





Die Basketballer des FC Bayern haben trotz einer lange bravourösen Leistung einen Auftakterfolg in den EuroLeague-Playoffs auf höchstunglückliche Weise verpasst: Das defensivstarke Überraschungsteam von Cheftrainer Andrea Trinchieri verlor beim italienischen Starensemble von Olimpia Mailand nach einer lange komfortablen Führung und einem Zähler Vorsprung noch in der Schlusssekunde 78:79 (44:27). Der Siegkorb fiel nach einem letzten Einwurf am Bret mit 1,2 Sekunden auf der Uhr. Die Bayern mussten zudem früh das verletzungsbedingte Aus ihres besten Verteidigers Nick Weiler-Babb (Sehnenblessur am Fuß) noch vor der Pause hinnehmen. Bester Werfer der Münchner, die das erste Playoff-Spiel einer deutschen Mannschaft in der Königsklasse bestritten, war D.J. Seeley (23).
Die Bayern liegen damit in der Best-of-five-Serie um den Einzug in das Kölner Final Four (28. – 30.5.) 0:1 hinten. Spiel zwei findet in 46 Stunden, am Donnerstag ab 20.45 Uhr, ebenfalls im Mailänder Mediolanum Forum statt. Am kommenden Mittwoch kommt die Serie dann erstmals in den Audi Dome nach München. Zuvor empfängt der FCBB in der BBL am Sonntag noch Alba Berlin.
Olimpia Mailand - FC Bayern Basketball 79:78 (27:44)
FCBB:
D.J. Seeley (23 Punkte/5 Dreier/6 Rebounds), Wade Baldwin (10), JaJuan Johnson (10), Jalen Reynolds (7), Zan Mark Sisko (7/6 Assists), James Gist (7), Vladimir Lucic (6), Paul Zipser (5), Nick Weiler-Babb (3), Leon Radosevic, Robin Amaize und Diego Flaccadori.
Topscorer Mailand:
Zach Leday (17 Punkte)
Schiedsrichter
Juan Carlos Garcia, Fernando Rochs, Tomislav Hordov
Die Punkteverteilung nach Vierteln (aus Sicht des FCBB): 18:16, 26:11, 20:26, 14:26.
Zahlen & Fakten - Zweier-Quote: 39% (FCBB) // 55% (Mailand); Dreier-Quote: 42% // 24%; Freiwurf-Quote: 73% // 91%; Rebounds: 37 // 38; Assists: 15 // 10; Ballverluste: 8 // 8.
Die Stimmen:
Andrea Trinchieri: „Gratulation an Mailand. Wir lagen in dem Spiel 39:58,8 Minuten vorn, es hat uns nur ein einziger Ballbesitz gefehlt. Wir wollten in diese Serie kommen und ich denke, wir haben das sehr gut gemacht. Wir hätten mehr erreichen können, aber das haben wir nicht getan. Viele unser Spieler hatten keine Ahnung und Erfahrung, was es mit einer EuroLeague-Playoff-Serie auf sich hat. Das war jetzt das erste Spiel, wir müssen im zweiten einige Dinge besser machen. Ich finde, wir haben ein sehr gutes Spiel gezeigt. Aber das ist für mich persönlich heute sekundär, denn meine Gedanken sind bei Nick Babb. Wenn ein Spieler zu diesem Zeitpunkt der Saison solch eine Verletzung erleidet, ist das einfach traurig. (…) Wir können nach dieser Niederlage hierbleiben und jammern und fluchen, oder wir können über das nächste Spiel nachdenken. Ich denke, Letzteres ist die produktivere Entscheidung.“
D.J. Seeley: „Wir hätten das zum Schluss besser machen müssen. Der letzte Ball hat uns den Sieg gekostet. Wir hätten schon im dritten Viertel im Angriff bessere Entscheidungen treffen müssen. Es war ein hartes, erstes Playoff-Spiel, wie ich mir es vorher vorgestellt habe.“
Zan Marko Sisko: „Nach diesem Ende des Spiels ist es nicht einfach, etwas Kluges zu sagen. Ich denke, wir haben in der ersten Halbzeit großartig gespielt, haben in der Offensive und in der Defense dominiert. In der zweiten Halbzeit hat man dann gesehen, dass sie ein sehr gutes Team sind; sie fingen an zu scoren und haben den Ball gut verteilt. Was zum Schluss passiert ist, hat jeder gesehen. Aber wir sollten den Kopf hochnehmen und uns auf das nächste Spiel konzentrieren.“
Das Spiel:
Wade Baldwin, Nick Weiler-Babb, Vladimir Lucic, James Gist und Leon Radosevic standen im ersten europäischen Playoff-Spiel der Vereinsgeschichte in der Startformation des FCBB. Die Anspannung der Bayern war während der ersten zwei Minuten erkennbar, Weiler-Babb löste sie mit den ersten Zählern für sein Team, ein Dreier zum 3:3. Baldwin prägte die offensiven Aktionen, die Partie war absolut ausgeglichen (8:8/6.). Die Intensität in der Verteidigung war am Spielstand abzulesen - nach acht Minuten erzielte Paul Zipser per Dreier das 13:12. Die Münchner kamen mit der Pressverteidigung der Italiener gut zurecht und führten nach dem ersten Viertel 18:16.
