Die Bayern-Basketballer haben nur 22 Stunden nach der knappen Niederlage zum Auftakt der Playoff-Finals gegen Alba Berlin (86:89) zurückgeschlagen: Das ersatzgeschwächte Team von Cheftrainer Andrea Trinchieri gewann das nicht minder umkämpfte zweite Duell durch eine großartige Charakterleistung 76:66 (26:35) und klaute damit trotz der kurzen Rotation auswärts ein Spiel zum 1:1-Ausgleich. Dem Pokalsieger fehlte neben Paul Zipser und Nick Weiler-Babb erneut auch Leon Radosevic, der wegen seiner Fußblessur nicht eingesetzt werden konnte.
Damit kommt es nach der dritten Finalpartie im Münchner Audi Dome am Samstag – dann endlich wieder mit Fans – in jedem Fall zu einem zweiten Heimspiel am Sonntag (jeweils 15 Uhr).
Die Gäste begannen vor 2.000 Fans hochkonzentriert und aggressiv in der Defense, beim Stand von 22:7 (11.) störten nur Berliner Offensivrebounds. Nach der höchsten Führung von 29:10 (14.) fehlte jedoch etwas die Geduld im Angriff, Alba kam mit einem 12:0-Run zurück. Nach der Pause geriet das Duell zur intensiven Achterbahnfahrt, 46:42 ging Alba nach fünf Münchner Ballverlusten in Führung (27.). Der FCBB fightete aber trotz der wenigen Wechseloptionen mit einem 10:0-Sprint zurück und ging mit einem 52:50 ins Schlussviertel. Dort brachte der herausragende Topscorer Vladimir Lucic (26 Punkte, neun in den letzten vier Minuten) sein Team 95 Sekunden vor dem Ende 69:63 in Front – der entscheidende Schritt zum umjubelten Auswärtstriumph.
Alba Berlin - FC Bayern Basketball 89:86 (45:40)
FCBB:
Vladimir Lucic (26/4 Rebounds), D.J. Seeley (16), Wade Baldwin (9/7 Assists), Zan Mark Sisko (7/5 Rebounds/5 Assists), Nihad Djedovic (6), Robin Amaize (6), Jalen Reynolds (4), James Gist (2), David Krämer, Sasha Grant, Leon Radosevic, und Jason George.
Topscorer Berlin:
Ben Lammers (15 Punkte)
Schiedsrichter
Anne Panther, Martin Matip, Steve Bittner
Zuschauer
2.000
Die Punkteverteilung nach Vierteln (aus Sicht FCBB): 20:7, 15:19, 17:24, 24:16
Zahlen & Fakten - Zweier-Quote: 50 % (FCBB) // 54 % (Berlin); Dreier-Quote: 53 % // 20 %; Freiwurf-Quote: 92 % // 85 %; Rebounds: 27//36; Assists: 16//18; Ballverluste: 14//19.
Die Stimmen:
Andrea Trinchieri: „Das ist back-to-back: Gestern haben wir aufgrund von Details verloren, heute waren wir besser. Ich glaube, abgesehen von zwei Momenten, in denen wir die Spannung nicht hochgehalten haben, haben wir einen guten Job gemacht. Meine Spieler haben hart und über ihre Fehler hinweg gespielt. Wir sind da, wo wir jetzt sein wollen. Es steht 1:1. Back-to-back ist für uns alle neu, wir müssen da hindurchdurch navigieren. Mein Team weiß, wie es spielen muss. Heute haben wir irgendwie die Energie gefunden und zurückgeschlagen. (…) Alle Spiele, die wir gewonnen haben, haben wir gut verteidigt. Jetzt geht es in nicht einmal 48 Stunden zum nächsten Duell. Es ist weniger als ein Tag Pause. Wir werden jetzt regenerieren und abwarten, was bis Samstag passiert. (…) Das einzige technische Foul ging heute auf mich, also kann ich nicht happy sein, aber die Spieler haben es besser gemacht. Die Story unserer Saison ist es, einen Schlag auf den Mund zu kriegen, bevor wir anfangen zu spielen; und Alba hat uns gestern richtig geschlagen. Mein Ziel war heute, ein Team zu finden, das sich 40 Minuten auf dem Feld bewegen kann. Denn ohne Defense kannst du gegen Alba nicht gewinnen. (…) Lucic ist unser Leader und im wichtigsten Spiel in Deutschland hat man das gesehen.“
Vladimir Lucic: „Bei diesem Spielplan ist es wichtig, zurückzukommen, nachdem wir gestern verloren haben. Es ist ein riesiger Unterschied, ob es 1:1 oder 2:0 steht. Die Serie ist jetzt zurück in München. Wir sind zurück, es ist ausgeglichen und wir müssen uns für das kommende Spiel vorbereiten. Ich versuche immer, meinem Team zu helfen. Es ist ein Sieg für das Team. Mit zwei wichtigen deutschen Spielern, die fehlen, sind solche Spiele wie heute extrem wichtig, vor allem bei Back-to-back-Spielen. Wir wissen, wie die Situation aussieht und versuchen das Beste daraus zu machen. Wir haben einen guten Job gemacht, wir haben ein Spiel geklaut. Jetzt kommt die Serie nach München. Wir müssen uns jetzt erholen und fokussiert bleiben. Wir werden das tun, was der Coach von uns verlangt. Es wird keine großen Überraschungen geben. Gerade die Spieler, die hier schon länger spielen, kennen auch die Berliner sehr gut. Es ist ein verrückter Spielplan, da gilt es einfach, sich bestmöglich zu erholen. Wir freuen uns jetzt sehr auf die Zuschauer in München.“
