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„Die Ressourcen des Vereins nutzen“

Nachdem die Mannschaft um Trainer Andrea Trinchieri soeben das Teamtraining aufnehmen konnte nach den Medizin- und Corona-Checks, stand nun FCBB-Sportdirektor Daniele Baiesi im Rahmen eines Mediengesprächs Rede und Antwort. Er berichtete über die intensive Analyse der vergangenen Saison und einen „Richtungswechsel“, den der Verein unternimmt.

Hier komprimiert seine wichtigsten Aussagen. Daniele Baiesi über . . .

. . . den Weg zur neuen Ausrichtung des FCBB:

„Die Strategie des Klubs hat sich geändert. Manche Änderungen sind sichtbar, andere nicht. (…) Der Klub hat sich für eine neue Richtung entschieden, nachdem er sich gefragt hatte: ,Was wollen wir sein?‘ Angefangen vom Präsidenten haben wir alle die Lage analysiert und diese Entscheidung getroffen. (…) Die Analyse begann viel früher, schon im Dezember, Januar. Die Diskussionen jetzt waren sehr heilsam, auch wenn sie natürlich auch unbequem waren. Nun versuchen wir, die bestmögliche Version unserer Strategie zu werden.

Diese neue Richtung beginnt beim Trainer. Als er sich entschieden hat, mit uns zu verhandeln, haben wir ihm von unserem Weg erzählt und gefragt, ob er es sich vorstellen kann, ein Teil davon zu sein: ,Der Stil, den deine Mannschaften immer zeigen, ist das, was wir sein möchten‘. Es ist also nicht so, dass eine Seite allein etwas entscheidet. Ich glaube an partnerschaftliche Beziehungen im Umgang, weil wir hier sind, um gemeinsam zu arbeiten; da muss also ein gegenseitiges Verständnis herrschen. Andrea (Trinchieri) wurde ausgewählt aufgrund dessen, was er mitbringt.“

. . . über den finalen Kader:

„Wir planen mit neun Ausländern und nicht mit zehn, die es jetzt noch sind. Es gibt Gespräche mit Petteri (Koponen), der gerade in München ist und hier individuell bei uns arbeitet. Er ist nicht Teil unseres Plans für nächste Saison. Wie ich erwähnte, geht es um eine klare Änderung der Richtung. Denn wir wollen ein jüngeres Team haben, mit frischem Blut und einer physischen Herangehensweise. Petteri ist ein großartiger Kerl und war ein wichtiger Teil unseres Erfolgs, den wir hatten. Wir haben zwei Jahre sehr gut zusammengearbeitet. Aber neben seinen Verdiensten gab es eben auch den Aspekt, dass wir glauben, dass er nicht ins Team passt, so wie es nun dasteht. Der Verein hat Petteri das erklärt und auch seinem Agenten, der das erwartet hatte, weil wir uns seit Jahren gut kennen. Wir sind zuversichtlich, dass wir eine faire Lösung finden werden. Aber der Input, dem wir dem Team dieses Jahr geben, ist eben Teil eines langfristigen Plans. Die Saat haben wir schon vor längerer Zeit ausgebracht.“

George, Grant und Rudan als „Schlüsselelement der Identität“

. . . die Integration von Nachwuchsspielern:

„Da sind in diesem Zusammenhang Sasha Grant, Jason George und Matej Rudan. Zwei von ihnen sind keine Deutschen, aber sie haben jetzt den Status eines „Local Players“. Sie werden konstant zum Team gehören, wobei sie sich die Minuten natürlich verdienen müssen. Sie werden Teil der Bundesliga-Rotation sein. Darüber sind wir sehr stolz, weil wir das schon länger versucht haben – jetzt ist es an der Zeit, dieses Langzeit-Investment zu nutzen.

