




Man kann nicht behaupten, es habe miese Stimmung geherrscht, als sich die Bayern-Basketballer am Samstagmittag schon wieder im Audi Dome versammelten. Der Biergarten nebenan war zwar schon geöffnet, genau wie die sauschönen Seen im Münchner Umland. Doch die Mannschaft von Andrea Trinchieri hat tatsächlich freiwillig und eigenmächtig den internen Ferienbeginn aufgeschoben: Durch den fulminanten und in dieser Deutlichkeit unvorhersehbaren 90:60-Erfolg ist die Finalserie um die deutsche Meisterschaft gegen Alba Berlin um eine Episode verlängert worden – beim Stand von 1:2 geht es am Sonntagnachmittag (15 Uhr) im Münchner Audi Dome mit Spiel 4 weiter, wenn auch unter identischen Voraussetzungen: Mit einem Sieg wäre Alba Meister.
Aber was ist schon vorhersehbar bei diesen Bayern, abgesehen von der ganz sicher feurigen Atmosphäre im heimischen Audi Dome. Denn sie können ja eine intensive Halbfinal-Serie gegen Bonn mit einem 2:0-Vorsprung eröffnen, um dann angeknockt in ein kraft- wie nervenzehrendes fünftes Spiel zu gehen nach zwei verlorenen Heimspielen. Dieses Entscheidungsspiel vor ausverkaufter Auswärtshalle können sie dann allerdings ebenso souverän gewinnen wie nur eine gute Woche später das vermeintliche Titelverteidigungsheimspiel der formstarken Berliner.
Trotz nunmehr vier verletzten, erkrankten oder rekonvaleszenten Spielern ihrer mutmaßlich idealen Starting Five.

Berlins Serie ist gerissen
Am Mittwoch, dem Tag vor der Abreise nach Berlin, hatte Geschäftsführer Marko Pesic ja tatsächlich Leon Radosevic in ein Münchner Krankenhaus begleiten müssen: eine schmerzhafte, sehr schwere, fiebrige Infektion hatte den deutsch-kroatischen Center selbstverständlich pünktlich zum Do-or-die-Spiel bei Alba heimgesucht. Am Spieltag befand sich Leon immer noch unter ärztlicher Beobachtung – und sah, nach dem branchenüblich am Nachmittag servierten Abendessen, über den MagentaSport-Screen - wie daheim auch Co-Kapitän Vladimir Lucic (Adduktoren), Darrun Hilliard und live in der mit 14.500 Fans ausverkauften Arena am Berliner Ostbahnhof Corey Walden (beide wieder im Training) –, wie die Kollegen eine konzentrierte, spielerisch hochwertige und dominante Charakterleistung auf das Parkett legten.
19 BBL-Spiele hatte Alba Berlin zuletzt in Serie gewonnen. Die Halle war voll und erwartungsfroh (die FCBB-Fans samt des eigens angereisten Klubpräsidenten Herbert Hainer allerdings ebenso). Der Erfolg in diesem Ausmaß war der höchste Finals-Auswärtssieg seit der Datenerfassung 1998/1999. Und selbstredend haben die Bayern noch nie einen klareren Sieg in einer Endspielserie gefeiert.
Nach Rücksprache mit der logischerweise samt Pokal, Medaillen und Konfetti angereisten BBL-Delegation wird allerdings auch dieses 90:60 (52:33) leider nur mit einem Wertungspunkt in die Statistik aufgenommen. Also immer noch 1:2 aus Münchner Sicht, „sie haben auch am Sonntag Matchball“, ahnt Andrea Trinchieri. Der Italiener pries allerdings die Attitüde und die Einstellung seines ersatzgeschwächten und in nunmehr 83 Pflichtspielen beanspruchten Teams:
„Sie durften Fehler machen, sie durften Würfe nicht treffen – aber dass sie aufgeben, das wollte ich nicht“. Nationalspieler Andreas Obst sagte: Alba war vielleicht schon bereit für die Party und ein bisschen überrascht, wie wir rauskamen, mit Energie und Selbstvertrauen. Dass es am Ende 30 Punkte waren, hat aber nicht viel zu sagen. Denn am Sonntag geht es wieder bei 0:0 los.“
Hoffen auf Lucic und Radosevic
Lucic und Radosevic sind für Sonntag eher hochhausgroße Fragezeichen. Und Walden ist zwar neuerdings wieder im Training und auch Hilliard an die Gruppe herangerückt. Doch ihr Einsatz ist eher unwahrscheinlich. „Aber ich bin sehr glücklich mit dem, was ich habe“, hatte Trinchieri auf der Pressekonferenz mit den Hauptstadtmedien versichert. Einen „Sieg des Teams“ bejubelte er dort dezent, mit einem erstmals gewonnenen Rebound-Duell (42:27) in dieser Serie und unter Einbeziehung aller zwölf Spieler.
Sonntag geht es wieder um alles. Ferienbeginn oder der Serienausgleich zum 2:2? Wer weiß das schon. Ein fünftes Spiel fände Mittwoch (20.30 Uhr) in Berlin statt. Den allseits prognostiziertes Sweep haben die Münchner abgewendet. Immerhin.