Aíto Garcia Reneses, Coach Berlin: „Bayern hat sehr gut gespielt. Sie sind mit exzellenter Energie aufgetreten. Wir haben zuerst schlecht gespielt, was aber auch viel mit ihrer starken Defense zu tun hatte. Es gab in der Offense zunächst kein Durchkommen, aber wir haben uns davon erholt und sind zurückgekommen. In den entscheidenden Momenten haben die Bayern dann aber jedes Mal getroffen, wenn sie einen Wurf genommen haben.“
Das Spiel:
Trinchieri begann erneut mit einer kleinen Aufstellung und schickte Wade Baldwin, Robin Amaize, Nihad Djedovic, Vladimir Lucic und Jalen Reynolds auf das Parkett. Die Starting Five zeigte direkt, dass sie nach Spiel eins etwas gut zu machen hatte. Baldwin ließ Rückkehrer Peyton Siva mit einer eleganten Drehung ins Leere laufen und schloss selbstbewusst aus der Mitteldistanz ab. Ein Dreier von Lucic ins Gesicht Niels Giffeys forcierte die frühe Auszeit von Berlin (11:6/5.). Doch das war erst der Start zu einem 14:1-Lauf der Bayern.
Aus einer kompakten Defensive (fünf Berliner Ballverluste im ersten Viertel) ergaben sich immer wieder Möglichkeiten, die Lucic und Amaize zu Punkten ummünzten. Zwei Freiwürfe von D.J. Seeley setzten den Schlusspunkt auf ein eindrucksvolles Viertel, das mit 20:7 an die Gäste ging.
Seeley übernahm nun die Offensive und scorte fünf Punkte. Während die Albatrosse weiter einen Weg in die Partie suchten und einen Airball von Scharfschütze Marcus Eriksson verdauen mussten, ließ Reynolds nach einem traumhaften Anspiel von Zan Mark Sisko den Ring vibrieren (29:12/14.). Das über Jahre eingespielte Duo Siva/Sikma war es, das den Gastgebern wieder Leben einhauchte und einen eigenen 12:0-Lauf initiierte – Auszeit Trinchieri. Die letzten zwei Minuten der ersten Hälfte erwachten die Bayern wieder und sicherten per Buzzer-Beater von Lucic eine Neun-Punkte- Führung (35:26).
Berlin dreht einen 19-Punkte-Rückstand in ein 46:42 – dann übernimmt Lucic
In der zweiten Halbzeit kamen die Berliner mit viel Druck aus der Kabine, der sich gerade bei Baldwin in zwei schnellen Ballverlusten bemerkbar machte. Trinchieri reagierte sofort und brachte Sisko zurück, der zusammen mit Lucic Antworten auf die Sturm- und Drangphase fand (42:34/24.). Alba war nun voll da und brandgefährlich von der Dreierlinie, von der Eriksson und Simone Fontecchio die erste Berliner Führung besorgten (46:42/27.) Doch die Gäste blieben bei ihrer Marschroute, fanden zurück zur EuroLeague-erprobten Defensive und erarbeiteten sich wieder einen knappen Vorsprung (52:50).
Das Schlussviertel war Dramatik pur: Ein seitlich eingesprungener Fontecchio-Dreier brachte Alba in Front, Gist konterte mit einem starken Drive zum Korb (62:61/36.). Zwei Minuten vor dem Ende war es erneut Dauerbrenner Lucic, der Nerven aus Stahl bewies und einen schweren Dreier durch die Reuse schickte – 67:63! Berlin versuchte es wieder über Maodo Lo. Doch diesmal war die Defensive bereit für die Soloeinlagen des Ex-Münchners. Das Resultat: zwei Ballverluste (69:63). Sisko kassierte jedoch sein fünftes Foul und Baldwin zuvor ein Unsportliches. Der FCBB hat jedoch Lucic, der Serbe hatte ab dem 61:61 (36.) neun Punkte geholt, Seeley assistierte ihm mit letzter Kraft. Ein Dreipunktspiel von Fontecchio machte es nach nochmal spannend. Aber die Zeit lief jetzt ab, die Gäste verdienten sich den Sieg an der Freiwurflinie endgültig.
Die Playoff-Finals 2021 (best-of-five):
Samstag, 12. Juni, 15 Uhr: Spiel 3
Sonntag, 13. Juni, 15 Uhr: Spiel 4
Dienstag, 15. Juni, 19 Uhr: Spiel 5*
*= falls nötig
Foto-Credit: Eirich, Stickel, Wiedensohler