Am Freitag endet eine Ära: Nach 49 Jahren als Spieler, Manager, Vorstand, Präsident und Aufsichtsratschef sagt Uli Hoeneß seinem FC Bayern auf der Jahreshauptversammlung Servus. Er hat den deutschen Rekordmeister über Jahrzehnte geprägt wie kein Zweiter. Zum Abschied beleuchten wir in unserer Serie „Ein Leben für den FC Bayern“ seine Beziehung zum FCB.
Lässt man die 49 Jahre von Uli Hoeneß in Diensten des FC Bayern Revue passieren, durchwandert man einige Täler und erklimmt viele Gipfel – doch ein Leitmotiv bei dem Auf und Ab seiner Lebensgeschichte bleibt die Freundschaft. Wohl besser als jeder andere kann Jupp Heynckes beschreiben, wie es ist, wenn man zu Uli Hoeneß eine Beziehung über den Beruf hinaus unterhält.
„Freundschaft darf keine Einbahnstraße sein“, sagt der 74-Jährige, „da muss ein gegenseitiger Rückfluss kommen. Und es muss Vertrauen da sein. Ich vertraue Uli – und umgekehrt. Ich weiß, dass er immer für mich da ist, auch wenn es mir schlecht geht. Wir haben alle Höhen und Tiefen zusammen durchlaufen. Ich mag den Typen, ich mag den Menschen Uli Hoeneß. Und ich denke auch, dass die Öffentlichkeit teilweise ein Bild von ihm hat, das nicht der Realität entspricht.“
Als Spieler werden Heynckes und Hoeneß 1972 zusammen Europameister und feiern zwei Jahre später den WM-Coup. Nach der aktiven Karriere holt Hoeneß Heynckes insgesamt vier Mal als Trainer an die Isar. Oft springt der Coach aus Freundschaftsdienst ein. Mit den Münchnern gewinnt er unter anderem vier Meisterschaften, die Krönung ist 2013 das einzige Triple in der Vereinsgeschichte.
Hoeneß und Heynckes formen über die Jahrzehnte Spieler wie Lothar Matthäus, Stefan Reuter, Olaf Thon, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Franck Ribéry und Arjen Robben. „Uli hat sein ganzes Denken, seine ganze Kraft in den Beruf investiert. Das war Berufung, das war Leidenschaft“, erinnert sich Heynckes. „Der FC Bayern bedeutet für ihn alles. Er war und ist: Das Hirn, das Herz, die Seele dieses Vereins. Die DNA des FC Bayern ist die von Uli.“
Richtigen Streit gab es zwischen den beiden Freunden nie, obwohl sich Heynckes bewusst ist, wie Hoeneß reagieren kann, sobald es zur Sache geht: „Wenn er für den FC Bayern agiert, kennt er auch fast keine Freundschaft – das muss man wissen.“ Der langjährige Chefcoach nimmt Hoeneß auch dessen hartnäckiges Werben um seinen Verbleib auf dem Trainerposten im Winter vor zwei Jahren nicht mehr krumm. „Das war vergebliche Liebesmüh‘. Aber das ist Uli Hoeneß. Er zieht alle Register, wenn ihm etwas wichtig ist. Es passiert dann nicht so oft, dass jemand standhält.“
Hoeneß habe, so Heynckes, hinter seiner harten Fassade einen weichen Kern. Was ihn am meisten verärgert? „Wenn man Fakten verdreht. Wenn persönliche Angriffe kommen, die nicht korrekt sind. Da hat er schwer damit zu tun“, sagt der 74-Jährige. „Persönlich, privat ist er ein sehr sensibler Mensch.“
Heynckes hält Hoeneß‘ Rückzug zum jetzigen Zeitpunkt für „eine sehr gute und sehr weise Entscheidung. Sein Vermächtnis ist, dass der FC Bayern zwar schon eine große Historie hatte, als er als Manager übernommen hat. Aber dann hat er den Verein zu einem Global Player geformt. Heute ist der FC Bayern auf der ganzen Welt bekannt – Sie glauben nicht, wie viele Briefe ich von jungen Menschen bekomme, Studenten aus China, Australien, Korea, Südamerika, Russland… das ist unvorstellbar. Uli ist ein Mensch, der sein Leben seinem Klub gewidmet hat. Er ist der erfolgreichste Fußballmanager auf der ganzen Welt, und zuvor war er ein Weltklassespieler. Eine Bilderbuchkarriere.“
Bleibt nur noch eine Frage: Wen kann man schöner feiern, der Fan-Gesang zu Ehren von Heynckes („Juppjuppjupp“) ist ja längst legendär? Heynckes lächelt: „Uliuliuli – klingt doch viel besser. Uli ist ein viel schönerer Name als Jupp.“
Jupp Heynckes‘ Hoeneß-Moment
„Ich denke, dass der Moment, als wir 2013 in Wembley gegen Borussia Dortmund das Finale der Champions League gewonnen haben, der wohl glücklichste in der Funktionärskarriere von Uli Hoeneß gewesen ist. Wir alle wussten, dass ihm wegen seiner Steueraffäre eine Haftstrafe droht, ein Jahr zuvor hatten wir das ,Finale dahoam‘ verloren – und dann durften wir diesen großen, hochemotionalen Triumph erleben. Ich habe Uli auf der Tribüne gesehen, wie er sich wahnsinnig gefreut hat, und dennoch auch verhalten die Glückwünsche entgegengenommen hat. Als wir beide uns umarmt haben, war das ein enorm großes Glücksgefühl.“
„Es war auch typisch für diesen Klub – und typisch für Uli: Dass man sich nicht unterkriegen lässt. Nach dem ,Finale dahoam‘ herrschte eine Erfolgsbesessenheit, wie ich sie nie zuvor in einem Verein erlebt habe. Und für Uli lautete das Motto noch nie, dass man den Kopf in den Sand steckt. Mir hat an ihm immer imponiert, dass er stets vorneweg marschiert ist. Ich habe selten so einen fleißigen Menschen wie ihn erlebt, so voller Energie, voller Kraft, voller Optimismus. Er ist ein optimistischer Mensch, sonst kann man gar nicht so erfolgreich sein.“
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