
Hallo Dennis, erst einmal vielen Dank für deine Zeit! Ihr unterstützt Unternehmen bei dem Thema Nachhaltigkeit. Was genau können wir darunter verstehen?
„Unternehmen beauftragen uns, wenn sie erkennen, dass Nachhaltigkeit einen signifikanten Effekt auf ihr Geschäft hat oder haben könnte; Stichwort: Klimawandel, Energiewende, Wassermanagement uvm. Dabei bewerten Unternehmen aus einer Innen- und Außenperspektive, welchen Einfluss solche Themen aktuell und in Zukunft auf die Geschäftstätigkeit haben werden und welchen Einfluss Unternehmen durch ihr Kerngeschäft auf Gesellschaft und Umwelt haben werden. Das bedeutet, dass Unternehmen bereits bestehende Chancen und Risiken in Zusammenhang mit Nachhaltigkeit identifizieren oder bevorstehende antizipieren. Je besser sie vorbereitet sind, desto positiver der Einfluss auf die Geschäftsentwicklung.
Wir unterstützen Unternehmen, indem wir eine individuelle Nachhaltigkeitsstrategie, die auf einem systemischen Verständnis aufbaut, gemeinsam erarbeiten. Unser Ziel ist es, herauszufinden, welche Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen wesentlich sind und wie sie erfolgsversprechend und fokussiert verarbeitet werden können. Dabei gilt es, den eigenen Fußbadruck zu kennen und zu verbessern. Aus einer Chancenperspektive legen wir den Schwerpunkt darauf, den positiven Nutzen von Unternehmen durch wesentliche Nachhaltigkeitsthemen für die Gesellschaft und die Umwelt herauszuarbeiten und in die Praxis zu übertragen.
Inzwischen beschäftigt viele Unternehmen und somit auch uns das stärkere Eingreifen der Regulatorik. Dieses Eingreifen folgt der Logik, dass eine fundamentale und branchenübergreifende Veränderung notwendig sein wird, um unsere Zukunft als Gesellschaft zu gestalten. Dazu zählt bspw. die CSRD-Berichtspflicht, die rund 15.000 Unternehmen allein in Deutschland betrifft und die in strategische Überlegungen mit einbezogen werden muss.“
Gibt es Maßnahmen, die Unternehmen auch ohne eine ausgearbeitete Nachhaltigkeitsstrategie einfach und zeitnah umsetzen können?
„Selbstverständlich gibt es Maßnahmen, die Unternehmen sofort und mit einem direkten Effekt ergreifen können. Ein erstes Vorgehen schließt an die eben angedeuteten regulatorischen Vorgaben an, indem Unternehmen überprüfen, inwiefern die CSRD-Pflicht, das Lieferkettengesetz oder bspw. die EU-Taxonomie für sie eine Rolle spielen. Solche Informationen können selbstständig eingeholt werden und dienen einem rudimentären Verständnis, mit was und ab wann sich das Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit beschäftigen muss.
Eine weitere Herangehensweise ist, Bereiche zu identifizieren, die eine sehr hohe gesellschaftliche Relevanz haben und von der Gesellschaft eingefordert werden. Ansonsten droht die Akzeptanz von Unternehmen bei den Stakeholdern zu schwinden.
Ein offensichtlicher Bereich ist bspw. die Haltung zu Klimaschutz und wie Unternehmen mit ihrem eigenen CO2 Fußbadruck umgehen. An erster Stelle steht hierbei, den sogenannten Corporate Carbon Footprint zu erheben. Es empfiehlt sich grundsätzlich, sich am Vorgehen „Vermeidung – Reduktion – Kompensation“ zu orientieren und Klimaschutz als Weg zu verstehen. Auf diesem Weg soll die Kompensation durch Vermeidung und Reduktion von Treibhausgasen sukzessive verkleinert werden. Ob der hohen Komplexität bei Klimaschutz sind die Auswahl von seriösen Dienstleistern und die Kommunikation besonders zu beachten.“
Sollte jedes Unternehmen unabhängig von der Größe eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeiten?
„Für jedes Unternehmen und Personen, die Verantwortung in Unternehmen haben, ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit angemessen und fokussiert bearbeitet wird. Das bedeutet, dass die Bedürfnisse einer Organisation und die Anforderungen an eine Organisation zu Nachhaltigkeit belastbar bewertet werden und sich daraus Zeitpunkt, Geschwindigkeit und Intensität, wie mit Nachhaltigkeit umgegangen wird, ableiten.
Ich möchte es an zwei Beispielen erläutern: VW beschäftigt sich schon sehr lange mit einer Nachhaltigkeitsstrategie. Den Durchbruch und die Relevanz für das Kerngeschäft hat Nachhaltigkeit erst nach Dieselgate bei VW geschafft. Ab 2015 war es unausweichlich, sich auf Basis der übergeordneten Gesamtstrategie mit Nachhaltigkeit im Kerngeschäft auseinanderzusetzen und sich zügig zu transformieren. Oder das Start Up everdrop: everdrop hat im Kerngeschäft schon seit der ersten Stunde auf Nachhaltigkeit gesetzt. Die Entwicklung des Unternehmens auf Basis einer nachhaltigen Gesamtstrategie war sehr positiv. Doch dann haben sich Lücken und blinde Flecken im Kerngeschäft eingeschlichen, die mit der nachhaltigkeitsbasierten Positionierung und Kommunikation von everdrop nicht übereinstimmten. Das wurde zu spät erkannt und man sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, Greenwashing zu betreiben. Das Image war stark angekratzt. everdrop ging die Fehler an und hat die Strategie weiterentwickelt, um resilienter für die Zukunft zu sein.
