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„Wir müssen den Leuten etwas bieten“

Hinweis: Das Interview erschien erstmals in der Mittwoch-Ausgabe (No.140) des Münchner Merkur.

Gut ein Jahr noch, dann nimmt er seinen Betrieb auf, der SAP Garden im Olympiapark. Hauptnutzer werden die EHC Red Bull München und die Bayern-Basketballer sein – wir brachten die beiden Chefs, Christian Winkler und Marko Pesic auf der Baustelle zusammen.

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Herr Winkler, die Nationalmannschaft holte kürzlich WM-Silber, Sie sind Deutscher Meister und in einem Jahr beziehen Sie hier die wohl modernste Arena Europas. Das klingt nach einer Erfolgswelle...

Winkler: Die Erfolge sprechen für sich, gerade die der Nationalmannschaft. Und da steckt, glaube ich, viel Liga drin. Wenn du in der Liga Deutscher Meister bist, dann ist das schon was Besonderes. Man muss sich im Alltag schon immer wieder zwicken, dass man das richtig einordnet. Man ist ja oft in einem
Hamsterrad, in dem es immer weiter, weiter geht. Ich habe das Glück, dass ich jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit hier am SAP Garden vorbeifahre. Das ist schon ein Motivationsschub. Gerade in
Momenten, in denen es vielleicht nicht ganz so gelaufen ist, hat das gezeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Auf die Deutsche Meisterschaft musste der EHC fünf Jahre warten, beim FC Bayern Basketball sind es
jetzt vier. Was kann der eine, dem anderen mitgeben?

Winkler: Ich glaube, dass man nicht alles immer auf Titel reduzieren sollte. Wir sind im Leistungssport und in beiden Sportarten gibt es andere Topmannschaften. Das wissen auch unsere großartigen Fans. Aber beide Organisationen können für sich behaupten: Wir sind meistens bis zum Schluss dabei. Wenn es etwas zum Verteilen gibt, sind wir da. Ob du dann wirklich den Titel holst, da gehört dann auch Glück dazu.

Pesic: Sportlich haben wir tatsächlich eine fast identische Entwicklung gemacht. Auch wir waren in den beiden Jahren vor der Pandemie dominierend und sind Deutscher Meister geworden. Auch 2020, als die Saison im Frühjahr unterbrochen wurde, waren wir klar Erster. Danach standen wir zweimal im
Endspiel. Und auch die Basketball-Nationalmannschaft hat eine ähnliche Entwicklung genommen wie im Eishockey. Da passiert gerade viel und das führt natürlich auch dazu, dass auch die Konkurrenz
stärker wird.

Ein oft gehörtes Schlagwort ist Kontinuität. Das ist im Basketball schwieriger, weil man in Europa im
direkten Wettbewerb mit deutlich finanzstärkeren Clubs steht. Ist Kontinuität dennoch möglich?

Pesic: Sie ist nicht nur möglich, Kontinuität ist ein Muss. Wobei es hier in München speziell ist. Du hast einen Fußballverein, der alles dominiert. Es ist doch so: Wer von außen auf München schaut,
der sieht nicht die Frauenkirche – der sieht die Allianz Arena und er sieht Bayern. Ich will nicht sagen, dass die Fans verwöhnt sind, aber die Erwartungen sind groß.

Also muss man in München doch Deutscher Meister werden?

Winkler: Es ist die City of Champions, das ist klar. Und trotzdem ist es ein Privileg, Meister zu werden. Aber man muss auch sagen: Egal ob es der FC Bayern ist oder Red Bull München – es sind die Clubs, gegen die jeder am Limit spielt. Weil es die sind, die es zu schlagen gilt. Deshalb wird es nie einfach sein,
einen Titel zu holen. Und trotzdem ist es der Anspruch, das ist in München einfach so. Du kannst hier nicht hergehen und sagen: Ich will die Playoffs erreichen. Das passt nicht zum Selbstverständnis dieser Stadt. Man muss mal dran denken, dass die Basketballer Pokalsieger geworden sind. In Europa spielen sie gefühlt jeden Tag. Das geht fast unter.

