





Die Basketballer des FC Bayern haben nur zwei Tage nach dem furiosen Auswärts-Coup in Tel Aviv (85:82) eine echte Sensation geschafft: Das Team von Chefcoach Andrea Trinchieri siegte erstmals in der Klubhistorie beim türkischen Mitfavoriten Fenerbahce Istanbul. Durch eine sagenhafte Aufholjagd tilgte der Gast einen scheinbar uneinholbaren Rückstand von 21 Punkten (18:39/17.) in der zweiten Halbzeit und triumphierte tatsächlich noch 75:71 (25:45). Die Bayern kämpften Fener nach der Pause beherzt nieder, holten allein in der zweiten Hälfte 27 Rebounds und ließen nur noch 26 Punkte der Türken zu. Mit diesem denkwürdigen Comeback-Erfolg steht der FCBB nach vier Partien gegen durchweg hochkarätige Gegner mit 3:1 Siegen da.
Vladimir Lucic (18 Punkte) und Jalen Reynolds (17 Punkte/8 Rebounds) gingen am Freitagabend voran; auch die Topstars Nando De Colo (18 Punkte) und Jan Vesely (25) konnten am Ende nicht verhindern, dass das dramatische Schlussviertel mit einem 27:13-Run an die Münchner ging. Am Ende war es wieder einmal Co-Kapitän Lucic, der die Nerven an der Freiwurflinie bewahrte und die Münchner Jubelparty eröffnete.
Die Bayern reisen am Samstag direkt weiter nach Leipzig. Nicht einmal 48 Stunden nach diesem EuroLeague-Highlight ist die Mannschaft in Weißenfels beim ersten Spiel in der BBL-Pokal-Qualifikation gegen Bayreuth gefordert (Sonntag, 18 Uhr).
Fenerbahce Istanbul - FC Bayern Basketball 71:75 (45:25)
FCBB
Vladimr Lucic (18 Punkte), Jalen Reynolds (17 Punkte/ 8 Rebounds), Zan Mark Sisko (11/4 Assists), Nihad Djedovic (10), Nick Weiler-Babb (7), Wade Baldwin (6/4 Steals), Leon Radosevic (4), Paul Zipser (2), JaJuan Johnson, TJ Bray, Malcolm Thomas und Robin Amaize.
Topscorer Fenerbahce
Jan Vesely (25 Punkte)
Schiedsrichter
Ilija Belosevic, Saso Petek, Vasiliki Tsaroucha
Die Punkteverteilung nach Vierteln (Aus Sicht des FCBB): 9:28, 16:17, 23:13, 27:13
Zahlen & Fakten - Zweier-Quote: 53 % (FCBB) // 56 % (Istanbul); Dreier-Quote: 24 % // 33%; Freiwurf-Quote: 88% // 83%; Rebounds: 40 //27; Assists: 16 // 23; Ballverluste: 13 // 14.
