Am 15. November feiert Herbert Hainer sein erstes Amtsjahr als Präsident des FC Bayern. Der Verein hat einen Lauf. Aber wer rastet, der rostet. Hainer joggt regelmäßig – und bei einer Runde durch den Englischen Garten blickte er mit uns in die Zukunft.
Herbert Hainer ist ein Frühaufsteher, gleichzeitig hat er es von seiner Schwabinger Wohnung zum Englischen Garten nicht weit – und weil er ein passionierter Jogger ist, freut er sich auf eine ungewöhnliche Runde durch die Parkanlage. Ein Jahr ist er nun bald beim FC Bayern im Amt, erfolgreicher hätte alles kaum laufen können. Beim FC Bayern muss man immer in Bewegung bleiben, also gefiel ihm der Vorschlag, seine Bilanz zu ziehen, während er an Münchner Sehenswürdigkeiten wie dem Monopteros und dem Chinesischen Turm vorbeirennt. Hainer trägt die FCB Teamline Kollektion in Rot und Schwarz, als ihn eine Gruppe Schüler entdeckt, ruft ihm einer zu: „Na, wo spielst du denn?“ Der Präsident grinst: „Ich nehm' das als Kompliment, dass die mich als Spieler sehen.“
Dass Hainer eine gute Figur abgibt, kommt nicht von ungefähr; er versucht, täglich Sport zu machen, und dazu gehört auch, sich hin und wieder quälen zu müssen. Abends, nach einem langen Tag noch einmal raus vor die Tür, wer kennt es nicht, den Kampf mit dem inneren Schweinehund, sagt er. „Aber wenn man dann wieder zu Hause ankommt, fühlt es sich immer gut an.“ Meistens bringt Hainer von so einer Laufeinheit auch noch ein paar Ideen mit.
Ganze Reden hat Hainer während des Joggens vorformuliert
„Ich bin kein Typ, der beim Joggen abschaltet“, erzählt der FCB-Aufsichtsratschef, „da kommt dann alles Mögliche auf den Schirm: Berufliches, Privates, das Weltgeschehen allgemein. Ich denke an die Aufgaben am nächsten Tag, an Dinge, die auf uns zukommen.“ Manchmal greift er dann zu Hause direkt zum Handy, um etwas zu besprechen, was ihm beim Laufen eingefallen ist. Oder er macht sich Notizen, ehe er unter die Dusche springt. Ganze Reden hat er schon im Kopf vorformuliert, wenn er vom Joggen zurückkam.
Während des Laufens kreisen die Gedanken diesmal um das erste FCB-Jahr. „Es war ungemein bewegend, mit vielen tollen Momenten und riesigen Erfolgen – aber wir haben wegen Corona nun schon seit Monaten auch einen Ausnahmezustand auf der ganzen Welt.“ Auf den FC Bayern kommen „wirtschaftliche Herausforderungen wie noch nie zu“, sagt Hainer, „aber ich bin bisher sehr stolz, wie sich unser Verein in dieser Krise präsentiert: Wir arbeiten gemeinsam daran, die Situation zu meistern – und wir sind uns auch unserer sozialen Verantwortung bewusst.“
Soziales Engagement genauso wichtig wie die Titelgewinne
Sportlich sei der FC Bayern aktuell das Maß aller Dinge: „Aber wir sind gleichzeitig weiterhin familiär und greifbar. Wir haben 'Rot gegen Rassismus' initiiert, haben bayerische Amateurvereine unterstützt, waren mit unseren Basketballern bei der Münchner Tafel und vieles mehr – das alles ist für unseren Verein genauso wichtig wie die ganzen Titel, die wir gewonnen haben.“
Auch während des Champions League-Turniers in Lissabon ist der FCB-Präsident jeden Tag gejoggt; am Morgen nach dem 8:2 über den FC Barcelona beschäftigte ihn, wie sehr die Fans am Vorabend gefehlt hatten: „Man erlebt solche magischen Nächte nicht oft – und wenn du mal Barça 8:2 schlägst, ein Barça mit Lionel Messi wohlgemerkt, dann blutet dir das Herz, dass keine Anhänger diese Emotionen vor Ort miterleben durften.“ Bei der Frage nach dem größten Wunsch für sein zweites Amtsjahr muss Hainer keine Sekunde überlegen: „Dass die Fans wieder ins Stadion dürfen.“
Hainers Versprechen: Ein Präsident für alle
Hainer hat sein Amt angetreten mit dem Versprechen, ein Präsident für alle zu sein, nicht ausschließlich für die Profifußballer. „Alle im Verein sind sehr aktiv, alle wollen etwas bewegen. Man spürt das Bayern-Gen – in jeder Abteilung“, sagt er. Die Entwicklung der Basketballer stimme sehr zufrieden, die Fußballerinnen luden ihn einmal zu einem Gespräch in die Kantine am Campus, auch da fand der Präsident den Austausch vielversprechend: „Wir wollen uns im Frauen-Fußball in den nächsten Jahren in Europas Spitze etablieren, und es war sehr interessant, zu erfahren, wie unsere Spielerinnen die Situation einschätzen.“ Hainer ist sich sicher: Diese Mannschaft wird noch von sich reden machen.
Beim FC Bayern bedeutet jeder Titel, dass man sich umgehend ein neues Ziel setzt. Gerade das sei ungemein reizvoll, findet Hainer. „Wir haben nun einen Strategieprozess angestoßen, denn wir müssen in den kommenden Jahren viel bewältigen: Die Pandemie, die digitale Revolution, die finanziellen Herausforderungen, ganz allgemein eine Sportwelt im Wandel“, zählt er auf, „gleichzeitig müssen wir unsere Werte immer behalten und dürfen unsere Wurzeln nie aus den Augen verlieren. Wir werden diesen Weg nicht verlassen, denn ich habe das hier jetzt in meinem ersten Jahr erlebt: Jeder einzelne Mitarbeiter lebt diesen familiären Zusammenhalt – und genau deshalb bleiben wir erfolgreich.“
Die Jogging-Runde ist abgeschlossen, außer Puste wirkt Hainer keineswegs, und so sollte man auch den FC Bayern insgesamt sehen, findet er: „Uns gefällt es, immer voranzugehen, das Tempo vorzugeben - dieses ,Mia san mia‘ treibt uns permanent nach vorne.“
Fotocredits: Dirk Bruniecki
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