Der FCBB startete furios in den zweiten Spielabschnitt. Erst hämmerte Jalen Reynolds den Ball in den Korb des italienischen Rekordmeisters, dann versenkte D.J. Seeley den Dreier zum 23:16 - Auszeit Mailand (12.). Aber München war nicht aufzuhalten, Seeley erneut per Dreier zur zweistelligen Führung (26:16/12.). Die Bayern waren vorne nicht zu stoppen, hinten wurden die Mailänder extrem unter Druck gesetzt und zu Fehlern gezwungen (32:18/15.). Für die Schrecksekunde des Spiels sorgte die Verletzung von Weiler-Babb, der vom Parkett getragen werden musste. Sein Team blieb bewundernswert fokussiert und baute den Vorsprung unaufhaltsam aus, der viertelübergreifende Lauf belief sich auf 24:5 (40:21/18.). Das zu erwartende Aufbäumen des Favoriten kam, Coach Trinchieri reagierte mit einer Auszeit (40:25/20.). Der coole Seeley schoss mit einem smarten Vier-Punkt-Spiel den Vogel ab, erzielte allein in diesem Viertel zwölf Punkte. Zur Halbzeit lagen die Münchner 44:27 in Führung.
Weiler Babb früh verletzt – und beim letzten Einwurf wird LeDay vergessen
Trinchieri prophezeite im Halbzeit-Interview gallig aus der Kabine kommende Mailänder - prompt war es exakt so. Die Norditaliener verteidigten jetzt wesentlich giftiger und schlossen vorne konsequenter ab. Nach vier Minuten nahm der Coach eine Auszeit, weil das Team aus seiner Heimatstadt mit einem 12:3-Lauf auf 47:39 herangerückt waren. Die Münchner stoppten den Run und hielten dagegen (53:42/26.). Ein weiterer Drei-Punkte-Treffer von Seeley und ein Korb von James Gist bauten den Vorsprung wieder aus (58:44/28.). Olimpia nutzte aber jede Nachlässigkeit der Münchner, die nach dem dritten Viertel immerhin noch zweistellig führten - 64:53.
Vladimir Lucic beantwortete einen Rodriguez-Dreier mit einem Distanzwurf zum 67:56 (32.). Topstar Rodriguez übernahm jetzt aber mit acht Zählern in Serie, Auszeit München (67:61/33.). Das Momentum war klar auf Seiten der Italiener, die sich Punkt um Punkt heranarbeiteten. Unter dem Druck der aggressiven Verteidigung wurden die Abschlüsse der Bayern hektischer. Mit einem 9:0-Lauf kam Mailand auf zwei Punkte heran, da kam ein Drei-Punkt-Spiel von Gist genau zur rechten Zeit (70:65/36.). Auch Seeleys fünfter Wurf von jenseits der Dreierlinie saß - 73:67 (37.). Baldwin wurde auf dem Weg zum Korb gefoult, traf aber nur einen Freiwurf 74:70 (noch 138 Sekunden). Kyle Hines brachte Mailand wieder auf zwei Zähler heran. Ein Ballverlust zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ermöglichte den Italienern den Ausgleich zum 74:74 (noch 56 Sekunden). Bedauerlicherweise ließ dann Gist zwei Chancen von der Freiwurflinie ungenutzt, Rodriguez bestrafte das eiskalt mit dem Dreier zur Führung der Mailänder (74:77/noch 36 Sekunden). Baldwin wurde gefoult, die beiden fälligen Freiwürfe fanden ins Ziel (76:77/noch 32 Sekunden). Der ehemalige Bayern-Spieler Delaney verwarf, während der hektischen verbleibenden fünf Sekunden fand Sisko den Kollegen Gist, der gefoult wurde. Der Routinier nutzte seine Erfahrung und verwandelte: 78:77! Gut eine Sekunde war aber noch auf der Uhr – und nach der Auszeit ging Zach Leday verloren, der den Alley-Oop zum Sieg im Korb der Bayern unterbrachte.
Foto-Credit: Cottini