
Vielleicht hat es ja doch etwas mit diesem Stadion zu tun. Mit den rot-blauen Tribünen, dem hallenden Grollen der Fans, der Kälte einer Pariser Novembernacht. Der Parc des Princes, eines der prestigeträchtigsten Stadien Europas, wurde in diesem Monat gleich zweimal zu einem Ort, an dem der FC Bayern triumphierte. Erst gewann die Mannschaft von Vincent Kopany mit 2:1 gegen Les Rouges et Bleus, nun legten die Frauen nach: 3:1 bei Paris Saint-Germain. An diesem Donnerstagabend waren die Münchnerinnen nicht nur Gäste, sie machten den Prinzenpark in gewisser Weise zu einer Bühne ihrer eigenen Entschlossenheit, zu einem Spiegelbild von Teamgeist, Moral und individueller Klasse. Und das, obwohl die sie einmal mehr zunächst in Rückstand geraten waren.

Die Partie begann verheißungsvoll. Bayern setzte früh auf aggressives Anlaufen, kontrollierten Ballbesitz und suchte sofort die Räume hinter der Pariser Defensive. Doch dann kam der kurze Moment der Unsicherheit: Sakina Karchaoui erzielte nach 16 Minuten das 1:0 für Les Parisiennes. Ein Treffer, der PSG aufleben ließ und die Münchnerinnen auf die Probe stellte. Doch die Reaktion kam prompt: Nur 60 Sekunden später traf Linda Dallmann zum Ausgleich, bereits ihr viertes Tor im November. Ein Treffer, der die aktuell so starke innere Stabilität des Teams demonstrierte. Und die Fähigkeit, Rückschläge schlagartig, ja gar in Windeseile, in Energie umzuwandeln.
Tanikawas Kunststück in der Pariser Nacht
Die ersten 35 Minuten zeigte sich die Barcala-Elf außerordentlich stark: präzise Pässe, schnelles Umschalten, konsequentes Überladen der Flügel. PSG wurde zunehmend in die eigene Hälfte gedrängt und wirkte verunsichert. Gekrönt wurde jene Phase des Spiels durch den wohl schönsten Moment des Abends: Momoko Tanikawa schnappte sich den Ball, tanzte mit einer simplen, aber effektiven Körpertäuschung gleich zwei Gegenspielerinnen aus und jagte das Spielgerät wuchtig unter die Latte. Dieses Tor verkörperte Selbstbewusstsein, Technik und Timing. Die Japanerin unterstrich auch mit dieser Aktion einmal mehr, wie sehr sie in dieser Saison gewachsen ist.

Doch nicht nur Tanikawa überzeugte. Da war auch noch Franzi Kett, die in dieser Pariser Nacht sozusagen als taktisches Nervensystem des Teams fungierte. Ihre unermüdlichen Läufe, klugen Balleroberungen und präzisen Zuspiele gaben dem Spiel Struktur und Sicherheit. Vor allem jedoch prägte sie das Geschehen entscheidend durch ihre Tacklings und Zweikampfintensität. Für diese Leistung wurde sie als Spielerin des Spiels ausgezeichnet.
„Wir können sehr, sehr glücklich sein. Wir haben heute echt ein gutes Spiel gezeigt“, sagte die 21-Jährige nach dem Spiel. Die Bedingungen in Paris, im Parc des Princes, vor jener Kulisse, seien alles andere als einfach: „Es ist schwer, hier zu gewinnen, daher sind wir froh, dass wir drei Punkte einfahren konnten.“ Besonders die schnellen Gegenspielerinnen hätten ihr alles abverlangt: „Da muss man jede Sekunde voll da sein. Aber die Schnelligkeit ist auch eine meiner Stärken.“
🏆 Verdient: Franziska Kett wurde als „Spielerin des Spiels“ ausgezeichnet:
Paris habe gewusst, dass ein Sieg Pflicht sei, um die Chance auf das Weiterkommen zu wahren. „Deswegen wurden sie in der zweiten Halbzeit viel aggressiver. Das haben wir dann gemerkt und unser Spiel angepasst“, erklärte Kett. Bayern reagierte mit mehr weiten Bällen, setzte aber auch selbst Akzente und erzielte schließlich das wichtige Tor. Der Schlüssel zum Erfolg? „Viel Teamgeist und Zusammenhalt. Jeder ist an seine Grenze gegangen und das hat uns heute den Erfolg gebracht.“ Kett verkörperte die Symbiose aus defensiver Stabilität und offensivem Impulsgeber, die moderne Außenverteidigerinnen auszeichnet: Sie deckt Räume, kontrolliert das Spieltempo und schafft Überzahlsituationen, ohne das Gleichgewicht der Mannschaft zu gefährden.
FCB besteht Stresstest

