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Stephan-Pilsinger

Stephan Pilsinger, MdB für den FC Bayern München „BC-Expertentalk“

Wie auch der FC Bayern mit seinen sportartübergreifenden Top-Mannschaften zurecht einen Anspruch nicht nur auf Erstklassigkeit, sondern auf mindestens die Teilnahme an der Champions League oder gar auf den Meister-Titel hat, so haben auch die Patientinnen und Patienten in Deutschland Anspruch auf Erstklassigkeit ihrer Gesundheitsversorgung. Das gilt erst recht bei Behandlungen im Krankenhaus.

Ist aber die Krankenhausversorgung in Deutschland noch erstklassig, vor allem in qualitativer Hinsicht? Deutschland hat im internationalen Vergleich strukturell mit die meisten Krankenhäuser und im Vergleich überdurchschnittlich viel medizinisches und pflegerisches Personal. Aber können wir uns dieses System so noch leisten? 2022 entfielen auf Krankenhausbehandlungen fast 25 Prozent aller Gesundheitsausgaben. Das waren 88,11 Milliarden Euro, die die Gesetzliche Krankenversicherung nur für stationäre Aufenthalte zahlen musste, Tendenz steigend. Im Jahr 2000 war das noch die Hälfte. Dazu kommt, dass Deutschland Weltmeister bei stationären Aufenthalten ist, obwohl nicht wenige Eingriffe zweifellos auch ambulant durchgeführt werden können. Das derzeitige Fallpauschalen-System („DRG-System“) hat dazu geführt, dass (fast) alle Kliniken alles machen, um möglichst viele Fälle und damit Abrechnungen zu generieren – auch Fälle, für die das eine oder andere Haus wenig Kompetenz, nicht ausreichend Personal oder ungenügende Ausstattung hat. So wurden teilweise Stationen und Fachbereiche an eher kleineren Krankenhäusern aufgebaut, an denen das nötige Know How fehlt und bei denen der strukturelle Bedarf in der Region gar nicht vorhanden ist. Man kann diese Entwicklung den kleineren Kliniken auch nicht übelnehmen, denn sie haben diese künstliche Spezialisierung meist vorgenommen, um über die so erhöhten Erlöse finanziell über die Runden zu kommen. Nur mit den Pauschalen aus den eher schlecht vergüteten Fällen der Grund- und Notfallversorgung sind kleinere Krankenhäuser nach der Logik des DRG-Systems schnell in die roten Zahlen gerutscht. Also lieber irgendwo einen Oberarzt für Endoprothetik hergeholt und schon ist man ein „Knie- und Hüftgelenkszentrum“. Das ist bzw. war natürlich eine Entwicklung in die falsche Richtung.

Der Reformbedarf ist also offensichtlich vorhanden. Das ist politisch auch unstrittig. Strittig ist jedoch der Weg hin zu einer effizienten, qualitativ hochwertigen, wohnortnahen und bezahlbaren Krankenhauslandschaft und wie diese strukturell aussehen sollte. Die dazu von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ins Leben gerufene Regierungskommission, bestehend aus sicherlich verdienten, aber von der Realität im Krankenhaus-Alltag weit entfernten Universitätsprofessoren, hatte dazu schon im Jahr 2022 teils absolut realitätsfremde Grundzüge einer Krankenhausreform erarbeitet, die das Ausbluten einer wohnortnahen Versorgung im ländlichen Raum bedeuten würde. Sicher müssen wir Kompetenzen und spezialisierte, planbare Eingriffe wie Hüft-OPs oder Krebsbehandlungen in dafür geeigneten und bestausgestatteten Zentren bündeln, wo auch das erfahrene Fachpersonal zusammengezogen ist. Aber durch die Reformideen am schwarzen Brett in Berlin zu riskieren, dass bei einem Herzinfarkt oder bei einem Schlaganfall in dünn besiedelten Gegenden Deutschlands nicht mehr garantiert werden kann, dass der betroffene Patient noch die sehr zeitnah erforderliche Notfallbehandlung erhält, das ist nicht verantwortbar, ja politisch völlig indiskutabel. Ebenso die bislang geplante Degradierung von kleineren Krankenhäusern der Grundversorgung zu reinen Tagespflegeheimen mit Notaufnahme. Genau das würde mit den Vorschlägen der Lauterbachschen Reformkommission aber kommen.