Die Jungs werden nun getestet, nachdem sie in unserem Nachwuchsprogramm gewachsen sind. Sie werden ein Schlüsselelement unserer künftigen Identität sein. Das war die Entscheidung des Vereins, aber der Trainer hat sich auch entschieden, als er hier anfing, die Ressourcen des Vereins zu nutzen. Deswegen hätte es nicht zur Strategie des Klubs für die Zukunft gepasst, Spieler zu behalten, die nicht dazu passen. Und das hat nichts mit mangelndem Respekt gegenüber Petteri zu tun.“

. . . über den neuen Assistenten Demond Greene:

„Nebenbei ist im Coaching Staff jemand neu, der hier zunächst Spieler war und dessen Trikot unter dem Hallendach hängt, der dann Assistent in der U19 war und zuletzt Chefcoach des ProB-Teams. Jetzt ist er Teil des Trainerteams der ersten Mannschaft, weil der neue Trainer in die bestehenden Ressourcen des Vereins investieren wollte.“

. . . den neuen Ansatz:

„Was ist der Grund, einen ,Head of Player Development‘ wie Emilio Kovacic einzustellen, wenn man keine Spieler entwickelt? Emilio ist vielleicht nicht der Beste, aber er ist er zumindest einer der Besten. Es ist eine großartige Sache für den Klub, dass er dabei ist. Was wäre also der Grund, ihn einzustellen, wenn wir ihn nicht bitten könnten, dass er einen jungen Spieler in zwei Jahren zum BBL-Rotationsspieler entwickeln soll? Emilio kam vor eineinhalb Jahren zu uns, wir haben diese Dinge außerhalb des Scheinwerferlichts gemacht.

Es zeigt, dass die konstante Entwicklung das Ziel innerhalb der Organisation ist. Und man stelle sich vor, Sasha, Jason oder Matej werden vielleicht irgendwann EuroLeague-Spieler sein – wer weiß dann mehr, wofür dieser Klub steht als Spieler, die seit ihrem 15. Lebensjahr hier sind? Sie werden künftig den Amerikanern beibringen, wofür dieser Klub steht, was die Kultur ist. Das ist eine konstante Entwicklung, die unsere Organisation gehen möchte. Demond Greene ist ein ähnliches Beispiel: Er weiß alles über diesen Klub und hat die Ambition, künftig ein Cheftrainer zu sein – aber er weiß genau, dass er durch viele Lernprozesse gehen muss.“

. . . Hindernisse auf dem neuen Weg:

„Wir müssen in der Lage sein zu verstehen, dass wir nicht jedes Spiel gewinnen können oder es ein Desaster ist, wenn wir ein Spiel verlieren. Zu unserem Kader gehören drei Spieler aus unserem Jugendprogramm und es könnte passieren, dass sie spielen und Fehler machen. Aber sie müssen lernen, was dazu gehört, um ein Bundesligaspieler zu werden. Es ist kein Problem, Spiele zu verlieren – solange wir keine Spieler verlieren. Diese Entwicklung benötigt die komplette Organisation. Eine Sache, die nie behandelt wird, ist das ProB-Team – die zweite Mannschaft. Das ist ein Entwicklungsteam, dass Spiele verlieren kann. Das Konzept ist, dass niemand Entwicklungsschritte überspringt. Auch Luka Doncic hatte schlechte Spiele mit Real Madrid. Aber aufgrund dieser schlechten Spiele konnte er zu dem Spieler werden, der er heute ist. Wir haben zwar kein Talent vom Kaliber eines Doncic. Aber wir haben Spieler, die solide Spieler für unsere Zukunft werden können.“

. . . die Abgänge von Lo und Barthel

„Wenn zwei deutsche Spieler wie Lo und Barthel den Verein verlassen, könnten wir unglücklich sein oder nicht wissen, wie wir nun weiter machen. Bei Maodo habe ich diese Entscheidung erwartet, ich kenne ihn seit Jahren und weiß, was in ihm im letzten Jahr vorging. Danilo entschied sich für eine größere Bühne. Das sind Situation, denen wir uns stellen müssen. Und das haben wir sehr schnell getan, wir wussten genau, wie wir handeln wollten. Deshalb ist das nun nicht das Ende von etwas, sondern ein Neubeginn für diesen Klub.“

„Wir haben einen Haufen Spielmacher“

 . . . die Kriterien bei der Spieler-Verpflichtung:

„Du brauchst im modernen Basketball Spieler, die in der Lage sind, zu passen, zu werfen und zu dribbeln. Wenn ich mir nun unseren Kader ansehe, denke ich zunächst an Vielseitigkeit, an Athletik. Unsere Perimeter-Verteidiger sind groß, aber keinesfalls unbeweglich und langsam. Als wir über unsere Strategie diskutierten, kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir folgende Prinzipien in unserem Team sehen möchten: shot, skill, smart und speed. Ich denke, wir haben Spieler, die besser rebounden können, als sie es gezeigt haben. Wir haben Spieler wie Lucic, die besser rebounden können, das gilt auch für Zipser. Ich denke auch, dass JaJuan Johnson ein sehr unterschätzter Rebounder ist. Aber Rebounding ist Teamwork. Wir hatten Monroe, der im Schnitt sieben Rebounds sammelte – und trotzdem gab es Probleme beim Rebound.“

. . . die vieldiskutierte Point Guard-Position:

„Wir haben einen Haufen Spielmacher: Sisko, Djedovic, Bray, Baldwin, Flaccadori, Weiler-Babb. Das sind alles Spieler, die dribbeln, werfen, passen und kreieren können. Djedovic spielte mal Point Guard, als wir gegen ZSKA spielten – am Ende hatte er acht Assists. Du musst Spieler verpflichten und entwickeln, die auf dem Court verschiedene Dinge können.  Kann Baldwin ein besser Ballhandler und Entscheidungsfinder werden? Ja! Kann Weiler-Babb diese Art Spieler in den nächsten zwei Jahren werden? Ja! Er hat meiner Meinung nach letztes Jahr die meiste Zeit nicht auf seiner Stammposition gespielt. Am College war vier Jahre Point Guard; letztes Jahr wurde er auch oft auf der Vier eingesetzt und hat gezeigt, dass er auch das spielen kann. Es ist nicht die Frage von Positionen, es ist die Frage von deinem Spielansatz, den du hast. Ein gutes Beispiel seines Spiels war im ersten Viertelfiale mit Ludwigsburg gegen uns: Er hat sich nach einem Dreier noch einen Rebound gesichert und dann einen Extrapass rausgespielt zu einem Korb – die Entscheidung. Das ist moderner Basketball.

(…) Sisko ist erst 23 ist und hat erstmals in der EuroLeague gespielt, nachdem er vor zwei Jahren noch in der zweiten Adriatic League spielte. Wir glauben, dass Sisko ein EuroLeague-Starter wird. Aber er muss durch manche Entwicklungsschritte gehen und dafür ist er hier. Ich bin sehr glücklich, dass wir diesen Transfer letztes Jahr vollziehen konnten, er war eine Investition in unsere Zukunft. Wenn du einen Spieler holen willst, der dir sofort weiterhilft, wirst du niemanden bekommen, der nicht bereits die EuroLeague-Bühne betrat. Du suchst eine andere Art von Spieler. (…) Echte Point Guards sind ohnehin so etwas wie rare Briefmarken. Sie existieren kaum noch. Und wenn, gehen Real Madrid oder Barcelona auf den Markt und nehmen das, was am besten ist. Das können wir nicht. Unser Weg ist, kreativ zu sein.“


Der Medientalk mit FCBB-Sportdirektor Daniele Baiesi in der Presselounge des Audi Dome

 

. . . den Transfermarkt in diesem Corona-Sommer:

„Ich habe viele Statements zu Lohnkürzungen, Budgetreduzierungen usw. gelesen – und das hat mich zum Lachen gebracht angesichts der Wechsel, die tatsächlich passierten. Es war schwierig, den Leuten zu erklären, was wir durchmachen, aber gleichzeitig aufregend zu sehen, wie diese Herausforderungen auch angenommen werden. Jetzt Leute zu sehen, die sich uns mit Enthusiasmus anschließen, spricht stark dafür, wie die Organisation auf dem Markt angesehen wird. Das lässt mich zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wir haben Spieler, die hier sein WOLLEN, nicht wegen des Geldes. Es gibt Spieler wie Robin Amaize, die nur darauf warten, hier zu arbeiten. Er will Teil des Klubs sein und etwas Spezielles für diese Organisation leisten. Das muss unser Ansatz sein. Wir möchten jedem die Möglichkeit geben, ein Spieler dieser Organisation zu werden. Es werden einige Dinge in der Zukunft passieren, aber wir haben eine klare Idee.“