Allen voran in Durchganz zwei, in welchem sich die Dynamik des Spiels veränderte, in welchem PSG nach und nach mutiger wurde. Die Mannschaft von Paulo César erhöhte den Druck, attackierte aggressiver, gewann mehr zweite Bälle. Die Münchnerinnen reagierten hingegen mit einem tieferen, kontrollierteren Aufbau. Pernille Harder hatte in der 73. Minute die Chance, das Spiel vorzeitig zu entscheiden, doch ihr Schlenzer von der Strafraumkante traf nur die Latte.
Dennoch blieb die Mannschaft ruhig, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und verteidigte konzentriert. Magdalena Eriksson brachte es nach dem Schlusspfiff im Pariser Prinzenpark auf den Punkt: „Das hier ist kein einfacher Ort, um einen Sieg einzufahren. Die erste Halbzeit war gut von uns. Im zweiten Durchgang haben sie es uns schwer gemacht und es ging einzig und allein darum, das Ergebnis mitzunehmen. Auch die Spielerinnen, die dann von der Bank gekommen sind, haben einen großen Teil dazu beigetragen, dass es uns gelungen ist, den Sieg einzufahren.“

Die endgültige Entscheidung fiel beinahe mit dem Schlusspfiff. Klara Bühl und Franzi Kett setzten auf der linken Seite stark nach, Bühl flankte nach innen, Alara verlängerte, und die eingewechselte Jovana Damnjanović traf aus kurzer Distanz zum 3:1. Ein Tor, das den Abend versiegelte und die Leistung des Teams zusammenfasste: konsequent, abgezockt und reif.
Mehr als nur ein Etappenziel
Mit nun neun Punkten aus vier Spielen haben die Münchnerinnen bereits vorzeitig die Play-offs sicher, die direkte Qualifikation für das Viertelfinale ist dank Rang fünf in der Tabelle zum Greifen nah. Zwei Partien stehen noch aus, zunächst auswärts bei Atlético Madrid, zum Abschluss zuhause gegen Vålerenga Oslo. Nach dieser Vorstellung ist jedoch klar, dass dieses Team noch mehr erreichen kann als nur die Runde der letzten Acht. Die Serie von neun Pflichtspielsiegen in Folge zeigt die aktuelle Formkurve und den unbedingten Siegeswillen. José Barcala fasste es zusammen: „Ich freue mich sehr für das Team. Wir haben zwei komplett unterschiedliche Halbzeiten gesehen. In den ersten 45 Minuten waren wir sehr dominant und hatten viel Ballbesitz. Trotz des Rückstands hatten wir die Partie jederzeit unter Kontrolle, das war eine sehr gute Leistung. In der zweiten Hälfte ist es uns nicht mehr gelungen, so dominant zu sein, wie wir das wollten.“

Der Sieg in Paris war kein reines Feuerwerk spektakulärer Einzelaktionen. Vielmehr wurden Rückstand, Druck und eine anspruchsvolle Kulisse in Energie umgewandelt. Wie schon gegen den Titelverteidiger Arsenal, wie schon gegen Juve. Bayern präsentierte sich als Team, das in Europa bestehen kann. Nicht nur an einem Abend, sondern über Wochen hinweg. Wie schon in den vergangenen Spielen stand auch an diesem Abend ein Team auf dem Platz, das moralisch stark, taktisch klar und individuell brillant agierte. Und den FC Bayern zum zweiten Mal im November 2025 mit einem guten Gefühl aus dem 16. Arrondissement von Paris – besser gesagt aus dem Prinzenpark – abreisen ließ.
🗞️ Der Spielbericht zum Aufeinandertreffen mit PSG:
👀 Glódís Perla Viggósdóttir im Fokus:
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