Die Stimmen:
Andrea Trinchieri: „Eine Doppelspiel-Woche in der EuroLeague ist an sich schon merkwürdig, aber eine Doppelspiel-Woche mit Auswärtsspielen in Tel Aviv und in Istanbul ist super-merkwürdig. Es kann dir dann passieren, dass dein Team betrunken aussieht. Und wir haben betrunken ausgesehen in der ersten Halbzeit. In der ersten Halbzeit haben wir sehr schlecht gespielt, das war blamabel. Ich wusste, dass wir das als Team nicht sein können. Aber wir haben versucht, zu unser DNA zurückzufinden und die heißt Defense, Defense Defense. Das haben wir geschafft. Das Gute an dem Team, das ich coache, ist, dass es eine Seele hat. Ich versuche, ihre Fehler zu reduzieren, wobei ich nicht sehr erfolgreich dabei bin. Aber meine Mannschaft lehrt mich dafür, was das Wichtigste überhaupt ist: niemals aufzugeben, mit Herz zu spielen, hart zu spielen, nach dem Ball zu hechten und als Team zu spielen. Das hat uns erlaubt, ein unglaubliches Spiel zu gewinnen, mit 20 Punkten Rückstand und dann gegen Fenerbahce noch so zurückzukommen. Sie sind ein Final Four-Team, deswegen schmeckt dieser Sieg sehr süß. Denn er erlaubt mir, mein Team weiter zu pushen, noch besser zu werden. Der Sieg ist unglaublich, ich freue mich für meine Spieler.“
Jalen Reynolds: „Wir haben uns in der zweiten Hälfte stark gesteigert. Wir sind zusammengeblieben, das macht uns so stark. Ich wusste ganz genau, dass ich viel Energie bringen muss und alles dafür geben, um den Sieg noch zu holen. Der Coach hat uns dabei unglaublich viel Kraft gegeben. Wir stehen alle zusammen und folgen ihm zu 100 Prozent.“
Vladimir Lucic: „Es ist ein großartiges Gefühl, zwei solche Auswärtsspiele zu gewinnen. Wir sind schwach gestartet, haben dann aber zu unserem Spiel gefunden. Wir haben immer an uns geglaubt. Dafür trainieren wir jeden Tag richtig hart. Wir wissen genau, was wir wollen, und das ist an uns zu arbeiten und jeden Tag besser zu werden.“
Das Spiel:
Wie nach dem Spiel in Tel Aviv angekündigt, rotierte Trinchieri und brachte JaJuan Johnson und Malcom Thomas für Nick Weiler-Babb und Leon Radosevic in die Starting Five. Fenerbahce versuchte von Anfang an, aggressiv zu verteidigen und Center Vesely ins Spiel zu bringen – was zu drei frühen Fouls und vier Ballverlusten führte (3:11/4.). Gerade Defensiv fehlte die Frische gegen einen physisch starken Gastgeber. Die Quoten der Bayern waren dürftig, 8:29 lag man nach dem ersten Viertel hinten.
Im zweiten Abschnitt kam Bayern etwas besser ins Spiel. Jalen Reynolds brachte viel Energie von der Bank und vollendete einen 7:2 Lauf mit einem krachenden Dunk (16:31/13. Minute). Fener ließ sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen und hielt vor allem durch Drives zum Korb von De Colo den Vorsprung konstant (18:39/17). Die Münchner spielten sich jetzt immer wieder freie Würfe heraus, trafen jedoch gerade von der Dreierlinie zu wenig (3 von 16). So ging es mit einem 20-Punkte Rückstand in die Halbzeit (25:45).
Die zweite Hälfte begann mit einem Lauf der Münchner. Sowohl Reynolds als auch Lucic stopften zwei verworfene Dreier mit Nachdruck zurück in den Korb und verkürzten den Rückstand auf 13 Punkte (36:49/24) – hier ging noch etwas. Neben der jetzt zupackenden Defensive zeigte sich in dieser Phase Zan Mark Sisko (11 Punkte/4 Assists) treffsicher von der Dreierlinie. Mit dem Ende der Sirene beendete Radosevic ein starkes Viertel und verkürzte auf 48:58.
Der furiose Schlussabschnitt begann mit einem dominanten Reynolds, der gleich ein Dreipunkt-Spiel auf einen Put-back-Dunk folgen ließ (53:58). Wieder waren es nur De Colo und Vesely, die dagegen hielten (55:63/33). Doch die Mannschaft von Trinchieri jagte den Gegner nun, holte zahlreiche Offensiv-Rebounds (13:3) und ging fünf Minuten vor Schluss mit einem Dreier von Nick Weiler-Babb tatsächlich zum ersten Mal in Führung (65:63). Topscorer Vesely glich 70 Sekunden vor dem Ende zum 68:68 aus. Das war der Zeitpunkt für Wade Baldwin: Mit einem Mitteldistanzwurf und einem Steal besorgte er die Führung, ehe ein unsportliches Foul an Lucic den Bayern einen Fünf-Punkte-Vorsprung mit nur noch zehn Sekunden auf der Uhr einbrachte. Ein Dreier von De Colo sorgte nochmals für Spannung. Doch Lucic blieb von der Freiwurflinie eiskalt und vollendete den grandiosen Comeback-Sieg.
Foto-Credit: Burak Saltik