Ergo liegt es an jedem Unternehmen selbst zu erkennen, wann und mit welcher Intensität Nachhaltigkeit strategisch verstanden und bearbeitet werden sollte. Eine Strategie schärft den Fokus auf das Wesentliche und zeigt auch auf, was nicht berücksichtigt werden muss. Im besten Fall bleibt ein Unternehmen in der Position des Agierens und sichert sich somit eine höhere Kontrolle im Umgang mit Nachhaltigkeit.“
Wann und in welchem Zusammenhang habt Ihr gemerkt, dass auch für Sportvereine das Thema Nachhaltigkeit unumgänglich ist?
„Das war vor ungefähr zwei Jahren, als unterschiedliche Player aus der Sportbranche auf uns zugekommen sind und sich nach unserem Verständnis von Nachhaltigkeit erkundigt haben. Die Initialzündung war im Bereich Sponsoring. Sponsoren haben immer lauter und intensiver den Wunsch gegenüber Rechtehaltern formuliert, ihre Nachhaltigkeitsagenda auf die Sport-Plattform bringen zu wollen. Somit war Nachhaltigkeit sehr schnell geschäftsrelevant für Rechtehalter und Agenturen, da Umsätze wegzubrechen drohten. Zudem haben die gesellschaftlichen Diskussionen zum Klimawandel und zur Ungleichbehandlung während der Corona-Krise als Booster für Nachhaltigkeit im Sportbusiness gewirkt. Der Sport selbst als sehr dynamische Branche hat schnell den Ball aufgenommen und sich auf seine gesellschaftliche Rolle besonnen. Die Branche hat erkannt, dass sie mit ihrer Reichweite und Inspirationskraft einen großen Hebel für einen gesellschaftlichen Beitrag auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit bedienen kann.“
Die FC Bayern München AG und die FC Bayern München Basketball GmbH werden auch von Euch bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt. Kannst du uns etwas zum Status quo sagen und darüber, welche Maßnahmen zeitnah geplant sind?
„Der FC Bayern München arbeitet übergeordnet seit einiger Zeit intensiv an einer ganzheitlichen und modernen Nachhaltigkeitsstrategie, die in Einklang mit der Gesamtstrategie AHEAD steht. Ein systemisches Verständnis der drei Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales ist dabei eine entscheidende Grundlage, die es dem FC Bayern erlaubt, auf der einen Seite den eigenen Fußbadruck zu reduzieren und auf der anderen Seite seine Reichweite und Inspirationskraft für eine positive Wirkung auf die Gesellschaft einzusetzen. In der Umsetzung der Strategie wird entscheidend sein, Fans, Mitglieder, Mitarbeiter und Partner auf den FC Bayern-Nachhaltigkeitsweg mitzunehmen, zu begeistern und zu motivieren. Es wird darum gehen, dass man gemeinsam eine positive Veränderung für die Gesellschaft gestaltet und dabei gleichzeitig wettbewerbsfähig gegenüber Konkurrenten bleibt.
Der FC Bayern erhebt gerade seinen CO2-Fußabdruck, um auf Basis dieser Analyse Ziele für eine höhere Klimaeffizienz zu definieren und anschließend Aktivitäten abzuleiten, um diese Ziele verfolgen zu können. Auch in diesem beispielhaften Bereich wird es wichtig sein, dass der FC Bayern mit Partnern und Fans an einem Strang zieht und über die Verbesserung seines -Fußabdrucks hinaus die Aufmerksamkeit darauf lenkt, Wissen in die FC Bayern Community einzubringen und Verhaltensänderungen vorzuleben.“
Zum Abschluss: Welche Empfehlungen zum Thema Nachhaltigkeit hast du für unsere Business Circle-Mitgliedsunternehmen?
„Nachhaltigkeit ist ein Marathon und ein Metathema, das einen umfassenden Einfluss auf uns als Gesellschaft und somit auf Unternehmen hat. Und es wird auch nicht mehr weggehen. Wir werden Nachhaltigkeit in Zukunft differenzierter verstehen und auch der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird nach und nach weniger als Buzzword gebraucht werden
Je eher man die Bedeutung von Nachhaltigkeit für das eigene Unternehmen erkennt und die Geschäftsrelevanz einordnen kann, desto besser kann man handeln. Daher empfehle ich, sich konkret mit Nachhaltigkeit und deren Bedeutung für das Unternehmen auseinanderzusetzen und eine besonnene Entscheidung zu treffen, wie man damit umgehen möchte.“