Pesic: Ich war in meiner Karriere jetzt neun Mal deutscher Meister - als Spieler mit Alba Berlin und als Manager mit Bayern. Und dabei waren wir immer die Gejagten, die Favoriten. Dabei vergisst man
gerne, wie viel Blut man, um es mal derb zu sagen: pinkeln muss, um Meister zu werden. Das ist nie einfach. Der Nachteil beim Pokal, den wir jetzt geholt haben, ist: Du feierst ihn und wenn dann am nächsten Tag die Saison weitergeht - dann ist die Feier vorbei. Bei der Deutschen Meisterschaft kommt danach nichts mehr, du gewinnst das allerletzte Spiel. Aber ich kann das einordnen: Unser Verein hat 50 Jahre auf einen Pokalsieg gewartet, jetzt haben wir in ein paar Jahren drei geholt.

Was Sie beide gemeinsam haben, ist der Blick nach Europa. Für Ex-Coach Don Jackson war der Champions- League-Titel eines der wenigen unerfüllten Ziele. Und doch wirkt die Champions League im Eishockey eher wie ein Zubrot, während die Euroleague den Basketball zunehmend beherrscht...

Winkler: Vielleicht wirkt das so, weil die Champions League bei uns schon vor der DEL-Saison beginnt. Aber für uns hat sie schon einen sehr hohen Stellenwert. Es sind die besten Teams Europas dort und wir würden sie sehr gerne gewinnen. Wir waren nahe dran. Finale, Halbfinale, Viertelfinale – wir waren eines
der ganz wenigen Teams in Europa, das in den letzten acht Jahren immer die K.-o.-Runde erreicht hat.

Pesic: Die Deutsche Meisterschaft ist ganz klar das Fundament einer Saison. Aber im Basketball hast du halt das Problem, dass du so viele Spiele nebeneinander hast. Die Euroleague in der Woche, häufiger sogar zweimal, die Bundesliga am Wochenende. Und da kannst du keinem Spieler sagen: Gegen
Real Madrid schonst du dich, aber gegen Crailsheim oder Oldenburg spielst du 110 Prozent.
Im Sport spielt sich einfach viel zwischen den Ohren ab. Und trotzdem: Ich will nach Möglichkeit in das Finale um die Meisterschaft, um die Chance auf den Titel zu haben. Aber klar ist: Die Perspektive, die sich hier mit dem SAP Garden ergibt, dass du hier das mal Final Four spielst, die Euroleague gewinnst, das ist schon etwas Besonderes.

Das wird nicht leichter in einer wachsenden Liga. Inzwischen gilt sogar eine Ausweitung auf 24 Teams als wahrscheinlich.

Pesic: Ja, aber die Euroleague ist auch ein ganz anderes Modell als etwa der Wettbewerb im Eishockey. Wir sind einer von 13 Mitbesitzern. Vom wirtschaftlichen, vom Interesse ist das die zweitbeste Liga der Welt nach der NBA...

Christian Winkler (li.) und Marko Pesic (M.) im Gespräch mit dem Sportredakteur Patrick Reichelt.
Christian Winkler (li.) und Marko Pesic (M.) im Gespräch mit dem Sportredakteur Patrick Reichelt. (c) sampics

Winkler: ... davon sind wir noch weit entfernt. Nicht unbedingt sportlich. Wenn du gegen Göteborg oder Tampere spielst, dann ist das höchstes Niveau.

Pesic: ... so, und deshalb ist der Gedanke verständlich, dass das Interesse immer größer wird, je öfter du gegen Real Madrid oder Barcelona spielst. Aber ich bleibe dabei: Du musst dir auch Gedanken über das Ökosystem des europäischen Basketballs machen. Sollen die nationalen Ligen größer werden? Oder
doch lieber kleiner, um auch den Unterbau zu stärken?

