Der Basketball beim FC Bayern wird weitgehend mit der Neuzeit des FCBB verbunden – dabei hat der geilste Hallensport im Mitglieder-stärksten Verein der Welt eine lange Tradition: Die Basketball-Abteilung wurde am 1. März 1946 gegründet und feiert somit ihr 75-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass haben sich der einsteige Rekordspieler Klaus Schulz, 84, und Paul Zipser, 27, für „51“ im Audi Dome getroffen – zum Plausch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der roten Korbjäger.
Paul Zipser visiert den Korb an. Er geht leicht in die Knie, schwingt den Ball mit beiden Händen unter seinen Körper und schleudert ihn in hohem Bogen Richtung Korb. Der Ball fluppt genau durch den Ring. „Bei euch hat der eine oder andere bestimmt noch so geworfen, oder?“, sagt Zipser und schmunzelt. „Ja, zu meiner Zeit in Aachen, ein Belgier“, erzählt Klaus Schulz. Die beidhändige Wurftechnik war damals schon aus der Mode gekommen.
Damals heißt: in den 1960er Jahren. Klaus Schulz war zu jener Zeit einer der Asse beim FC Bayern und im deutschen Basketball. 1,93 Meter groß, 100 Kilo Kampfgewicht. „Milde ausgedrückt“, sagt der heute 84-Jährige mit einem Lächeln, „wir hatten zweimal die Woche 90 Minuten Training, bei den Amerikanern in der McGraw-Kaserne. Danach gab es ein paar Bierchen, heute undenkbar.“
Zipser blickt ihn belustigt an. „Ich kenne Videos von früher.“ Schulz nickt zustimmend. „Ich weiß, das sieht aus wie Zeitlupe.“
Die Athletik im Sport hat sich extrem weiterentwickelt. Training, Ernährung, medizinische Versorgung – alles ist optimierter denn je. „Wir hatten damals nicht mal einen Arzt“, erzählt Schulz. Zipser erwidert: „Jetzt haben wir vier, die uns jederzeit zur Verfügung stehen.“
In den 60ern schauten Beckenbauer, Müller und Olk zu
Als Zipser, 2,03 Meter, mit dem Basketball anfing, war Schulz längst in seiner zweiten Karriere als Rechtsanwalt erfolgreich. Basketball war für ihn eigentlich immer nur ein Hobby, freilich eines auf höchstem Niveau. 1964 kam er zum FC Bayern, nachdem er mit Aachen schon zweimal Deutscher Meister geworden war. Der damalige FCB-Schatzmeister Willi O. Hoffmann sprach ihn nach einem Spiel an, „nachher beim Bier hat er mich gefragt, ob ich nicht zu Bayern kommen möchte“. Er wollte.
Nicht einmal zehn Jahre nach der Abteilungsgründung gewannen die Bayern 1954 und 1955 die Deutsche Meisterschaft. Daran wollte Willi O. Hoffmann in den 60er Jahren anknüpfen. „Wir hatten eine gute Mannschaft. Dieter Schneider, JJ Johnson, ‚Gigs‘ Krüger . . . “, zählt Schulz auf. 1966 erreichten die Bayern das Halbfinale und gehörten anschließend zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga. 1968 wurden sie Pokalsieger.
Dass die Bayern-Basketballer großen Sport bieten, sprach sich auch bei den Fußballern herum. Untern den 800 Zuschauern in der Sporthalle an der Säbener Straße saßen oft Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Werner Olk. „Die haben uns auch mal zum Essen eingeladen. Das war wunderschön“, erzählt Schulz. „Das fände ich heute auch mal nicht schlecht“, meint Zipser.
1961/62 spielte Schulz für Estudiantes Madrid, als erster deutscher Basketballer in der spanischen Liga. Heute genießt er auf der Tribüne die Atmosphäre im Audi Dome, wenn Corona es nicht gerade verhindert. „Solche Spiele wie hier kannten wir früher nur von der NBA aus dem Fernsehen“, erzählt er. Doch der Weg dorthin war für den FC Bayern steinig. Nach Schulz’ Karriereende 1969 wurde es langsam still um die roten Riesen. In den 70er Jahren stiegen sie sogar bis in die drittklassige Regionalliga ab.
20 Jahre zwischen zweiter und dritter Liga
Erst Willi O. Hoffmann, inzwischen Präsident, beflügelte den Basketball wieder – indem er ein zweites Mal bei Schulz anklopfte und ihn Anfang der 80er Jahre als Abteilungsleiter reaktivierte. „Er hat mich gefragt, ob ich die Basketballer zurück in die erste Liga bringen würde. Ich habe gesagt: ‚Ja. Dauert vier, fünf Jahre und kostet was.‘ Er meinte: ‚Das macht nichts.‘ Und 1987 waren wir wieder in der Bundesliga.“ Der Erfolg währte aber nur kurz. Mit Hoffmanns Amtsende begannen erneut unstete Zeiten bei den Basketballern, die rund 20 Jahre lang zwischen zweiter und dritter Liga pendelten. Erst eine Mitgliederbefragung katapultierte die Abteilung wieder ganz nach oben. Angetrieben von Präsident Uli Hoeneß wurde ein Team aufgebaut, das 2011 die Rückkehr in die Bundesliga realisierte.
„Als es damals bei Bayern richtig losging, mit Bauermann, Hamann, Greene, hatte ich mit Heidelberg das erste Saisonspiel hier in München – wir haben mit 30 Punkten verloren“, erinnert sich Zipser, „da hat man schon gespürt: Die ganze Stadt freut sich auf diesen Sport. Jetzt wollen wir auch auf europäischem Niveau den nächsten Schritt machen. Bis jetzt gelingt uns das auch ganz gut und was in Zukunft mit dem SAP Garden kommen wird, ist noch mal ein anderes Level. Was der FC Bayern hier vorhat, dürfte weltweit im Basketball einzigartig sein, wenn man die NBA mal ausnimmt.“
Ein halbes Jahrhundert Basketball-Entwicklung liegt zwischen Klaus Schulz und Paul Zipser. Am Ende des Treffens ist das aber nichts Trennendes, man spürt eine Verbindung.
Die komplette Fassung dieses Textes zum Abteilungsjubiläum des FCBB gibt es in der neuen März-Ausgabe des Klubmagazins „51“. Text: Niko Heindl/Fotos: Fritz Beck