Wer rund um die Halbzeitpause des Bundesliga-Heimspiels der Bayern gegen Holstein Kiel etwas mehr Zeit zum Getränke holen oder für den Gang zur Toilette eingeplant hatte, lief Gefahr, Historisches zu verpassen. Sowohl in der Nachspielzeit der ersten Hälfte (45.+2 Minute) als auch unmittelbar nach Wiederanpfiff (46.) traf Harry Kane per Kopf für die Bayern. Für den Engländer waren es die Tore 54 und 55 in seinem 50. Bundesliga-Spiel, womit er den bisherigen Rekord von Erling Haaland (50 Tore in den ersten 50 Bundesliga-Spielen) mal eben um fünf Treffer verbesserte.
„Das bedeutet mir sehr viel“, erklärte der Jubilar nach der Partie: „Natürlich wird ein Stürmer immer an seinen Toren gemessen, aber ohne die starken Mitspieler wäre das nicht möglich.“ Zum Zeitpunkt von Kanes Doppelpack führten die Bayern souverän mit 3:0 gegen den Bundesliga-Neuling, und alles deutete darauf hin, dass die Münchner ihre Feldüberlegenheit in einen klaren Sieg würden ummünzen können. Doch es kam anders – und Kanes Doppelpack noch eine gewisse Bedeutung zu: „Die Tore kurz vor der Halbzeit und direkt nach der Halbzeit waren extrem wichtig für uns“, so Kane weiter. Denn als Schiedsrichter Florian Exner die Partie in der Allianz Arena abpfiff, stand ein letztlich knapper 4:3-Sieg der Bayern auf der Anzeigetafel. Und der Außenseiter aus Kiel hätte um ein Haar einen Punkt aus München entführt.
Musiala: „Dürfen nicht abschalten“
„Keiner von uns ist glücklich, dass es dann noch 4:3 ausgegangen ist“, sagte Jamal Musiala und nahm sich und seine Teamkollegen in die Pflicht: „Auch wenn wir mit mehreren Toren in Führung liegen, dürfen wir nicht abschalten.“ Ähnlich sah dies auch Christoph Freund: „Dass wir das Spiel nochmal so spannend gemacht haben, ist unnötig, dadurch geht man mit einem anderen Gefühl aus dem Spiel“, so der Sportdirektor: „Es ist wichtig, dass wir gewonnen haben, aber wir müssen über 90 Minuten konzentriert und hungrig bleiben, unser Spiel durchziehen. Das ist uns nicht gelungen, aber trotzdem haben wir einen wichtigen Sieg eingefahren.“
Dass die Bayern mit Kiel ein unangenehmer Gegner erwarten würde, bekam Michel Olise in der Anfangsphase der Partie gegen den Aufsteiger bereits schmerzhaft zu spüren. Nach einem Tritt von Lewis Holtby humpelte der junge Franzose kurze Zeit über den Platz und musste im Anschluss behandelt werden. Zum Glück für die Bayern blieben aber beide Füße heil, und Olise konnte diese gewinnbringend für die Münchner ins Spiel einfließen lassen. In der 19. Minute passte der Flügelflitzer von der Grundlinie zurück auf Musiala, der den Ball zur 1:0-Führung der Hausherren ins lange Eck schob.
Bayern hat lange alles im Griff
Bayern blieb spielbestimmend und hätte das Ergebnis schon früher in die Höhe schrauben können. Ein Freistoß von Joshua Kimmich klatschte nur an den Pfosten (25.), einen Gewaltschuss von Aleksandar Pavlović (33.) kratzte der starke Kieler Keeper Timon Weiner gerade noch aus dem oberen Toreck. Stattdessen zeigten die Gäste, dass sie an ihre Chance in München glaubten. Nach einem Konter hatte Holtby (26.) Manuel Neuer im Bayern-Kasten bereits überwunden, doch Minjae Kim rettete für seinen Keeper kurz vor der Linie.
Es folgte Kanes Doppelpack und später traf dann noch Serge Gnabry (54.) sehenswert zum 4:0. Alles lief scheinbar nach Plan für den Rekordmeister. Dass Finn Porath (61.) nach einer guten Stunde verkürzte, war noch zu verschmerzen. Doch mit zunehmender Spielzeit ließen die Bayern die Norddeutschen immer besser in die Partie kommen. „Wir haben uns das Spiel, das wir über weite Strecken gut gestaltet haben, etwas kaputt gemacht“, fasste Kapitän Neuer die letzte halbe Stunde später zusammen. Zum Ende einer kräftezehrenden Phase, im letzten von sieben Spielen binnen von nur 22 Tagen musste die Mannschaft daher nochmal auf die Zähne beißen, um Schlimmeres zu verhindern. Mit Erfolg: Zwar traf Kiels Steven Skrzybski in der Nachspielzeit (90.+1/90.+3) noch zwei Mal, letztendlich brachten die Bayern die drei Punkte aber nach Hause.
Kane: „Februar wird wichtig“
„Die letzten zehn Minuten werden wir mit dem Team analysieren müssen“, sagte Coach Kompany auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Dafür bekommen er und seine Mannschaft nun ungewohnt viel Zeit. Erstmals seit dem Ende der Winterpause haben die Münchner jetzt wieder mehr als drei Tage, um sich auf den nächsten Gegner einzustellen. Da das nächste Bundesliga-Spiel gegen Werder Bremen erneut in der Allianz Arena stattfinden wird, bleiben dem FCB zudem erstmal weitere Reisestrapazen erspart. „Wir haben jetzt eine Woche, um zu trainieren. Wir sind in einer guten Position, um die kommenden Wochen anzugehen“, so Kompany. Es bleibt also Zeit genug, um vor den wichtigen Partien in den Champions League-Playoffs Mitte Februar wieder etwas die Akkus aufzuladen und zu regenerieren. Das unterstrich auch Harry Kane: „Der Februar ist sehr wichtig für uns, mit vielen wichtigen Spielen gegen starke Gegner. Dafür müssen wir bereit sein, dafür brauchen wir den gesamten Kader.“
Harry Kane wurde am Samstag für das Tor des Jahres 2024 ausgezeichnet:
Themen dieses Artikels