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Schweinsteigers emotionaler Brief an Jupp Heynckes

Vier Mal saß Jupp Heynckes auf dem Trainerstuhl beim FC Bayern – und gewann vier Meisterschaften, den DFB-Pokal, drei Mal den Supercup, und, als Krönung, die Champions League. Heute, am 9. Mai 2020, feiert „Don Jupp“, einer der erfolgreichsten Trainer in unserer großen Vereinsgeschichte, seinen 75. Geburtstag. In „51“ gratuliert ihm Bastian Schweinsteiger, sein „verlängerter Arm“ beim historischen Triple-Sieg 2013.

Lieber Jupp,

weißt Du noch, wie Du mir vor vielen Jahren an der Säbener Straße mal fünf CDs in die Hand gedrückt hast? Ich sollte Dir alle 150 Songs aufs Handy laden. Es war überwiegend 80er-Jahre-Musik (ich liebe das): Tina Turner, Bruce Springsteen, die Beach Boys… Ich kann jetzt verraten: Ein Teil landete auch auf meinem eigenen Handy. Ich höre das manchmal heute noch, im Auto oder wie Du damals beim Sport. Vom Massageraum aus, wo ich nach dem Training gerne mal lag, konnte man bestens beobachten, wie Du im Gym Deine Übungen gemacht hast. Wir haben immer gestaunt, wie geschmeidig Du Dich bewegen kannst. Auch in Deinem ja schon etwas höheren Alter hast Du nie aufgehört, an Dir zu arbeiten. Nicht nur im Kraftraum, sondern vor allem im Kopf. Du hast Dich ständig upgedatet, hast so viel Herzblut in den Trainerjob gesteckt, so viel Leidenschaft – und gleichzeitig hatte ich immer das Gefühl, dass Du es genossen hast, mit uns Spielern zu arbeiten, eine Mannschaft um Dich zu haben. Du hast es geliebt, Trainer zu sein.

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Für mich waren die Jahre mit Dir die vielleicht schönsten meiner Karriere. Und zwar nicht nur, weil Du mich vom Flügel ins zentrale Mittelfeld gesteckt hast. Das war bei unserer ersten Zusammenarbeit im April/Mai 2009, als Du für fünf Spiele zu uns kamst. Später hat mir Louis van Gaal, der zur nächsten Saison übernahm, erzählt, dass er diese Spiele beobachtet hat – und er mich seitdem als zentralen Mittelfeldspieler sah. Vor allem aber ist Dir etwas gelungen, was nicht viele Trainer schaffen: Du hast alle Spieler und das komplette Team mit ins Boot genommen, auch die Busfahrer, Zeugwarte und Angestellten. Ich kenne niemanden, der jemals schlecht über Dich gesprochen hat. Jeden Morgen bist Du durchs Leistungszentrum gegangen, hast jedem die Hand geschüttelt und „Guten Morgen“ gesagt. Gespräche mit Dir waren geprägt von Offenheit. Du hast auch immer mit den Spielern gesprochen, die auf der Bank saßen – und die haben das verstanden. Weil Du ehrlich mit ihnen warst. Du warst ja selbst mal ein großartiger Fußballspieler und hast eine riesige Erfahrung als Trainer. Das hat Dir ein außergewöhnliches Gespür dafür gegeben, was bei Deinen Pappenheimern im Kopf vorging. Und Du wusstest immer ganz genau, was zu tun ist. Die Gespräche mit Dir, über Taktik, den nächsten Gegner oder einfach über das Leben, habe ich sehr geschätzt. Gerade nach dem Champions League-Finale 2012 hat mir unser Austausch sehr geholfen, das Ganze zu verarbeiten. Auch Dich schmerzte dieses tragische Finale dahoam natürlich, aber Du hast darin auch eine Chance erkannt. Wenn wir wieder so weit kommen, und es dann schaffen, noch fünf Prozent mehr rauszuholen, werden wir das Ding gewinnen – das hast Du mir relativ früh vermittelt und das hat mich sehr motiviert für die nächste Saison.

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Wie Du uns dann nach Wembley geführt hast, war bewundernswert. Auf die kleinsten Kleinigkeiten hast Du geachtet. In jedem Training haben wir 120 Prozent gegeben – und mussten das auch. Das hast Du gefördert und gefordert. Es ist ein unglaublicher Teamgeist und Wille entstanden. In dieser Saison haben wir alle nach vorne gespielt und alle nach hinten verteidigt. Spielern wie Franck Ribéry und Arjen Robben hast Du klargemacht, dass es einen Extra-Applaus von den Zuschauern gibt, wenn sie mit nach hinten laufen und den Ball abgrätschen.

Vor dem Finale in Wembley hast Du nochmal eine Deiner großen Ansprachen gehalten. Danach sind wir mit Gänsehaut aufgestanden, wollten sofort raus und spielen. Wir waren uns sicher: Das ist der Tag, an dem wir das Ding gewinnen. Und so kam es auch. Eine Woche später haben wir dann mit dem DFB-Pokalsieg das Triple perfekt gemacht. Die Feier danach in Berlin war die beste, die wir je bei Bayern hatten. Wir hatten eine Location organisiert, irgendwann bist auch Du dort aufgetaucht. Es gab einen Riesenapplaus, und dann haben wir Dich auf der Tanzfläche erlebt. Unvergesslich! Dieses Rhythmusgefühl in den Hüften! Jetzt wurde uns kar, woran Du die ganze Zeit im Gym gearbeitet hattest.

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Lieber Jupp, ich schätze mich sehr glücklich, dass ich Dich nicht nur als außergewöhnlichen Trainer kennenlernen, sondern auch einen wunderbaren Menschen als Freund gewinnen durfte. Ich habe sehr viel von Dir gelernt. Offenheit, Teamgeist, Ehrlichkeit, Arbeitsmoral hast Du uns vorgelebt, heute vermisse ich diese Werte manchmal im Fußball. Einmal, kurz vor dem Triple, hast Du uns alle zu Dir auf Deinen Bauernhof eingeladen, in Deine Wohlfühloase „Casa de los Gatos“. Wir konnten Dich als Menschen erleben, total echt. Cando ist die ganze Zeit rumgesprungen. Es waren unheimlich schöne Stunden.

Zu Deinem 75. Geburtstag wünsche ich Dir vor allem Gesundheit, und auch, dass Deine Hüfte flexibel bleibt. Denn ein großes Wiedersehen – auch mit dem Rest der 2013er Mannschaft – ist eigentlich überfällig. Also, Trainer, sobald Du das gelesen hast: Wir sollten unbedingt mal wieder tanzen! Ich freue mich darauf.

Die besten Momente aus der Karriere von Jupp Heynckes: Wir haben für Euch zum 75. Geburtstag von "Donn Jupp" die wichtigsten Stationen und Momente zusammengefasst...