den Atlantik wagte, zu Kansas City Current, fand sie sich in einer Welt wieder, die in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von Oslo war: Alles war größer, schneller, wilder. „Der Spielstil ist anders, die Kultur ist anders. Ich habe viel gelernt“, berichtet sie. Die Intensität und Dynamik des amerikanischen Fußballs forderten sie heraus. 

2024 folgte der Wechsel nach Italien, zur AC Florenz, ein weiterer radikaler Wandel. Hier bestimmten technische Finesse und taktische Geduld das Spiel, das Tempo war anders, die Herangehensweise subtiler. „Ich glaube nicht, dass ich einen größeren Kontrast hätte erleben können. Es war verrückt, aber sehr lehrreich“, sagt sie rückblickend. Jede Station formte sie, nicht nur als Spielerin, sondern auch als Mensch. Sie lernte, sich anzupassen, Gelassenheit zu bewahren und die Kunst, sich selbst treu zu bleiben, während sie immer wieder neue Kulturen, Spielstile und Lebensweisen kennenlernte. Dänemark, Norwegen, die USA, Italien. Und seit diesem Sommer nunmehr: Deutschland.

Das Kapitel FC Bayern

Stine Ballisager und Carolin Simon nach dem Gewinn des Supercups in Karlsruhe.
Ballisager steht seit Sommer diesen Jahres beim FCB unter Vertrag. Bereits zu Beginn der Saison gewann sie mit ihrem Team den Supercup dank des Finalerfolgs über den VfL Wolfsburg. | © Imago

Heute steht Ballisager bei Bayern auf dem Platz, dem Verein, der für sie viele Fäden ihrer Erfahrungen zusammenführt. „Hier habe ich gefunden, was ich wirklich mag“, sagt sie. „Präzision, Ballbesitz, körperliche Präsenz, taktische Disziplin.“ Elemente, die sie auf ihren Reisen gelernt hat, finden hier ihre Synthese. Mit 1,71 Metern dirigiert sie im Abwehrzentrum, ruhig, effizient, unaufdringlich. Und das auch in der Nationalmannschaft: Mehr als 70 Länderspiele sprechen für sich. Dort ist Ballisager Vizekapitänin. Hinter einer gewissen Pernille Harder.

Stine Ballisager und Pernille Harder im Dress der dänischen Nationalmannschaft.
Stine Ballisager und Pernille Harder kennen sich bereits aus der gemeinsamen Zeit in Viborg. Nun spielen sie einmal mehr im Verein sowie in der Nationalmannschaft gemeinsam auf. | © Imago

Damals wie heute steht Europas Fußballerin der Jahre 2018 und 2020 in der Auswahl ihres Heimatlandes an ihrer Seite. Harder und Ballisager verbindet eine Freundschaft, deren Wurzeln tief in die gemeinsamen Jahre bei Viborg reichen. So ist es wenig verwunderlich, dass Ballisager vor ihrem Wechsel nach München den vertrauten Rat ihrer Landsfrau suchte und sich nach dem Leben beim FCB erkundigte. „Ich wollte den Vibe im Verein hören, die Spielerinnen, den Staff und das Team kennenlernen. Pernille war sehr positiv, sie hat mir erzählt, wie nett alles hier ist“, erinnert sich Ballisager. Freundschaften, Vertrauen, kollegiale Bindungen. Es sind oft diese Kräfte, die gewisse Schritte erst möglich machen. Nun, nach all den Jahren und vielen Stationen, sind Ballisager und Harder wieder vereint. Diesmal im Trikot des FC Bayern.

Ein Duell mit der eigenen Vergangenheit

Stine Ballisager bejubelt den Sieg über Arsenal in der Allianz Arena.
Möchte auch am Mittwochabend mit den FCB-Frauen jubeln: Gegen Vålerenga ist für die FCB-Frauen um Stine Ballisager unter gewissen Umständen noch die direkte Viertelfinalteilnahme möglich. | © Imago

Am Mittwochabend treffen die beiden nun im letzten Spiel der Ligaphase auf den einzigen norwegischen Vertreter in der Königinnenklasse. Bayern rangiert mit zehn Punkten auf Rang sechs, punktgleich mit Juventus (4. Platz) und Real Madrid (5.), nur einen Zähler vor Wolfsburg (7.), Arsenal (8.) und Manchester United (9.). Der Abstand auf den Tabellenersten aus Barcelona beträgt wiederum drei Punkte. Es ist in gewisser Weise ein Finale, das über den Einzug unter die besten vier Teams entscheidet. Doch selbst ein Sieg garantiert den Münchnerinnen nicht die sichere Qualifikation. Das Schicksal liegt auch aufgrund des Last-Minute-Remis von Madrid nicht mehr in ihren Händen.

Denn als Sechster sind die Bayern während ihres Heimspiels gegen den 13. Valerenga IF auf Schützenhilfe in den parallel laufenden Partien angewiesen. So müssen zwei Teams aus dem Trio Chelsea (in Wolfsburg), Juventus (gegen Manchester United) und Real Madrid (bei Twente Enschede) Federn lassen, damit der Sprung von Platz 6 auf 4 gelingt.

Für Ballisager ist das Aufeinandertreffen mit Vålerenga Oslo höchstwahrscheinlich aber noch weit mehr als eine bloßes Wiedersehen. Es ist ein Duell mit der eigenen Geschichte. Weitere Minuten für die Norwegerinnen wird sie am Mittwochabend nicht sammeln, aber womöglich eine andere Premiere feiern. „Das ist wahrscheinlich das erste Mal, dass ich gegen einen ehemaligen Verein spiele“, sagt Ballisager, und ihre Stimme verrät Vorfreude und eine leise Nervosität. So oder so: Besonders wird es für Ballisager allemal.

📻 So verfolgt ihr das Duell live im Webradio: 

Sarah Zadrazil bleibt beim FC Bayern 🔴⚪: 

🎙️ Sarah Zadrazil im Interview zu ihrer Vertragsverlängerung: 

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