
„Joulupukki“, das ist sein Lieblingswort auf Finnisch. Übersetzt heißt es: Weihnachtsmann. Das trifft sich gut. Denn der neue Mann aus dem hohen Norden soll die Bayern ab sofort ausgiebig beschenken. Vorzugsweise mit Dreiern. Petteri Koponen, 30, bringt nicht nur dafür aus seinen vorherigen Engagements in Italien (Virtus Bologna), Russland (Khimki Moskau) und zuletzt in Spanien (FC Barcelona) reichlich europäische Erfahrung mit nach München: 101 Spiele in der EuroLeague hat er bereits absolviert, dazu zwei EuroCup-Titel gewonnen und 2018 die Copa del Rey, den spanischen Pokal. Für Finnland spielte er 193 Mal. Dabei hätte es durchaus anders kommen können.
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Aller Anfang ist schwer
„Ich hasse Basketball!“, das dachte sich Petteri einst als kleiner Junge; missmutig, weil er seiner Mutter geduldig am Spielfeldrand beim Training zuschauen muss. „Sie ist der Grund, warum ich heute Basketball spiele“, erinnert sich der sympathische Finne heute lächelnd. „Aber damals habe ich es gehasst. Also habe ich mit vier Jahren begonnen, lieber Fußball zu spielen und wollte Profi werden.“
Mit sieben Jahren zieht es ihn aber eben doch auch zum Basketball – und weitere sechs Jahre später setzt sich schließlich das Spiel mit den Körben und Reusen gegen jenes mit dem Netz im rechteckigen Metallrahmen durch. Schon mit 16 trudeln dann bei ihm die ersten Angebote aus Italien und Spanien ein. Damit realisiert auch er zum ersten Mal, dass eine Profikarriere in greifbarer Nähe ist.
Doch wieder mischt sich Mama in die Zukunftsplanung ein: „Sie hat gesagt, ich wäre noch zu jung. Erst müsse ich meinen Highschool-Abschluss machen, falls ich mich verletze oder etwas Unerwartetes passiert.“ Vernünftig und bodenständig, wie wir finden. Der Karriere hat’s jedenfalls im Nachhinein nicht geschadet.
„„Mich reizt die Herausforderung und das Vorhaben von Bayern München, eines der besten Teams Europas zu werden. Ich bin stolz, bei diesem Projekt mitwirken zu dürfen.“”
Petteri Koponen
Unterwegs in Europa
Nun also München. Petteri freut sich auf die deutsche Kultur, die der finnischen in punkto Zeitmanagement hoffentlich mehr ähnelt als die italienische oder spanische. „Wenn dir in Italien jemand verspricht, dass etwas morgen geschieht, passiert es am Ende dann doch erst in zwei Wochen. „Ich hoffe, morgen bedeutet hier wirklich morgen!“ Er lacht mit höflicher Ironie.
Seit 2008 ist Koponen nun als Profi außerhalb von Finnland im Basketballgeschäft. In diesem Jahrzehnt wechselte er auffallend selten Verein und Land. Er bevorzugt länger andauernde Verträge: vier Jahre in Bologna, vier Jahre in Moskau, dann zwei in Barcelona. In München möchte er mit seiner Familie die nächsten drei Jahre bleiben; mindestens, so lang läuft sein Vertrag. Er sagt: „Mich reizt die Herausforderung und das Vorhaben von Bayern München, eines der besten Teams Europas zu werden. Ich bin stolz, bei diesem Projekt mitwirken zu dürfen.“
„„Auf dem Spielfeld geht es immer darum, zu gewinnen und Titel zu holen“”
Petteri Koponen
Der bescheidene Shooter
Neben seiner großen Erfahrung bringt Petteri Koponen demnach Beständigkeit mit. Und sein ganz persönliches Spielerprofil. „Ich werde alles tun, dem Team zu helfen“, bekräftigt der 30-Jährige. „Ich bin ein Teamspieler und kann mich gut an verschiedene Rollen anpassen, spiele auf den Positionen 1 und 2.“ Er mache eben das, was der Coach von ihm verlange.