Zuletzt wurde sogar darüber diskutiert, die Euroleague-Vereine national erst in den Playoffs starten zu
lassen...

Pesic: Nein, diese Überlegung gibt es nicht. Wir spielen Bundesliga, ganz sicher. Aber man kann darüber reden, in welchem Format.

Sie beide träumen von Titeln, national wie international. Welcher Faktor ist dabei der SAP Garden?

Winkler: Wenn du in der City of Champions unterwegs bist, musst du auch international performen. Und dass uns der SAP Garden mit seinen zusätzlichen drei überdachten Eissportflächen für Trainingszwecke und für den Breitensport auf ein neues Niveau hebt, ist klar. Aber es ist erst einmal ein Gebäude, das du halt auch befüllen musst. Es ist sicher nicht so, dass du nur das Licht einschaltest
und dann läuft das. Aber von der internationalen Strahlkraft hebt uns das auf ein ganz neues Niveau.

Pesic: Ich war von Anfang an bei der Entwicklung dabei und ich bin mir sicher, dass das eines der wenigen Projekte ist, das sogar um ein Mehrfaches besser sein wird, als man vorher gedacht hat. Was
man hier sieht, wird man in Europa nirgendwo anders vorfinden. Und das allein wird für beide Projekte international wahrgenommen: ,Pass auf, mit denen muss man rechnen!’ Das andere sind Spieler, Trainer oder Berater. Und es ist ein Asset, das man Sponsoren zeigen kann, ohne dass man ein einziges
Spiel gespielt hat. Aber klar gilt: Wir müssen vorbereitet sein. Unsere Teams arbeiten mehr als fünf Tage die Woche für den Moment, wenn die Türen aufgehen. Dann müssen wir sagen können: Wir
haben alles getan.

Winkler: Auch bei Spielern merkst du das jetzt schon. Neulich hatte ich einen Termin mit einem Spielerberater, der den SAP Garden unbedingt sehen wollte, weil er schon so viel gehört hat. Passt halt auch alles zusammen. Die Stadt: Weltklasse. Der Club: Nicht der schlechteste. Und jetzt diese großartige
multifunktionale Sportarena.

Die abgelaufene Saison dürfte Mut machen. Bei beiden Vereinen war die Nachfrage groß.

Winkler: Ja, das stimmt. Ich glaube, bei beiden war das sehr, sehr gut. Bei uns insbesondere ab November. Vergangene Saison waren bei uns so viele Heimspiele ausverkauft, wie nie zuvor. In den Playoffs waren fast alle Spiele voll und im Finale hätten wir sogar 30 000 Tickets verkaufen können. So einen Zuschauerzuspruch hatten wir noch nie. Da müssen wir unseren Fans auch ein „Vergelt’s Gott“ aussprechen, das ist in diesen Zeiten nicht selbstverständlich.

Pesic: Ich kenne noch nicht alle Zahlen, aber ich denke, dass wir den größten Zuspruch in den zwölf Jahren hatten, mit knapp 230.000 Zuschauern in der kompletten Saison, das ist ein Rekordwert für uns.

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Und nun? Ist Erfolg Pflicht?

Pesic: Natürlich braucht man Erfolg, aber man muss das auch entsprechend organisieren – man muss den Leuten etwas bieten. Da haben wir im Audi Dome sicher ein paar mehr Möglichkeiten als der EHC in der Eishalle, mit unseren Events und Showacts. Aber jetzt kommt das alles auf ein ganz neues Niveau.

Winkler: Das hat man doch im Fußball auch gesehen. Die Allianz Arena hat das alles auf eine andere Ebene gehoben. Klar geht es um den Sport, um das Gewinnen. Aber das drumherum muss für die Zuschauer natürlich zeitgemäß sein.

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