. . . mögliche Vorbilder:

„Ich möchte kein Vorbild nennen. Aber bei einem Klub habe ich sehr viel Respekt für das, was sie machen: Zalgiris Kaunas. Jeder sieht die Marke Bayern München und vergleicht es mit dem FC Barcelona oder Real Madrid. Aber sie sind aktuell in einer ganz anderen Galaxy. Sie haben andere Herausforderungen und ein anderes Budget. Sie sind die ersten, die den Schritt auf den Markt gemacht haben. Auch Fenerbahce wirbt Spieler von uns ab. Wir konkurrieren nicht mit ihnen. Nicht mit ihrem Geld oder ihrer Philosophie. Fenerbahce repräsentiert mit seinen 36 Millionen Fans ein ganzes Land, das ist nicht der Fall in Deutschland für uns. Wir haben viele Fans, aber nicht so viele wie sie. Sie sind eine Institution, wie wir es noch nicht sind.“

„Der Weg ist wichtiger als das Ergebnis“

. . . über den Umstand, dass nach vielen Jahren künftig kein Trainer mehr aus der jugoslawischen Basketballschule an der Seitenlinie steht:

„Das ist eine falsche Sichtweise. Wer mich kennt, weiß, dass es mir egal ist, wo jemand herkommt, solange er die richtige Person für uns ist. Unser Trainer stammt nun aus Italien. Aber für die, die es nicht wissen: Andrea Trinchieris Mutter ist aus Kroatien. Andrea hat die kroatische, italienische und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft – was ist er nun?  Der Head of Player Development ist Kroate. Und hätte der Trainer der ProB nicht Demond Greene, sondern “Greenic“ geheißen – es wäre nicht anders gekommen. Wichtig ist, dass jede Kultur, die eine Person mitbringt, zum Klub passt. Wenn jemand aus Kathmandu stammt und die dortige Kultur so rüberbringt, dass man dadurch das Beste für die Ziele des Vereins herausholt, wo ist dann das Problem? Und: Wenn Željko Obradovic uns anbieten würde, hier ohne Bezahlung zu trainieren – würde jemand dann darüber berichten, dass Bayern wieder von einem Serben trainiert wird? Es wäre eher so: ,Wow, Obradovic hat neun EuroLeague-Titel und geht nun zu den Bayern!‘ Wir sind kosmopolitisch, dieser Klub repräsentiert einen frischen Teil der Gesellschaft.“

. . . die sportlichen Aussichten für die kommende Saison:

„Ich will keine Energie verschwenden darüber nachzudenken, wo wir in der Tabelle stehen. Das Ziel ist, das letzte Spiel der Saison zu gewinnen – und wenn du es verlierst, hast du vielleicht deine Ziele nicht erreicht. Letztes Jahr haben wir unsere Ziele nicht erreicht, ohne Frage. Wir wollen das Beste aus den Spielern herausholen, die wir haben, sie verbessern. Andrea hat klare Ideen, was er von dem Personal sehen möchte, das er hat.

Wir wollen besser sein bei der Exekution, wir wollen aggressiv auf dem Court sein. Und wir wollen in jedem Spiel die Illusion haben, es gewinnen zu können. Wir werden aber Rookie-Momente haben: Wir haben Spieler, die neu auf dieser Bühne sind, wir haben welche mit schlechten Erfahrungen, deren Zutrauen wir aufbauen müssen. Es wird eine sehr interessante Reise, aber solche Reisen sind es, die mir wichtig sind. (…) Der Weg gibt die Richtung vor und der Weg ist viel wichtiger als das Ergebnis.“

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