Was wir mit dieser wichtigen Reform nun erreichen müssen, ist einerseits eine deutliche Steigerung von Qualität gerade der komplizierten Eingriffe durch eine intelligente Steuerung hin zu fachlich exzellenten, spezialisierten Zentren mit ausreichend (Spitzen-)Personal, bester Ausstattung und genügend finanziellem Polster. Hier müssen z.B. die Krebsbehandlungen stattfinden, nicht im nächstgelegenen Kreiskrankenhaus. Diese Steuerung müssen aber die Länder in der Hand haben, die dazu auch qua Grundgesetz ermächtigt sind und am besten wissen, in welcher Region ihres Landes welcher Bedarf herrscht. Das darf nicht allein von Berlin aus zentral gesteuert werden. Andererseits müssen wir dafür sorgen, dass wir eine gute Grund- und Notfallversorgung flächendeckend – von der Universitätsstadt bis hinein in den kleinsten Ortsteil im ländlichen Raum – sicherstellen. Hier macht es Sinn, die kleineren Krankenhäuser mit einer sogenannten „Vorhaltevergütung“ zu finanzieren, also ihnen pauschal so viel Geld zur Verfügung zu stellen, dass sie die notwendigen ärztlichen und medizinischen Leistungen der Grundversorgung überhaupt vor Ort anbieten. So rutschen die kleineren Häuser nicht in die roten Zahlen und müssen sich auch nicht künstlich auf Behandlungen spezialisieren, die sie gar nicht können (sollen).

Damit unsere Krankenhäuser diese Reform aber überhaupt noch erleben, müssen wir ihnen in der derzeit finanziell brenzligen Situation dringend eine Brückenfinanzierung gewähren. Ende 2023 waren laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft schon 33 Krankenhäuser hierzulande in einem Insolvenzverfahren. Dieses Jahr sollen es, wenn die Politik nicht handelt, deutlich mehr werden. Nach seriösen Prognosen werden Ende 2024 80 Prozent aller Kliniken bundesweit defizitär arbeiten, wenn sich nichts tut. Das liegt zum einen an den im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesunkenen Fall- bzw. Behandlungszahlen, aber auch an den inflationsbedingten Mehrkosten, die auch vor den Krankenhäusern und ihren Trägern nicht Halt machen. Da die Krankenhäuser aufgrund gesetzlicher Vorgaben ihre Mehrkosten nicht einfach an ihre Kunden, also an die Patienten bzw. Krankenkassen, weitergeben können, klaffen hier spätestens seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gewaltige finanzielle Lücken. Die deutlich gestiegenen Energie- und Personalkosten tun ihr Übriges. Hier muss die Bundesregierung schnellstens helfen. Diese Hilfe steht leider nach wie vor aus.

Klar ist: Keine Reform und keine Bundeshilfe für die finanziell taumelnden Krankenhäuser wäre wohl die vielzitierte „kalte Strukturbereinigung“, die sich keiner wünschen kann und einem Kahlschlag im deutschen Kliniksektor gleichkäme. Packen wir es also gemeinsam und mit Vernunft an, damit die stationäre Versorgung in Deutschland erstklassig bleibt und die deutschen Krankenhäuser wie der FC Bayern immer in der Champions League mitspielen. Die Gesundheit und Zufriedenheit unserer Bürger muss es uns wert sein.

Stephan Pilsinger, MdB, fachpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe für Gesundheitspolitik und Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Krankenhauspolitik, ist auch nebenberuflich weiterhin praktizierender Facharzt für Allgemeinmedizin

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