Nicht nur das zeugt von Bescheidenheit. Denn sein Spezialgebiet erwähnt er selbst nicht: den Dreipunktewurf. Mehr als 50 Prozent seiner Würfe von Downtown versenkte Koponen in der vergangenen EuroLeague-Saison. Dazu kommen Trefferquoten von rund 47 Prozent aus dem Feld und von 94 Prozent beim Freiwurf.
Wie schafft man das?
„Bloß nicht zu viel nachdenken“, entgegnet er zum Thema perfekter Wurf. Den richtigen Versuch zur richtigen Zeit zu nehmen, diesen Instinkt könne man zudem durch jahrelanges Training stärken. Anders als etwa Dirk Nowitzki und vor allem dessen sein Mentor Holger Geschwindner schwört Petteri Koponen dabei weniger auf Mathematik und Physik: „Es gibt viele gute Werfer mit jeweils unterschiedlichen Techniken. Ich denke, es kommt, wie so oft, auf das richtige Training und die Wiederholungen an.“
Dazu eine er nette Anekdote anzubieten: Als ich noch in Finnland spielte, haben meine Jungs und ich nach dem Training oft noch verschiedene Dunks ausprobiert. Mein damaliger Trainer, übrigens ein Serbe, hat mich dann zur Seite genommen und mich gefragt, was ich denn da treibe. Er versicherte mir, dass ich mit Dunken niemals mein Geld als Profi verdienen würde, weil ich dafür viel zu unathletisch sei. Ich solle doch gefälligst an meinem Wurf, meinem Passspiel und meinem Dribbling arbeiten. Also habe ich begonnen, nach dem Training Extra-Würfe zu nehmen, um mich zu verbessern.“
Privat definiert Petteri Ziele anders. „Auf dem Spielfeld geht es immer darum, zu gewinnen und Titel zu holen“, das weiß er. „Aber ich persönlich denke, dass Glücklichsein Erfolg bedeutet, das ist im Leben das Ziel.“ Dazu trägt vor allem seine Familie bei. Mit der Nummer acht beispielsweise, seiner Nummer bei den Bayern, läuft er erst seit dieser Saison auf. Weil sein zweiter Sohn an einem Achten im Monat geboren wurde. Davor war es die 25, Geburtstag seines ersten Sohnes.
Pack ma´s, let´s go!
Alle zusammen richten sich die Koponens nach dem Wechsel aus seiner Heimatstadt und dem Sommerdomizil Helsinki nach München ein. „Wenn du in ein neues Land ziehst, musst du dich mit deiner Familie wohlfühlen. Die Wohnungssuche in München war gar nicht so einfach.“ Vor allem das Wohnzimmer, für Koponen das wichtigste Zimmer daheim, musste eine Wohlfühloase sein. „Dort verbringe ich die meiste Zeit mit meiner Familie, meinen Kids und Freunden, die vorbeikommen.“
Das zweite Wohnzimmer ist jetzt der Audi Dome. Die Fans werden ihn dort sicher herzlich empfangen, darauf freut sich Petteri. „Feuert uns an und seid laut!“, sagt er, „ich glaube, ich persönlich spiele immer am besten, wenn ich spüre, wie die Halle bebt.“
Okay, wie in etwa sagt man denn auf Finnisch „Let’s go“‘ oder „Pack ma’s!“? Nun, daheim bei ihm im hohen Norden feuere man in erster Linie den Saunaofen an, erzählt er amüsiert. „Wir haben dafür nicht wirklich einen Ausdruck, wir sagen normalerweise einfach auf Englisch ‚Come on‘!“
In Ordnung, Petteri, pack ma’s, let’s go!
Petteri Koponen im FCBB-Magazin, Folge 57
Petteri Koponen im Trikot des FCBB
(Foto Credits: Rauchensteiner, Stickel)